OGH 15Os64/06k

OGH15Os64/06k3.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. August 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schreuer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christopher H***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 19 U 136/05f des Bezirksgerichtes Floridsdorf, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des genannten Gerichtes vom 7. Oktober 2005, GZ 19 U 136/05f-17, in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7. Oktober 2005, GZ 19 U 136/05f-17, verletzt in seinem nachträglichen Strafausspruch zum Urteil des ehemaligen Jugendgerichtshofes Wien vom 3. März 2003, GZ 10 Hv 47/02k-36, § 16 Abs 1 JGG.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im nachträglichen Strafausspruch zum Urteil des ehemaligen Jugendgerichtshofes Wien vom 3. März 2003, GZ 10 Hv 47/02k-36, ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des ehemaligen Jugendgerichtshofes Wien vom 3. März 2003, rechtskräftig seit 6. März 2003, GZ 10 Hv 47/02k-36, wurde der damals jugendliche Christopher H***** der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./) sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7. Oktober 2005, GZ 19 U 136/05f-17, erfolgte sodann ein Schuldspruch des Christopher H***** wegen einer am 19. August 2004, sohin während der Probezeit, begangenen Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. Die Bezirksrichterin verhängte nach der genannten Gesetzesstelle eine - unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe von sechs Wochen. Darüber hinaus erkannte sie unter einem - ungeachtet fehlender Antragstellung der Staatsanwaltschaft - in einem gesonderten Strafausspruch nachträglich zum Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 3. März 2003, GZ 10 Hv 47/02k-36, „gemäß § 15 JGG iVm § 83 Abs 1 StGB" auf eine dreiwöchige Freiheitsstrafe, deren Vollzug ebenfalls für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 7. Oktober 2005, GZ 19 U 136/05f-17, steht, wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 16 Abs 1 erster Satz JGG bedarf eine nachträgliche Straffestsetzung eines darauf abzielenden Antrages der Staatsanwaltschaft. Ein solcher wurde im konkreten Fall jedoch nicht gestellt. Mangels Antrages der Staatsanwaltschaft überschritt das Bezirksgericht Floridsdorf durch den auf § 15 Abs 1 JGG gestützten nachträglichen Strafausspruch seine Strafbefugnis zum Nachteil des Beschuldigten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO; vgl Jerabek, WK-StPO § 494 a Rz 3).

Abgesehen davon wären die Unrechtsfolgen im Fall eines nachträglichen Ausspruches einer gemäß § 13 Abs 1 JGG vorbehaltenen Strafe durch das über die innerhalb der Probezeit begangene Straftat erkennende Gericht gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO in einem Ausspruch so zu bemessen gewesen, wie wenn die Verurteilung wegen beider strafbarer Handlungen gemeinsam erfolgt wäre. Das Gesetz schließt nämlich einen nachträglichen Strafausspruch als gesonderte Unrechtsfolge aus und schreibt insoweit eine von der Fiktion einer gemeinsamen Aburteilung aller zu ahndenden Taten ausgehende Festsetzung der Sanktion nach den Bestimmungen über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (§ 28 StGB) vor (WK-StPO § 494a Rz 3).

Es war daher die im Spruch bezeichnete Gesetzesverletzung festzustellen und der gesetzwidrige nachträgliche Strafausspruch ersatzlos zu eliminieren.

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