OGH 9Nc13/06w

OGH9Nc13/06w28.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Konrad H*****, Beamter, *****, vertreten durch Mag. Gabriele Pfandlsteiner, Rechtsanwältin in Bregenz, gegen die beklagte Partei Sofiya S*****, Angestellte, zuletzt *****, vertreten durch Mag. Alexander Fetz, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Ehescheidung, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, an Stelle des Bezirksgerichts Bregenz das Bezirksgericht Hernals zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der in Bregenz wohnhafte Kläger begehrt mit der vorliegenden, beim Bezirksgericht Bregenz als gemäß § 76 Abs 1 JN örtlich zuständigem Gericht eingebrachten Klage die Scheidung von der Beklagten. Zum Beweise für deren Eheverfehlungen berief er sich neben Urkunden auf seine Einvernahme.

Die in Wien wohnhafte Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte dessen Abweisung. Der Kläger habe insbesondere durch Bedrohungen und körperliche Attacken Eheverfehlungen gesetzt. Zum Beweise ihres Vorbringens berief sich die Beklagte neben Urkunden auf ihre eigene Vernehmung sowie zwei Zeuginnen, von denen eine in Wien und die andere in Vorarlberg wohnt.

Sie beantragte überdies die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Hernals. Da der Beklagte entgegen einer vom BG Josefstadt gemäß § 382b Abs 2 EO erlassenen Einstweiligen Verfügung nicht nur am Wiener Wohnort der Beklagten sondern auch anlässlich einer Bahnfahrt von Innsbruck nach Wien erneut Kontakt zu ihr gesucht habe, sei ihr die Anreise zum Prozessgericht nicht zumutbar bzw nur mit erheblichen Kosten betreffend die Gewährleistung ihrer Sicherheit möglich. Außerdem könnte die Vernehmung der Ärzte notwendig sein, die sie in Wien behandelt hätten, „unter Umständen" auch die Einvernahme der seinerzeit (vor Erlassung der Einstweiligen Verfügung) eingeschrittenen Polizisten.

Der Kläger sprach sich gegen eine Delegierung aus. Nicht nur, dass ein von der Beklagten gegen ihn angestrengtes Strafverfahren wegen §§ 107, 201 iVm § 15 StGB gemäß § 90 StPO eingestellt worden sei, lägen die behaupteten Vorfälle schon erhebliche Zeit zurück und der Kläger habe sich jedenfalls während der letzten Monate wohl verhalten. Die Zweckmäßigkeit einer Delegierung sei nicht erkennbar. Das angerufene Bezirksgericht Bregenz schloss sich in seiner die Delegierung befürwortenden Stellungnahme den Argumenten der Beklagten an.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben (RIS-Justiz RS0046324; RS0046589). Eine Delegierung an ein anderes Gericht soll grundsätzlich die Ausnahme bilden (RIS-Justiz RS0046441). Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589). Die Beurteilung einer Delegierung hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszuganges für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS-Justiz RS0046333). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, warum die Beklagte bei einer Reise nach bzw während einer Verhandlung in Bregenz weniger geschützt wäre als bei möglichen Annährungsversuchen des Klägers anlässlich einer Verhandlung in Wien, sind aus dem Vorbringen die vorgenannten Delegierungskriterien nicht ableitbar. Demgegenüber haben gleich viele der zu vernehmenden Personen ihren Wohnsitz in Vorarlberg (der Kläger und eine Zeugin) wie in Wien (die Beklagte und eine weitere Zeugin). Weitere Zeugen, deren Namhaftmachung überhaupt nicht feststeht, können nicht Gegenstand der vorgenannten Zweckmäßigkeitsbetrachtung sein. Da demnach Zweifel an der Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung bestehen bleiben und sich der Kläger gegen die Delegierung ausgesprochen hat, war dem Delegierungsantrag nicht stattzugeben.

Stichworte