OGH 9Ob23/06g

OGH9Ob23/06g12.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Maks M*****, verstorben am 21. April 2001, zuletzt *****, Slowenien, über den Revisionsrekurs des Ciril M*****, Slowenien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 22. Dezember 2005, GZ 2 R 462/05a-64, womit über Rekurs des Stefan M*****, der Beschluss des Bezirksgerichtes Bleiburg vom 23. November 2005, GZ A 93/03b-61, als nichtig aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Rekursgericht zurückverwiesen, das über den Rekurs des Stefan M***** inhaltlich zu entscheiden haben wird.

Text

Begründung

Der am 21. April 2001 verstorbene Maks M***** war slowenischer Staatsbürger und lebte in Slowenien. Im Zeitpunkt seines Todes verfügte er in Österreich über ein Bankguthaben von EUR 2.936,49 und über ein Guthaben bei einer Pensionsversicherungsanstalt von EUR 811,18.

Über Antrag des Stefan M*****, einem von acht Geschwistern des Erblassers, leitete das Erstgericht ein Verlassenschaftsverfahren ein. Stefan M***** beantragte, ihm zur teilweisen Deckung von offenen Mietzinsforderungen gegen den Erblasser dessen österreichische Guthaben an Zahlungsstatt zu überlassen.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2005 sprach das Bezirksgericht Bleiburg seine Unzuständigkeit zur Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens hinsichtlich des in Österreich befindlichen Vermögens des Erblassers aus. Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Das in Slowenien für das Verlassenschaftsverfahren zuständige Bezirksgericht Slovenj Gradec hat das Verfahren mittlerweile abgeschlossen und - soweit hier von Interesse - angeordnet, das (mittlerweile bei einem österreichischen Notar erliegende) österreichische Guthaben des Erblassers zu je einem Achtel an die Geschwister des Erblassers auszuzahlen.

Mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit beantragte am 4. November 2005 Ciril M*****, ein Bruder des Erblassers, in seinem Namen und im Namen aller weiteren Geschwister mit Ausnahme des Stefan M*****, ihm die auf ihn und die von ihm vertretenen Geschwister entfallenden Anteile an den inländischen Guthaben des Erblassers auszuzahlen (ON 56).

Mit Beschluss vom 23. November 2005 hat das Erstgericht das Ausfolgungsverfahren über das im Inland befindliche bewegliche Nachlassvermögen eingeleitet, als Ausfolgungsberechtigte die acht Geschwister des Erblassers festgestellt, die Ausfolgung des im Inland vorhandenen Vermögens an die Ausfolgungsberechtigten angeordnet und das Ausfolgungsverfahren für beendet erklärt.

Dieser Beschluss wurde von Stefan M*****, der nach wie vor die Überlassung des inländischen Vermögens an Zahlungsstatt anstrebt, mit Rekurs bekämpft.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss aus Anlass dieses Rekurses als nichtig auf und sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand EUR 20.000,-- nicht übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Erstgericht habe mit Beschluss vom 3. Mai 2005 rechtskräftig seine Zuständigkeit verneint, sodass es nicht mehr befugt gewesen sei, einen Ausfolgungsbeschluss zu fassen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Ciril M***** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss iSd Abweisung des Rekurses des Stefan M***** abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Nach § 205 AußStrG neu sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Verlassenschaftsverfahren anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2004 erstmals bei Gericht oder beim Gerichtskommissär anhängig gemacht wurden, sofern sie nicht schon früher eingeleitet hätten werden können. Das Ausfolgungsverfahren iSd § 150 AußStrG neu ist ein eigenständiges Verfahren, das vom hier zunächst eingeleiteten, dann aber durch die Unzuständigkeitsentscheidung des Erstgerichts beendeten Abhandlungsverfahrens zu unterscheiden ist. Das Ausfolgungsverfahren wurde mit Antrag des Ciril M***** vom 4. November 2005 eingeleitet. Der im slowenischen Verlassenschaftsverfahren ergangene Berichtigungsbeschluss, der den Erben die Antragstellung ermöglichte, erging am 16. 9. 2005. Das Ausfolgungsverfahren ist daher nach dem 31. Dezember 2004 eingeleitet worden und hätte auch nicht vor diesem Stichtag eingeleitet werden können, sodass iS § 205 AußStrG neu die Bestimmung des § 150 AußStrG neu anzuwenden ist.

Nach dieser zuletzt genannten Bestimmung hat das Gericht, wenn über das im Inland gelegene bewegliche Vermögen nicht abzuhandeln ist, dieses Vermögen auf Antrag einer Person, die auf Grund einer Erklärung der Heimatbehörde des Verstorbenen oder der Behörde des Staates, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zur Übernahme berechtigt ist, mit Beschluss auszufolgen (Ausfolgungsverfahren). Das Ausfolgungsverfahren hat also zur Voraussetzung, dass über das im Inland gelegene bewegliche Vermögen nicht abzuhandeln ist, sodass der Umstand, dass das inländische Gericht die Durchführung einer Abhandlung mangels Zuständigkeit ablehnt, dem Ausfolgungsverfahren nicht im Wege stehen kann. Dass zunächst (zu Unrecht) ein inländisches Abhandlungsverfahren eingeleitet und in der Folge - nach der Beendigung dieses Abhandlungsverfahrens durch die Unzuständigkeitsentscheidung des Erstgerichtes - das Ausfolgungsverfahren im selben Akt geführt wurde, ändert nichts daran, dass es sich dabei um ein eigenständiges Verfahren handelt, dem die im Verlassenschaftsverfahren ergangene Unzuständigkeitsentscheidung nicht entgegen steht.

Der vom Rekursgericht angenommene Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor, sodass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Rekursgericht aufzutragen ist, über den Rekurs des Stefan M***** gegen den erstinstanzlichen Ausfolgungsbeschluss inhaltlich zu entscheiden.

Stichworte