OGH 14Os58/06w

OGH14Os58/06w11.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juli 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Miftar H***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. März 2006, GZ 053 Hv 29/06f-26, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Miftar H***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 16. Jänner 2006 in Wien zusammen mit dem gesondert verfolgten Mergim L***** und zwei bis drei weiteren, derzeit noch nicht ausgeforschten Tätern fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert, nämlich 210 Euro Bargeld Mag. Helmut K***** durch Einbruch in dessen Apotheke mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 3, 4, 5 und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Wie der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge (Z 3 iVm § 250 Abs 2 StPO) selbst einräumt, wurde ihm nach der in seiner gemäß § 250 Abs 1 erster Satz StPO verfügten Absenz von der Hauptverhandlung geschehenen Vernehmung des Zeugen Mohamed Abou H***** (S 267 ff) sogleich „mitgeteilt, was in seiner Abwesenheit passiert ist" (S 279).

Demnach wurde - der Beschwerde zuwider - durchaus der Prozessordnung entsprochen, die verlangt, den Angeklagten von allem in Kenntnis zu setzen, „was in seiner Abwesenheit vorgenommen wurde" (§§ 250 Abs 1 zweiter Satz, 271 Abs 1 Z 4 StPO).

Ohne Schmälerung der Verteidigungsrechte (Z 4) wurde von der vom Verteidiger ohne nähere Bezeichnung beantragten Ausforschung eines „Nachtklubs" in vom Angeklagten genannten Gassen in Wien „und Einvernahme der dort arbeitenden Damen und Kellnerinnen zum Beweis dafür, dass der Angeklagte an dem Tag und zwar am 16. Jänner 2006 in der Zeit vom 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr in diesem Lokal war" (S 281), Abstand genommen. Der Antrag zielte, worauf das ablehnende Zwischenerkenntnis hinwies, auf einen bloßen Erkundungsbeweis (RIS-Justiz RS0118123, RS0118123). Aus welchen Gründen eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen erwartet werden konnte, lag weder auf der Hand noch wurde dazu bei der Antragstellung etwas vorgebracht (Kirchbacher, WK-StPO § 246 Rz 18, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330, 353).

Entgegen der eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) einwendenden Mängelrüge lässt die Heranziehung der Aussage des Zeugen Mohamed Abou H***** (S 267 ff) in den Entscheidungsgründen als Stütze der zur Täterschaft des Angeklagten getroffenen Feststellungen keinen Verstoß gegen Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze erkennen. Auf die in der Beschwerde hervorgehobene Abschwächung der ursprünglichen Angaben durch den Zeugen, wonach er den Angeklagten sofort und eindeutig wiedererkannte (S 77 ff), gingen die Tatrichter in der Beweiswürdigung ohnedies ein (US 7 ff). Die Diversionsrüge (Z 10a) geht über die im Urteil konstatierte Vorstrafenbelastung des Angeklagten mit Stillschweigen hinweg, was aber mit der Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes unvereinbar ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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