OGH 5Ob93/06x

OGH5Ob93/06x27.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der wohnungseigentumsrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. DI Wolfgang B*****, 2. Mag. Dr. B*****, beide vertreten durch Dr. Lothar Stix, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Antragsgegner Ing. Reinhold M*****, vertreten durch Dr. Christian Prader, Rechtsanwalt in Innsbruck, unter Beteiligung der Christine H*****, wegen §§ 52 Abs 1 Z 2 iVm 16 Abs 2 und 3 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 6. Februar 2006, GZ 1 R 562/05m-28, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 2. August 2005, GZ 18 Msch 2/05x-24, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin sind mit zusammen 581/1076-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 745 GB *****. Mit ihren Anteilen ist untrennbar Wohnungseigentum an den Wohnungen W 1, W 10, W 11 und W 12 (Erstantragsteller) und weiters W 2, W 13, W 14 und W 15 (Zweitantragstellerin) verbunden. Der Antragsgegner ist mit 274/1076-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft; mit seinen Anteilen ist untrennbar Wohnungseigentum an den Wohnungen W 3, W 7, W 8 und W 9 verbunden.

Die weiters Verfahrensbeteiligte Christine H***** ist mit 221/1076-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft; mit ihren Anteilen ist untrennbar Wohnungseigentum an den Wohnungen W 4, W 5 und W 6 verbunden.

Das Haus verfügt über vier Obergeschoße und ein Dachgeschoß. Die Antragsteller beabsichtigen, einen Personenaufzug für das Wohnhaus ***** zu errichten, und zwar im Innenhof der Liegenschaft. Eine einvernehmliche Regelung über diese Änderung kam nicht zustande, weil sich der Antragsgegner dem Änderungsbegehren der Antragsteller widersetzt. In einer vom Hausverwalter initiierten Beschlussfassung, bei der die Antragsteller gemäß § 24 Abs 3 WEG 2002 vom Stimmrecht ausgeschlossen waren, stimmte der Antragsgegner und insofern Mehrheitseigentümer gegen die Errichtung des Personenaufzugs, die Miteigentümerin Christine H***** stimmte der Errichtung des Aufzugs zu. Das negative Abstimmungsergebnis wurde allen Beteiligten zur Kenntnis gebracht und am 1. 10. 2003 im Haus angeschlagen.

Die Konstruktion des Personenaufzuges ist wie folgt geplant:

Die Aufzugsanlage soll aus einem Stahl-Glasschacht bestehen, in dem sich die Fahrbahn für die Aufzugskabine befindet. Die Aufzugsanlage soll an der nordseitigen Außenwand zwischen der Hoftüre und der ostseitigen Balkonverglasung montiert werden. Der Aufzugsschacht besteht zu 90 % aus Klarglas. Die Kabine ist teilweise verglast. Der Triebwerksraum befindet sich auf dem Dachboden. Bei den vorgesehenen Haltestellen - Erdgeschoß, drittes Obergeschoß, viertes Obergeschoß - erfolgt der Zugang zur Kabine vom Stiegenhauspodest aus mittels Durchbruchs über die Speisekammer und das zu erweiternde Speisfenster. In den Stockwerken, in denen keine Haltestelle vorgesehen ist (erstes und zweites Obergeschoß) wird das Speisfenster gegen den Fahrschacht mit einer Glasabdeckung gesichert, wobei zur Lüftungsmöglichkeit über dem Schacht das Glas mit entsprechendem Abstand von der Wand montiert wird. Vor der Montage des Liftschachts werden die Stahlteile der unmittelbar anschließenden Balkonverglasungen auf Kosten der Nutzungsberechtigten der Aufzugsanlage entrostet und gestrichen. Einblick in die im ersten und zweiten Obergeschoß in der ehemaligen Speise installierten Bäder aus dem vorbeifahrenden Lift ist zufolge der undurchsichtigen Kabinentür nicht gegeben. Die Abrechnung der Betriebskosten soll über Chipkartenerfassung je nach Häufigkeit der jeweiligen Nutzung erfolgen. Die Anlage soll der ÖNorm EN 81 entsprechen und nach ÖNorm B 1600 behindertengerecht für die Beförderung von Rollstühlen geeignet sein.

Für jene Miteigentümer, die eine Beteiligung an der Aufzugsanlage nicht wünschen, sollen keinerlei Kosten anfallen. Darüber hinaus erklärten die Antragsteller, dass die Betriebs- und Wartungskosten der Aufzugsanlage ausschließlich von ihnen, den Nutzungsberechtigten des dritten und vierten Stocks getragen werden. Dem Antragsgegner wurde die Option eingeräumt, für das erste und zweite Obergeschoß ebenfalls einen Ausstieg bauen zu lassen. Dies gegen Beteiligung an den Errichtungs-, Betriebs- und Wartungskosten zu einem Drittel. Im Weiteren wurde dem Antragsgegner die Möglichkeit eingeräumt, auch später, nach Abschluss der Bauarbeiten, eine Nachrüstung durch einen Ausstieg im zweiten Obergeschoß vorzunehmen, ein Drittel der Errichtungskosten zu tragen und die Kosten der Nachrüstung zur Gänze allein zu übernehmen. Schließlich wurde begehrt, die Vereinbarung über die Aufteilung der Aufwendung gemäß § 32 Abs 1 WEG 2002 zu verbüchern.

Der Personenaufzug soll im abgeschrägten Eckbereich des Hauses hofseitig errichtet werden, wobei sich unmittelbar angrenzend an den zu errichtenden Liftschacht links und rechts verglaste Holzbalkone einzelner Wohnungen befinden.

Die im Zug der Lifterrichtung notwendigen Bauarbeiten am Gebäude beeinträchtigen die statische Sicherheit des Gebäudes nicht. Durch die Liftbewegungen kommt es zu keiner Lärmbelästigung. Allerdings werden durch den Anbau des Liftschachtes an die hofseitige Gebäudefassade die Fenster der übereinanderliegenden WCs und Bäder verbaut. Das Badezimmer des Antragsgegners im zweiten Obergeschoss verfügt derzeit über ein in einen begrünten Innenhof zu öffnendes Fenster. Dieses soll hinter den Liftschacht zu liegen kommen und infolge dessen nicht mehr zu öffnen sein. Eine Be- und Entlüftung soll durch einen Zuluftkanal, gestemmt in die Außenmauer, hergestellt werden. Damit soll auch die Be- und Entlüftung einer Küche und eines WCs neu hergestellt werden.

Mit der Errichtung des Aufzugs ist es möglich, eine dem heutigen Standard entsprechende Ausstattung des Wohnhauses sicherzustellen. Der Aufzug ermöglicht den Bewohnern des dritten und vierten Stocks auch bei fortschreitendem Alter im Hause wohnen zu können. Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrten die Antragsteller die verweigerte Zustimmung des Antragsgegners zum Lifteinbau zu ersetzen. Sie beriefen sich im Wesentlichen auf ihren altersbedingten und gesundheitlichen Bedarf an der Errichtung einer Aufzugsanlage für das dritte und vierte Obergeschoß, mit dem Ziel, ihnen dem Verbleib im Hause solange wie möglich zu erlauben. Mit Ausnahme des Antragsgegners hätten die übrigen Miteigentümer der Errichtung zugestimmt. Der Einbau des Aufzugs sei verkehrsüblich. Im MRG sei die Errichtung eines solchen Aufzugs ausdrücklich als nützliche Verbesserung normiert. Dem Antragsgegner sei es auch zumutbar, die notwendigen Eingriffe in allgemeine Flächen des Hauses zu dulden. Er werde durch die Errichtung des Lifts praktisch nicht beeinträchtigt. Vielmehr steigere die Errichtung des Lifts den Wert der Anlage und damit der Anteile des Antragsgegners. Bei Errichtung einer Aufzugsanlage mit Klarglasschacht komme es nicht zu einer Beeinträchtigung der Lichteinwirkung für das Gebäude und die Wohnungen des Antragsgegners. Auch die Entlüftungsmöglichkeiten des Badezimmers der Wohnung im ersten und zweiten Obergeschoss würden nicht übergebührlich beeinträchtigt.

Im Weiteren komme es zu keiner Gefahr für die Sicherheit des Gebäudes oder seiner Bewohner. Das optische Erscheinungsbild des Hauses werde durch die Errichtung der Aufzugsanlage im Innenhof nicht beeinträchtigt.

Der Antragsgegner bestritt das Begehren und beantragte die Abweisung des Antrags. Gegen die beabsichtigte Veränderung wendete er ein, dass sie für ihn eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung zur Folge habe und daher von ihm nicht geduldet werden müsse. Es würde ihm die Entlüftungsmöglichkeit der Badezimmer im ersten und zweiten Obergeschoss genommen und die Sicht erheblich beeinträchtigt. Auch seien statische Probleme zu befürchten. Auch sei das WC in seiner Wohnung nicht mehr durch Tageslicht belichtet und ins Freie zu entlüften. Die beabsichtigte Maßnahme bilde daher eine unerträgliche Beeinträchtigung für den Antragsgegner. Weiters führe sie zu einer Reduktion der Grünfläche im Hof und damit allgemeiner Teile der Liegenschaft.

Das Erstgericht ersetzte die Zustimmung des Antragsgegners zum beabsichtigten Aufzugseinbau mit Ausstiegsmöglichkeiten zum dritten und vierten Geschoß, entsprechend einem bestimmt bezeichneten Einreichplan.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen beurteilte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht das Begehren der Antragsteller als Änderungsbegehren nach § 16 Abs 2 WEG 2002. Die Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses, wie von den Antragstellern eventualiter angestrebt, sei nicht erforderlich.

Die Errichtung eines Aufzugs in einem Haus mit vier Obergeschoßen und einem Dachgeschoß entspreche der Übung des Verkehrs. Auch sei eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses mit der beabsichtigten Maßnahme nicht verbunden. Der hofseitige Zustand des Gebäudes werde durch die Errichtung des Liftschachtes in einer Klarglas/Stahlkonstruktion optisch nicht verschlechtert. Von einer Gefahr für die Sicherheit von Personen des Hauses oder anderen Sachen sei ebenfalls nicht auszugehen. Die eingewendeten Bedenken gegen die Statik seien widerlegt.

Zuletzt verneinte das Erstgericht auch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Antragsgegners durch die beabsichtigte Baumaßnahme. Zwar werde der Liftschacht unmittelbar vor dem Bad-WC-Fenster des Antragsgegners vorbeiführen, eine Sichtmöglichkeit der Aufzugsbenützer in den Baderaum könne jedoch ausgeschlossen werden, weil die Kabinentür des Aufzugs in undurchsichtigem Glas ausgeführt sei. Damit verbleibe nur eine allfällige Beeinträchtigung der Benützbarkeit des Bade-WC-Raums. Der Lichteinfall werde, wenn überhaupt nur minimal beeinträchtigt. Die Frage der Aussicht vom Badezimmer bzw WC ins Freie könne ebenfalls als unverhältnismäßig unbedeutend beurteilt werde. Der Raum diene ohnedies nicht einem ständigen oder längeren Aufenthalt, weshalb die Qualität einer ungestörten Aussicht verzichtbar sei.

Was die Be- und Entlüftung des betroffenen Raums betreffe, lasse sich das Problem in technischer Hinsicht durch geeignete Baumaßnahmen in vertretbarer Weise in den Griff bekommen. Die Antragsteller würden die entsprechenden Kosten für eine sach- und fachgerechte Entlüftung des gegenständlichen Raums zu bezahlen haben. Die Höhe dieses Betrags könne allerdings nicht im gegenständlichen Verfahren festgesetzt werden. Es obliege den Streitparteien, diesbezüglich eine Einigung zu finden und dem Antragsgegner allenfalls entsprechende Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Damit ergebe sich eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragsgegners durch die beabsichtigte Baumaßnahme nicht. Damit lägen alle Voraussetzungen für die Ersetzung der Zustimmung zum Bau der gegenständlichen Aufzugsanlage vor.

Einem gegen diesen Sachbeschluss vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass sämtliche Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 und 2 WEG 2002 gegeben seien. Weder liege eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses im Hofbereich vor noch werde die Sicherheit von Personen oder anderen Sachen gefährdet. Auch schutzwürdige Interessen anderer Miteigentümer, insbesondere des Antragsgegners würden durch die geplante Baumaßnahme nicht beeinträchtigt. Nur eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer stünde einer geplanten Änderung entgegen. Im außerstreitigen Genehmigungsverfahren bestehe ein weiter Wertungsspielraum; dabei sei vor allem die wechselseitige Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und wechselseitigen Toleranz der Wohnungseigentümer untereinander im Zuge einer Interessensabwägung zu beurteilen. Von einem ins Gewicht fallenden Wertverlust der Objekte des Antragsgegners könne nach den maßgeblichen Sachverhaltsgrundlagen nicht die Rede sein. Dabei sei die Wertsteigerung der Objekte des Antragsgegners durch den Einbau einer mechanischen Ent- und Belüftung noch gar nicht berücksichtigt. Insgesamt erfahre das Gebäude grundsätzlich eine Wertsteigerung durch die Errichtung eines Aufzugs. Die Anbindung an den Aufzug stehe dem Antragsgegner jederzeit noch offen. Nach den unbedenklichen Feststellungen des Erstgerichtes sei die Belüftung der hofseitigen WCs und Bäder durch Errichtung von Zu- und Abluftkanälen in ausreichendem Maß sichergestellt. Die derzeit bestehende Situation sei durch eine unzureichende, weil eine Befeuchtung der Zwischenwände hervorrufende Abluftsituation ohnedies nicht haltbar. Eine neue Be- und Entlüftungsanlage würde eher zu einer Steigerung der Sicherheit des Gebäudes als zu einer Verringerung derselben führen.

Obwohl die Fenster der Bäder im ersten und zweiten Obergeschoss durch den Anbau des transparenten Aufzugsschachts in ihrer Aussicht beeinträchtigt würden, komme es dadurch doch zu keiner nennenswerten Verminderung der Belichtung in den entsprechenden Räumen. Entscheidend sei, dass jene Räume, die davon betroffen seien, solche seien, die sogar bei Wohnungsneubauten zu einem erheblichen Anteil über keine gesonderten Fensteröffnungen verfügten, sondern nur mechanisch bzw elektrisch be- und entlüftet würden. Dass durch die Errichtung des Lifts die Allgemeinfläche im Innenhof (Kinderspielplatz, Aufstellort für Müllgefäße) verringert werde, könne ebenfalls nicht dazu führen, dass die Aufzugserrichtung untersagt werden müsse, weil immerhin mit der geplanten Maßnahme eine Werterhöhung des gesamten Gebäudes und damit auch der Wohneinheit des Antragsgegners bewirkt werde.

Die von den Antragstellern geplante Veränderung entspreche jedenfalls der Übung des Verkehrs und einem wichtigen Interesse der Antragsteller. Damit sei insgesamt unter Berücksichtigung bestehender höchstgerichtlicher Judikatur das Individualrecht der Antragsteller auf Durchsetzung der beabsichtigten Änderung gemäß § 16 Abs 2 WEG 2002 zu bejahen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG lägen nicht vor, weil bei einer Entscheidung nach § 16 Abs 2 MRG ein Ermessensspielraum eingeräumt sei und eine grobe Fehlbeurteilung durch das Erstgericht nach Überzeugung des Rekursgerichtes nicht vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Abweisung des verfahrenseinleitenden Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Zusammenfassend macht der Antragsgegner in seinem Rechtsmittel geltend, dass Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit der Aufzugsanlage ein Zustand sei, der - zumindest teilweise - vom Antragsgegner erst auf eigene Kosten hergestellt werden müsse, nämlich die Errichtung einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage seines Baderaums. Dass die Vorinstanzen diesen Umstand nicht bzw nicht ausreichend berücksichtigt hätten, stelle eine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG dar. Im Weiteren müssten nach Ansicht des Revisionsrekurswerbers aber auch die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 3 WEG geprüft werden. Wenn auch das Wohnungseigentumsobjekt des Antragsgegners nicht unmittelbar von der Aufzugserrichtung in Anspruch genommen werde, so doch mittelbar durch die Inanspruchnahme des Badezimmerfensters. Diesfalls sei dem Antragsgegner auch eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Auch sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass die Hoffläche durch die Errichtung des Aufzugs verkleinert werde. Ein solcher Vorgang stelle eine Verfügung über gemeinschaftliches Eigentum dar, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners erweist sich als zulässig, weil das Rekursgericht zum einen die Frage der Kostentragung der durch die beabsichtigte Änderung zusätzlich erforderlichen Arbeiten, insbesondere die Herstellung einer Be- und Entlüftungsanlage für den Bade/WC-Raum des Antragsgegners nicht ausreichend berücksichtigt hat und überdies das Begehren auch unter den Aspekt des § 16 Abs 2 Z 3 letzter Satz WEG 2002 zu beurteilen ist.

Den übrigen Wohnungseigentümern wurde die Gelegenheit eingeräumt, eine Revisionsrekursbeantwortung zu erstatten.

Erst- und Zweitantragsteller haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt, den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist im Sinn des von ihm gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Zunächst stellt § 16 Abs 2 WEG 2002 eindeutig klar, dass ein Wohnungseigentümer zu Änderungen nur auf seine Kosten berechtigt ist. Dieser Kostentragungsgrundsatz bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf die von ihm gewünschten Änderungsarbeiten selbst, also auf Änderungen „an seinem Wohnungseigentumsobjekt" oder wie hier auf die Errichtung der Aufzugsanlage, sondern auch auf sämtliche Änderungen, die damit an allgemeinen Teilen der Liegenschaft oder in anderen Objekten notwendigerweise verbunden sind. Das bedeutet, dass - bei Erfüllung der übrigen Anforderungen - die Genehmigung einer beabsichtigten Änderung nur dann in Frage kommt, wenn der änderungswillige Wohnungseigentümer in seinen Antrag auch all jene Arbeiten aufnimmt, die als Folge der Änderung an allgemeinen Teilen oder in anderen Objekten notwendig werden, und ausdrücklich die Kostentragung dafür übernimmt. Auf keinen Fall geht es an, dass ein anderer Wohnungseigentümer Kosten für in seinem Objekt notwendige Arbeiten vorzuschießen und sich um deren Ersatz zu bemühen hätte. In einem Fall wie dem gegenständlichen kommt daher eine Genehmigung überhaupt nur dann in Betracht, wenn dem die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümer im Genehmigungsbeschluss auch die Vornahme der Folgearbeiten und die Kostentragung hiefür auferlegt wird. Welche Arbeiten davon konkret betroffen sind, ist im vorliegenden Fall noch nicht abschließend geklärt. So versteht sich schon aus praktischen Erwägungen von selbst, dass auch das Fenster des Bad/WC-Raums des Antragsgegners, das künftig auf Dauer verschlossen sein soll und quasi die Begrenzung zum Aufzugsschacht darstellen wird, einer Neuherstellung bedürfen wird. Auch die Zu- und Abluftanlage muss in ihrer Dimensionierung und Art der Ausführung noch konkretisiert werden.

Im dargestellten Sinn wird daher das Erstgericht die offenen Fragen mit den Antragstellern zu erörtern haben und die Sachverhaltsgrundlagen in diesem Sinn zu erweitern haben. Dem Revisionsrekurswerber ist schließlich auch darin Recht zu geben, dass die geplante Änderung auch unter § 16 Abs 2 Z 3 WEG 2002 zu subsumieren ist. Die Außenfenster einer Wohnung sind allgemeine Teile der Liegenschaft (vgl 6 Ob 266/69 = MietSlg 21.730; 5 Ob 62/04k ua), sie sind aber auch wesentliche Bestandteile des Objekts des Antragsgegners selbst (vgl 5 Ob 152/92 = WoBl 1993/112 = MietSlg 44/61). Das bedeutet, dass der beeinträchtigte Wohnungseigentümer die Änderung nur zuzulassen hat, wenn sie keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums zur Folge hat und ihm bei billiger Abwägung aller Interessen zumutbar ist (5 Ob 53/88 = WoBl 1990/27 uva); überdies hat der Wohnungseigentümer, der die Änderung durchführt, den beeinträchtigten Wohnungseigentümer angemessen zu entschädigen, worüber ebenfalls im Außerstreitverfahren zu entscheiden ist (§ 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002).

Außerdem ist Folgendes zu beachten:

Während bei der Beurteilung des wichtigen Interesses des änderungswilligen Wohnungseigentümers keine Interessensabwägung vorgesehen ist (vgl RIS-Justiz RS0083240), er also nur sein eigenes wichtiges Interesse an der geplanten Änderung nachzuweisen hat, erfordert § 16 Abs 2 Z 3 WEG 2002 eine „billige Abwägung aller Interessen" für die Zumutbarkeit der Änderung. Sollte zutreffen - was allerdings bisher noch nicht feststeht -, dass eine andere Errichtungsmöglichkeit für die Aufzugsanlage ausscheidet, ist den Vorinstanzen darin Recht zu geben, dass eine solche Abwägung in aller Regel zugunsten desjenigen Wohnungseigentümers ausschlagen wird, der die Aufzugsanlage errichten will. Dennoch ist zusätzlich Voraussetzung für die Genehmigung, dass die Änderung „keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung" des widersprechenden Wohnungseigentümers zur Folge hat. Nun steht hier fest, dass die mit der Aufzugserrichtung erfolgende Beeinträchtigung des Antragsgegners eine dauernde sein wird. Auf Dauer wird eine Öffnung eines Fensters der Wohnung des Antragsgegners und der Blick auf den begrünten Innenhof nicht mehr möglich sein. Das Rekursgericht greift in seiner Argumentation zu kurz, wenn es ausschließlich die Be- und Entlüftungssituation sowie die Frage des Lichteinfalls als maßgeblich ansieht. Verfehlt ist vor allem das Argument, bei Neubauten seien in der Regel Nebenräume wie etwa Badezimmer ohnedies nicht mit einem eigenen Fenster ausgestattet. Darauf kommt es nämlich nicht an, sondern auf die konkret im Wohnungseigentumsobjekt des der Änderung widersprechenden Wohnungseigentümers gegebene Situation. Es reichen die Feststellungen letztlich noch nicht dazu aus, zu beurteilen, ob nicht die dauernde Beeinträchtigung des Antragsgegners durch die Verschließung eines Fensters seines Objekts eine wesentliche und daher nicht zu duldende Beeinträchtigung seines Wohnungseigentumsrechts ist. Dazu wird es erforderlich sein, festzustellen, ob sich die gesamte Wohnsituation im fraglichen Objekt entscheidend nachteilig verändert. So lässt sich den Feststellungen entnehmen, dass offenbar auch das WC und die Küche des Objekts über keine eigenen Fenster verfügen. Unabdingbar wird daher eine Beschreibung jener Wohnung sein, die durch die Errichtung der Aufzugsanlage in Mitleidenschaft gezogen wird. Entscheidend wird sein, ob die Wohnung bei Verschließung des Badezimmerfensters noch über eine ihrer Größe entsprechende, ausreichende Anzahl von anderen Fenstern verfügt, über die eine direkte Belüftung, Belichtung und ein Ausblick ins Freie möglich ist. Lässt sich dies bejahen, kann zugrundegelegt werden, dass die Beeinträchtigung zwar eine dauernde, nicht aber eine den Wohnwert wesentlich negativ beeinflussende Beeinträchtigung ist.

Sollte sich dies im fortgesetzten Verfahren ergeben, werden Grundlagen dafür zu schaffen sein, um eine angemessene Entschädigung iSd § 16 Abs 2 Z 3 letzter Satz WEG 2002 ermitteln zu können. Schon jetzt ist dazu anzumerken, dass die im Privatgutachten gewählte Berechnungsmethode nicht geeignet ist, ein angemessenes Ergebnis zu erzielen, ist doch der gesamte Wohnwert einer Wohnung vom Zustand des Baderaums mit abhängig und nicht nur die Quadratmeteranzahl des Baderaums selbst von einer Verschlechterung betroffen. Nicht zu folgen ist der Rechtsmeinung des Antragsgegners allerdings darin, dass die Verkleinerung der Hoffläche im Umfang des zu errichtenden Lifts der Änderung entgegenstünde, weil eine solche Umwidmung eine Verfügung darstelle, die der Einstimmigkeit bedürfe. Dabei wird übersehen, dass § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 die Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft für eine Änderung, die den übrigen Voraussetzungen entspricht, ausdrücklich billigt. Was die übrigen Voraussetzungen betrifft, insbesondere dass keine Schädigung des Hauses, keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen oder Sachen besteht sowie dass die geplante Änderung der Übung des Verkehrs entspricht, sind diese im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig, weshalb sich Ausführungen dazu erübrigen. Im aufgezeigten Sinn erweist sich das Verfahren allerdings noch als ergänzungsbedürftig.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners war daher im Sinn des in ihm gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

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