OGH 10Ob7/06m

OGH10Ob7/06m22.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. Manfredo Antonio T*****, geboren am 3. Juli 1999, 2. Paulo Rafael T*****, geboren am 26. März 2001, und 3. Bruno Leonato T*****, geboren am 2. Oktober 2003, alle vertreten durch Mag. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. Manfred T*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. September 2005, GZ 44 R 319/05w-41, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. April 2005, GZ 59 P 142/04y-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Vater Ing. Manfred T***** wohnt seit 25. 10. 2004 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit den drei Kindern; diese befinden sich in Pflege und Erziehung der Mutter.

Er verfügt über ein monatliches Durchschnittseinkommen von EUR 3.807,-- inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld, jedoch exklusive sonstiger Sonderzahlungen und Reisekosten. Sein jährliches Bruttoeinkommen exklusive Sonderzahlungen, Reisegebühren und Sozialversicherungsbeiträgen beträgt EUR 71.678,--. Er ist nur für seine drei Kinder und seine Ehegattin sorgepflichtig. Diese bezieht Kinderbetreuungsgeld von EUR 450,--.

Im März 2005 erbrachte der Vater Naturalleistungen in Form der Mietzinszahlung (EUR 970,--) für die von den Kindern und ihrer Mutter sowie deren weiteren Sohn benützte Wohnung. Ebenso hat er Gas und Strom bezahlt sowie die Leasingrate und Kfz-Versicherung für das von der Mutter und den Kindern benützte Auto. Weiters hat er den Kindergartenbeitrag für Manfredo in Höhe von EUR 222,-- geleistet. Im April 2005 hat er Naturalleistungen in einer Gesamthöhe von EUR 1.017,-- erbracht. Darüber hinaus hat er monatlich EUR 20,-- je Kind an Bauspareinzahlungen und EUR 121,12 an Krankenversicherungszahlungen für die Kinder geleistet. Mit Antrag vom 7. 12. 2004 (ON 3), modifiziert mit Erklärung zu Protokoll vom 7. 4. 2005 (ON 18), beantragten die Kinder, den Vater ab März 2005 zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je EUR 510,-- für Manfredo Antonio und Paulo Rafael sowie von EUR 400,-- für Bruno Leonato zu verpflichten.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab 1. 4. 2005 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von je EUR 375,-- für Manfredo Antonio und Paulo Rafael sowie von EUR 320,-- für Bruno Leonato. Diese Beträge ergäben sich nach der Prozentwertmethode unter Berücksichtigung der Sorgepflicht für die Kindesmutter (3 %) sowie der Transferleistungen. Hinsichtlich Bruno Leonato sei der auf diese Weise ermittelte Unterhaltsbetrag von EUR 373,-- auf den Durchschnittsbedarf gleichaltriger Minderjähriger von EUR 320,-- zu kürzen, da dieser Betrag ausreichend erscheine.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Die vom Vater gewünschte Berücksichtigung der von ihm bezahlten Kreditkosten (für Wohnungseinrichtung etc) komme ebenso wenig in Betracht wie die laufende Berücksichtigung der Kindergartenbeiträge für Manfredo; diesbezüglich habe er nur behauptet, dass für März 2005 eine Abbuchung erfolgt sei. Entgegen der Ansicht des Vaters habe das Erstgericht die Transferleistungen sehr wohl entsprechend der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt, wobei es allerdings von der Rechtslage vor der Steuerreform 2005 ausgegangen sei. Durch die mit 1. 1. 2005 in Kraft getretene Reform des Einkommensteuerrechts (BGBl I 2004/57) sei das System der Lohn- und Einkommensteuer mit Grenzsteuersätzen zugunsten von Durchschnittssteuersätzen verändert worden, wobei Einkommen bis EUR 10.000,-- jährlich steuerfrei gestellt worden seien. Zu dieser neuen Rechtslage sei in der Literatur (Neuhauser in Schwimann, ABGB I3 § 140 Rz 55) ein Rechenmodell zur Berücksichtigung der Transferleistungen entwickelt worden, dessen Kurzformel für Unterhaltsperioden ab 1. 1. 2005 laute:

Halber Prozentunterhalt x Durchschnittssteuersatz (nach Abzug der Absetzbeträge) abzüglich Unterhaltsabsetzbetrag ergebe den Kürzungsbetrag, der dann vom Prozentunterhalt abzuziehen sei, woraus sich der zuzusprechende Unterhaltsbetrag errechne. Im vorliegenden Fall sei von einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen des Unterhaltsschuldners von EUR 71.678,-- und einer Jahresunterhaltsleistung entsprechend der Prozentwertmethode von EUR 15.075,72 auszugehen. Unter Berücksichtigung des Verkehrsabsetzbetrages von EUR 291,-- jährlich (§ 33 Abs 5 Z 1 EStG), des Arbeitnehmerabsetzbetrages von EUR 54,-- jährlich (§ 33 Abs 5 Z 2 EStG), des Unterhaltsabsetzbetrages für drei Kinder von insgesamt EUR 1.375,20 (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG) errechne sich ein Durchschnittssteuersatz von 35,86 %. Die halbe Jahresunterhaltsleistung (EUR 7.537,86) multipliziert mit diesem Durchschnittssteuersatz ergebe einen Betrag von EUR 2.703,08. Davon sei die genannte Summe der Unterhaltsabsetzbeträge abzuziehen, sodass sich der Kürzungsbetrag von EUR 1.328,08 für den Jahresunterhalt ergebe. Demnach reduziere sich die Jahresunterhaltssumme auf EUR 13.747,64, die aufgeteilt auf die drei unterhaltsberechtigten Minderjährigen monatlich EUR 381,88 ergebe. Demnach komme es gegenüber den vom Erstgericht festgesetzten Unterhaltsbeträgen zu keiner weiteren Kürzung.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, da zur Frage, wie die Berücksichtigung der Transferleistungen nach der Reform des Einkommensteuerrechts ab dem Jahr 2005 zu erfolgen habe, noch keine Rechtsprechung des OGH bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, der Oberste Gerichtshof möge "die Beschlüsse der Unterinstanzen aufheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung über die Unterhaltshöhe auftragen, in eventu dem Rekursgericht eine neue Entscheidung auftragen, in eventu den Beschluss des Rekursgerichtes dahingehend abändern, dass die zugesprochenen Unterhaltsbeträge entsprechend herabgesetzt werden". Die Kinder haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Das maßgebliche Revisionsrekursvorbringen des Vaters geht dahin, die vom Rekursgericht angewendete Berechnungskurzformel "trägt dem Änderungsbedarf in der Unterhaltsberechnung nicht ausreichend Rechnung, da die steuerliche Entlastung insbesondere bei höheren Einkommen, wie vorliegendenfalls, nicht ausreichend berücksichtigt wird. Bei höheren Einkommen ist die bisherige Argumentation, welche von Neuhuber aaO nunmehr als nicht weiter praktikabel bezeichnet wird, wonach die Grenzsteuersätze abzusenken seien, nach wie vor zutreffend, da der Durchschnittssteuersatz bei höherem Einkommen deutlich über der Höhe der Kapitalertragssteuer von derzeit 25 % liegt und daher bei höheren Einkommen nach wie vor eine Senkung des Durchschnittssteuersatzes gerechtfertigt ist. Bei höheren Einkommen wird daher nach wie vor eine Steuerreduktion vorzunehmen sein. Da dies das Rekursgericht außer Betracht gelassen hat, ist der angefochtene Beschluss mit dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung behaftet".

Zusammengefasst will also der Vater erreichen, dass der zur Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung herangezogene Steuersatz (hier: Durchschnittssteuersatz) in einem - von ihm nicht näher spezifizierten - Ausmaß abgesenkt wird. Diese von der Rechtsprechung für Unterhaltsperioden vor dem 1. 1. 2005 - also vor dem Inkrafttreten der Einkommensteuerreform - regelmäßig vorgenommene pauschale Absenkung um etwa 20 % (1 Ob 79/02b uva; VfGH B 1340/00, VfSlg 16026) beruht darauf, dass ein Geldunterhaltspflichtiger typischerweise auch - gegenüber dem Grenzsteuersatz - steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte bezieht und auch diese begünstigten Einkünfte für die Unterhaltszahlungen verwenden kann. Sie bewirkt, dass der zu leistende Unterhalt höher ist als ohne Reduktion. Durch die vom Rekursgericht nicht vorgenommene Reduktion des Steuersatzes kann der Vater also nicht belastet sein, sodass die von ihm (allein) aufgezeigte Rechtsfrage gar nicht zu seinen Gunsten entscheidend sein kann.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen.

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