OGH 1Ob67/06v

OGH1Ob67/06v16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Christine P*****, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen die beklagte Partei Georg P*****, vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 9. September 2005, GZ 23 R 184/05i-47, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neulengbach vom 11. April 2005, GZ 1 C 69/03i-39, in seinem Ausspruch über das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Verschuldensausspruch des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei EUR 94,50 (Barauslagen) an Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile lernten einander im Jahr 1996 kennen, als sich die Klägerin - damals Studentin - um eine Stelle als Lkw-Fahrerin in jenem Pferdetransportunternehmen bewarb, in dem der Beklagte Geschäftsführer war. Zum Zeitpunkt der Eheschließung am 25. 3. 2000 war die Klägerin 25, der Beklagte 35 Jahre alt. Die Ehe, der keine Kinder entstammen, wurde mit dem Urteil des Erstgerichts vom 11. 4. 2005, das insoweit unbekämpft blieb, wegen unheilbarer Zerrüttung geschieden. Die Klägerin hatte das Alleinverschulden des Beklagten behauptet, der seinerseits die Feststellung des überwiegenden Verschuldens der Klägerin beantragt hatte. Auf die gegenseitigen Vorwürfe wird im Rahmen der Darstellung der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen eingegangen.

Das Erstgericht sprach aus, das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe beide Parteien zu gleichen Teilen. Die ersten Wochen nach der Eheschließung seien einigermaßen harmonisch verlaufen. Die Klägerin, die ohne jede sexuelle Erfahrung in die Ehe gegangen sei, habe jeden sexuellen Kontakt mit dem Beklagten als eheliche Pflicht verstanden und dabei nur Schmerzen verspürt. Gemeinsame Gespräche hätten zu keiner Lösung geführt und seien von der Klägerin schließlich abgeblockt worden. Sie habe auch den Vorschlag des Beklagten, fachärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen, abgelehnt. Die Klägerin habe trotz entsprechender Kritik des Beklagten stets gewünscht, dass ihre beiden Hunde mit im Ehebett schlafen; sie habe den Vorschlag des Beklagten, für die Hunde einen geeigneten Platz im Wohnzimmer zu schaffen, strikt abgelehnt und keine Kompromissbereitschaft gezeigt. Nach einem Unfall am 29. 11. 2000 habe die Klägerin unter Schlafproblemen gelitten. Sie sei schließlich in ein anderes Zimmer ausgewichen, zumal der Beklagte dazu geneigt habe, laut zu schnarchen. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Streitteile begonnen, sich mehr und mehr zu entfremden. Nach Beendigung ihres Studiums im März 2002 habe die Klägerin wegen eines anschließenden Volontariats bzw eines Praktikums immer weniger Zeit gehabt, den Beklagten in seinem Unternehmen zu unterstützen. Sie habe jedoch regelmäßig während der Turniersaison von März bis Oktober drei Wochenenden im Monat für die GmbH gearbeitet. Im Mittelpunkt der Ehe seien immer die Pferde gestanden. Der Beklagte habe jeden Tag (auch an den Wochenenden) oft bis 21 Uhr in seinem Pferdetransportunternehmen gearbeitet. Im Herbst 2000 habe der Beklagte der Klägerin ein Pferd der GmbH überlassen, zu dem sie eine starke Beziehung entwickelt habe. Bei Streitigkeiten habe der Beklagte begonnen, das Pferd als Druckmittel einzusetzen und der Klägerin zu drohen, es ihr wegzunehmen. Die Klägerin habe daher aus Angst, das Pferd zu verlieren, trotz ihrer Verletzung weiter im Betrieb gearbeitet. Die Parteien seien während der gesamten Ehe nie gemeinsam auf Urlaub gefahren, auch nicht auf eine Hochzeitsreise, da ihre Freizeit knapp bemessen gewesen sei. Gemeinsame Aktivitäten mit Freunden hätten anfangs selten, schließlich gar nicht mehr stattgefunden. Der Beklagte habe jede wichtige Entscheidung mit seiner Mutter besprochen und die Klägerin nie einbezogen. Demgegenüber habe die Klägerin einen Großteil ihrer Freizeit mit ihren Eltern verbracht und sei auch nach jedem Ehestreit zu diesen geflüchtet. Nach Beendigung des Studiums der Klägerin hätten sich beide Parteien wenig um die Haushaltsführung gekümmert. Der Beklagte habe die Meinung vertreten, dass die Haushaltsführung (weiterhin) in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin falle und dass sie ihn vernachlässige. Unmittelbar vor Einbringung der Scheidungsklage, nach der die Streitteile keinerlei Gesprächsbasis mehr gehabt hätten, sei es zu einer größeren Auseinandersetzung gekommen. Dabei habe sich der Beklagte darüber aufgeregt, dass die Einstellgebühren für die zwei Pferde der Klägerin noch nicht an die GmbH bezahlt worden seien. Er habe der Klägerin abermals damit gedroht, ihr das (weitere) Pferd wegzunehmen, sollten die Gebühren nicht bezahlt werden. Er habe auch verlangt, dass die Klägerin Miete für die Benützung der (von seiner Mutter finanzierten) Ehewohnung zahlen solle, widrigenfalls sie aus dem Haus „geworfen" werde. An diesem Tag habe die Klägerin das behandlungsbedürftige Pferd gegen den Willen des Beklagten in die tiermedizinische Universität gebracht, worauf der Beklagte Diebstahlsanzeige erstattet habe. Auch im Zuge des Scheidungsverfahrens sei es zu verschiedenen Streitigkeiten zwischen den Parteien gekommen. Damals - seit Oktober 2003 - hätten die Streitteile bereits getrennt gelebt. Nachdem die Gesprächsbasis bereits verloren gegangen sei, habe der Beklagte der Klägerin eine außereheliche Beziehung mit einem ehemaligen Aushilfsfahrer der GmbH unterstellt. Eine außereheliche Beziehung der Klägerin habe jedoch nicht festgestellt werden können. Sie habe mit dem Aushilfsfahrer regelmäßig telefoniert und einmal - mit Einwilligung des Beklagten - gemeinsam in einem Doppelzimmer übernachtet.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass beide Streitteile schuldhaft Eheverfehlungen gesetzt hätten, die zu einer Zerrüttung der Ehe geführt haben. Der Klägerin sei vorzuwerfen, darauf bestanden zu haben, dass ihre beiden Hunde im gemeinsamen Ehebett schlafen sollten. Auch wenn ihr die Ablehnung sexuellen Verkehrs nicht vorwerfbar sei, habe sie es unterlassen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und gemeinsam mit dem Beklagten nach einer Lösung zu suchen. Sie habe schon zu Beginn der Ehe die notwendige Kompromissbereitschaft stark vermissen lassen. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, seine Mutter nicht von regelmäßiger Kritik an der Klägerin abgehalten und selbst kritisiert zu haben, dass die Klägerin ihrer Berufstätigkeit nachging und dabei weniger Zeit in den Familienbetrieb investierte. Er habe auch für die Belastung der Klägerin durch ihren Unfall kein Verständnis gezeigt. Er habe auch das Pferd, an dem die Klägerin sehr hing, immer wieder als Druckmittel eingesetzt, um seinen eigenen Willen durchzusetzen. Insgesamt sei die Zerrüttung der Ehe durch das Verhalten der Beklagten, die auf der Anwesenheit der Hunde im Schlafzimmer bestanden habe und auch sonst keinerlei Kompromissbereitschaft oder Problembewusstsein gezeigt habe, eingeleitet worden. Ab 2001 sei die Ehe durch das fortgesetzte lieblose Verhalten des Beklagten zermürbt worden, wobei keiner der Ehepartner bereit gewesen sei, sein eigenes Verhalten zu ändern oder Kompromisse einzugehen. Durch die Bekanntgabe der Trennungsabsicht im Juni 2003, spätestens mit Erhebung der Scheidungsklage im Juli 2003, sei die Zerrüttung der Ehe unheilbar geworden. Die später begangenen Eheverfehlungen könnten daher außer Acht gelassen werden, zumal sie sich die Waage hielten. Ein Ausspruch überwiegenden Verschuldens einer Partei komme nicht in Betracht, da nicht gesagt werden könne, dass das Verschulden eines Ehegatten erheblich schwerer wiege als das des anderen bzw dass das Verschulden einer Partei fast völlig in den Hintergrund trete. Auch wenn bei einer Gesamtbetrachtung das ehewidrige Verhalten des Beklagten zu überwiegen scheine, seien viele seiner Handlungen - vor allem seine fortgesetzte Kritik - darauf zurückzuführen, dass die Klägerin ihm schon zu Beginn der Ehe gezeigt habe, dass sie nicht bereit sein würde, ihr Verhalten zu ändern. Beide Streitteile hätten ihre Lebensvorstellungen ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des jeweils anderen verwirklichen wollen, was unweigerlich zur Entfremdung und schließlich zur unheilbaren Zerrüttung der Beziehung geführt habe, wobei jedoch die jeweiligen Beiträge der Streitteile dazu annähernd gleich zu bewerten seien.

Das Berufungsgericht änderte den Verschuldensausspruch dahin ab, dass das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Beklagten treffe. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Bei seiner Entscheidung ging das Berufungsgericht vor allem von folgenden Außerstreitstellungen in der Berufungsverhandlung aus:

Schon vor der Eheschließung haben die Parteien zusammen gewohnt, jedoch in getrennten Schlafzimmern geschlafen, weil die Klägerin auf Grund ihrer religiösen Überzeugung Geschlechtsverkehr vor der Ehe ausschließen wollte. Schon damals waren „die Hunde im Bett" ein Gesprächsthema. Diese wurden auf Aufforderung durch den Beklagten des Bettes verwiesen. Die Trennung der Schlafplätze der Parteien erfolgte bereits drei bis vier Wochen nach der Eheschließung. Der Beklagte respektierte den Wunsch der Klägerin, Geschlechtsverkehr nach dem Unfall zu unterlassen, und sah darin kein Problem im Hinblick auf die Ehe. Die Klägerin bestritt auch nach dem Unfall noch Turniere im Dressurreiten.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, der Klägerin seien letztlich nur Verfehlungen vorzuwerfen, die ebenso auch der Beklagte begangen habe. Beide hätten sich nicht ausreichend um die Haushaltsführung gekümmert und zu wenig freie Zeit mit dem Partner verbracht sowie Entscheidungen jeweils lieber mit den Eltern als mit dem Ehepartner besprochen. Die beiden wesentlichen Vorwürfe des Erstgerichts an die Klägerin seien allerdings infolge der im Rahmen der Berufungsverhandlung erfolgten Außerstreitstellungen zu relativieren. Es stehe nunmehr fest, dass die Hunde über Aufforderung durch den Beklagten des Bettes verwiesen wurden und die Trennung der Schlafplätze bereits drei bis vier Wochen nach der Eheschließung erfolgte. Der Vorwurf, die Klägerin habe die Zerrüttung der Ehe dadurch eingeleitet, dass sie auf dem Verbleiben der Hunde im Ehebett bestanden habe, sei daher unberechtigt. Nachdem das Erstgericht festgestellt habe, dass die Ehe in den ersten Wochen einigermaßen harmonisch verlaufen sei, könnten die Hunde letztlich kein Problem mehr gewesen sein. Auch die mangelnde Kompromissbereitschaft der Klägerin bei der Lösung der sexuellen Probleme falle insoweit nicht besonders ins Gewicht, als der Beklagte bereits in seiner Einvernehmung angegeben habe, dass ihm Sex nicht wichtig (gewesen) sei. Es stehe auch außer Streit, dass der Beklagte im Wunsch der Klägerin, nach ihrem Unfall keinen Geschlechtsverkehr mehr haben zu wollen, kein Problem im Hinblick auf die Ehe gesehen habe. Der Klägerin sei auch kein Vorwurf deswegen zu machen, dass sie das behandlungsbedürftige Pferd - wenn auch gegen den Willen des Beklagten - zur Untersuchung in die veterinärmedizinische Universität gebracht hat; einerseits sei dem Beklagten bekannt gewesen, wohin das Pferd gebracht wurde, und andererseits sei die von der Klägerin getroffene Maßnahme zweckmäßig gewesen. Demgegenüber seien dem Beklagten aber weitere erhebliche Eheverfehlungen vorzuwerfen. Er habe weder für die Berufstätigkeit noch die unfallsbedingte Belastung der Klägerin Verständnis gezeigt und diese auch immer wieder mit dem von ihr lieb gewonnenen Pferd unter Druck gesetzt. Das Berufungsgericht sei daher davon überzeugt, dass in diesem Fall das Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe jenes der Klägerin erheblich übersteige.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Beklagten ist zulässig und im Sinne einer Wiederherstellung des Verschuldensausspruchs des Erstgerichts auch berechtigt.

Zutreffend verweist der Revisionswerber auf die herrschende Rechtsprechung, nach der der Ausspruch überwiegenden Verschuldens nur dann in Betracht kommt, wenn das Verschulden des anderen Teils fast völlig in den Hintergrund tritt bzw wenn die Verfehlungen eines Ehegatten im Vergleich des beiderseitigen Fehlverhaltens offenkundig erheblich schwerer wiegen und das Verhalten der anderen Seite dagegen zu vernachlässigen ist (vgl dazu nur Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, § 60 EheG Rz 4 mit Judikaturnachweisen). Bei der Verschuldensabwägung sind nicht die wechselseitigen Verfehlungen einander zahlenmäßig gegenüber zu stellen. Vielmehr ist das Gesamtverhalten beider Seiten zu berücksichtigen und zu fragen, inwieweit die Verfehlungen zur Zerrüttung der Ehe beigetragen haben oder hiefür sogar ausschlaggebend waren.

Selbst unter Berücksichtigung der Außerstreitstellungen in der Berufungsverhandlung besteht nach Auffassung des erkennenden Senats kein Anlass zur Annahme, dass das Verhalten des Beklagten in erheblich größerem Ausmaß als jenes der Klägerin die Zerrüttung der Ehe herbeigeführt habe. Zutreffend hat bereits das Erstgericht darauf hingewiesen, dass beide Ehegatten ihre Lebensvorstellungen im Wesentlichen ohne besondere Rücksicht auf die Bedürfnisse des anderen verwirklichen wollten bzw nicht bereit waren, ihr Verhalten entscheidend zu ändern und dem anderen bei der Lösung bestehender Probleme entgegen zu kommen. Dass eine eheliche Gemeinschaft im üblichen Sinn nicht zu erreichen war, zeigt sich schon darin, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen das Zusammenleben nur wenige Wochen lang „einigermaßen harmonisch" verlief. Zutreffend verweist der Revisionswerber darauf, dass das Verhalten der Klägerin für die bald eintretende Entfremdung durchaus bedeutsam war. Die mangelnde Bereitschaft der Klägerin, ihre sexuellen Probleme zu lösen, kann keineswegs mit dem Argument abgetan werden, der Beklagte habe - insbesondere durch die Außerstreitstellung im Berufungsverfahren - zu erkennen gegeben, dass ihm ein eheliches Sexualleben nicht wichtig sei. Seine Erklärung, kein Problem im Hinblick auf die Ehe darin gesehen zu haben, dass er den Wunsch der Klägerin, Geschlechtsverkehr „nach dem Unfall" zu unterlassen, respektiert habe, bezieht sich ersichtlich auf die unmittelbaren Unfallsfolgen und die damit verbundenen zusätzlichen Beschwerden der Klägerin, bedeutet aber nicht, dass der Beklagte damit einverstanden gewesen wäre, für immer auf geschlechtliche Kontakte zu verzichten. In diesem Zusammenhang ist der Klägerin somit der Vorwurf nicht zu ersparen, sich der bereits lange vor dem Unfall geäußerten Bitte des Beklagten, fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, verschlossen zu haben. Ähnliches gilt für das Problem der „Hunde im Ehebett". Obwohl der Klägerin klar war, dass der Beklagte die Anwesenheit der Hunde im Bett - verständlicherweise - ablehnte, war sie nicht bereit, von sich aus dafür zu sorgen, dass sich die Hunde anderswo aufhielten. Der Beklagte musste jeweils erst darum bitten, die Hunde zu entfernen, wobei sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen ergibt, dass die Hunde zwar das Bett, nicht aber das Schlafzimmer verließen. Auch wenn somit der Klägerin in der ersten Phase der Ehe nicht unerhebliche Verfehlungen vorzuwerfen sind, kann sich der Revisionswerber doch nicht darauf berufen, sein Fehlverhalten müsse deshalb in den Hintergrund treten, weil die Zerrüttung der Ehe durch das Verhalten der Klägerin eingeleitet worden sei. Dagegen spricht bereits, dass er noch in der ersten Phase des Scheidungsverfahrens erklärt hat, an der Ehe festhalten zu wollen. Darüber hinaus können insbesondere seine wiederholten Drohungen mit der Wegnahme des von der Klägerin geliebten Pferdes sowie seine - offenbar als Reaktion auf den Scheidungswunsch der Klägerin erstattete - Gendarmerieanzeige wegen des Transports des erkrankten Pferdes in die tierärztliche Universität nicht als vernachlässigbare Fehlleistungen gewertet werden.

Da sich somit ein erheblich schwerer wiegendes Verschulden eines Ehegatten an der Zerrüttung an der Ehe nicht feststellen lässt, ist der erstgerichtliche Verschuldensausspruch wiederherzustellen. Eine Feststellung, dass die Klägerin „vor der grundlosen Streitsucht ihres aggressiven Gatten" zu den Eltern geflüchtet sei, haben die Vorinstanzen entgegen der Behauptung der Revisionsgegnerin nicht getroffen.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Kostenaufhebung hat im Fall eines gleichteiligen Verschuldens einzutreten. Gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der halben Pauschalgebühr, worauf sie schon in ihrer Berufung im Kostenpunkt hingewiesen hat. Im Rechtsmittelverfahren war nur mehr die Verschuldensfrage strittig. Ausgehend vom endgültigen Prozessergebnis erwiesen sich beide Berufungen als erfolglos, sodass den Streitteilen jeweils der Ersatz der (gleich hohen) Kosten ihrer Berufungsbeantwortung gebührt und auch die Kosten der Teilnahme an der Berufungsverhandlung gegeneinander aufzuheben sind. Im Revisionsverfahren ist der Beklagte mit seinem Primärantrag, das überwiegende Verschulden der Klägerin auszusprechen, erfolglos geblieben und hat lediglich mit seinem Eventualantrag obsiegt. Ausgehend von einem gleichteiligen Erfolg beider Parteien im Revisionsverfahren hat der Revisionswerber Anspruch auf Ersatz der halben Pauschalgebühr (§§ 50 Abs 1, 43 Abs 1 letzter Satz ZPO).

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