OGH 14Os29/06f

OGH14Os29/06f9.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hennrich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Egon D***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 24. Jänner 2006, GZ 24 Hv 3/06s-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Egon D***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er sich am 16. und 17. Jänner 2003 und am 19. Jänner 2004 ihm anvertraute Güter im Wert von mehr als 50.000 Euro mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, zugeeignet, indem er fünf auf Überbringer lautende Sparbücher mit einem Gesamteinlagestand von 62.784,80 Euro, deren Losungsworte er kannte, nicht zum Nachlass der am 29. Juni 2002 verstorbenen früheren Eigentümerin Olga R***** anmeldete, sondern diese Sparbücher in sein Vermögen überführte und in der Folgezeit nach und nach realisierte.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Mit dem Vorbringen, die Feststellungen zur objektiven Tatseite, die inkriminierten Sparbücher seien dem Angeklagten von Olga R***** zur Verwahrung und allfälligen Rückgabe anvertraut worden, sowie jene zur subjektiven Tatseite „bzw" die dazu führenden „Schlussfolgerungen" des Erstgerichtes seien in sich widersprüchlich und stünden „mit den vorliegenden Beweisergebnissen in auffallendem Widerspruch", wird ein Widerspruch in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO nicht aufgezeigt.

Denn dieser liegt nur dann vor, wenn entweder zwischen Feststellungen entscheidender Tatsachen (in den Entscheidungsgründen) und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch oder zwischen zwei oder mehr Feststellungen (in den Entscheidungsgründen) oder zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder zwischen solchen Erwägungen ein Widerspruch besteht. Der Hinweis auf angebliche Beweisergebnisse, die allenfalls gegen die getroffenen Feststellungen sprechen, ist dagegen unter dem Aspekt der Z 5 dritter Fall unbeachtlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 437 ff). Inwieweit die zitierten Konstatierungen in den Entscheidungsgründen zueinander in Widerspruch stehen sollen, legt die Mängelrüge nicht dar.

Mit Einwänden wie die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu einer Unvollständigkeit seiner ersten Einlassung vor der Sicherheitsbehörde zufolge Überforderung sei glaubwürdig und nachvollziehbar, selbst aus dieser - im Urteil zitierten - Niederschrift ergäbe sich aber, dass Olga R***** ihm die Sparbücher geschenkt habe, die Übergabe der (zuvor ohnehin sicher in einem Safe verwahrten) Wertpapiere in Verbindung mit der Nennung der Losungsworte und dem festgestellten engen Vertrauensverhältnis indiziere die Richtigkeit der Verantwortung einer schenkungsweisen Überlassung und dass der Angeklagte vor der Kriminalabteilung nicht von einer Schenkung gesprochen habe, rechtfertige die erstgerichtliche Schlussfolgerung auf eine bloße Übergabe zur Verwahrung nicht, behauptet der Beschwerdeführer aber der Sache nach eine unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall).

Abgesehen davon, dass die Tatrichter nicht nur die Verantwortung des Angeklagten zur Unrichtigkeit seiner Angaben anlässlich der ersten Einvernahme vor der Sicherheitsbehörde in ihre Überlegungen einbezogen und mit ausführlicher Begründung als unglaubwürdig verworfen haben (US 8 und 11), sodass diesbezüglich von einem Begründungsmangel keine Rede sein kann, sondern auch - von der Beschwerde ohnehin eingeräumt - seine Einlassung in ihrer Gesamtheit erörtert haben (US 7 ff), verkennt der Rechtsmittelwerber, dass nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen. Von einer unzureichenden Begründung kann nur dann gesprochen werden, wenn diese den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444).

Das Erstgericht hat aber die bekämpften Feststellungen keineswegs bloß aus der Nichterwähnung einer Schenkung bei der sicherheitsbehördlichen Befragung abgeleitet. Vielmehr stützen die Tatrichter die Konstatierung einer Übergabe bloß zur Verwahrung und „allfälligen" (ersichtlich gemeint: bis zur Aufforderung zur) Rückgabe auf die insgesamt widersprüchliche Verantwortung des Angeklagten, der erst über Vorhalt ihn belastender Erhebungsergebnisse eingestand, die verfahrensverfangenen Sparbücher erhalten und realisiert zu haben, seine im Anschluss im wesentlichen geständige Verantwortung vor der Sicherheitsbehörde, die er - vom erkennenden Gericht als unglaubwürdig erachtet - erst nach und nach abschwächte, sowie seine Vorgangsweise nach dem Tod der Olga R***** und bei Realisierung der Sparbücher. Der Schluss von diesem Verhalten des Angeklagten auf das Vorliegen auch der subjektiven Tatseite ist fallbezogen logisch und empirisch einwandfrei.

Soweit das Rechtsmittel diese Erwägungen der Tatrichter übergeht, ist der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung nicht am Verfahrensrecht ausgerichtet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394). Mit der - das Vorbringen der Mängelrüge weitgehend wörtlich wiederholenden - Tatsachenrüge (Z 5a) vermag der Beschwerdeführer keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen zu erwecken. Mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge behauptet der Beschwerdeführer - weitgehend mit der schon in der Mängel- und Tatsachenrüge dargestellten Argumentation - einen „Feststellungsmangel", weil das Erstgericht die auf Grund seiner Verantwortung nach Ansicht des Angeklagten indizierte Konstatierung, er sei der Meinung gewesen, die Sparbücher „aus welchem rechtlichen Grund immer" behalten zu können, unterlassen habe, woraus aber das Vorliegen eines Tatbildirrtums abzuleiten sei.

Indem der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen die unmissverständlichen Konstatierungen des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite, wonach er im Zeitpunkt der Zueignungshandlung mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung agierte und ihm insbesondere bewusst war, dass er „hiedurch die Rechte der Anvertrauenden bzw ihrer Rechtsnachfolger schmälert" (US 2 f und 6 f), übergeht, äußert er bloß Zweifel an den Sachverhaltsannahmen der Tatrichter. Eine Rechtsrüge, die im Urteil festgestellte Tatsachen verschweigt oder bestreitet, ist jedoch nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (Mayerhofer StPO5 § 281 Z 9a E 5, RIS-Justiz RS0099810). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung gegen die Aussprüche über die Strafe und über privatrechtliche Ansprüche (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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