Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das ansonsten unberührt bleibt, in dem zu 3 ergangenen Schuldspruch wegen des Verbrechens des versuchten Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 302 Abs 1 StGB und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Winfried R***** zweier Verbrechen des versuchten Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 302 Abs 1 StGB (1 und 3) und eines Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt. Danach hat er im Bezirk W***** als Kommandant des Gendarmeriepostens St. A***** mit dem Vorsatz, die Republik Österreich an ihren Rechten auf Strafverfolgung und - zu 3 - auf Feststellung von illegal beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern und „Ergreifen entsprechender Maßnahmen" zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes und des Landes Kärnten als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht (2) oder zu missbrauchen versucht (1 und 3), indem er
1) an einem nicht festgestellten Tag nach dem 8. März 2000 den Gendarmeriebeamten Wolfgang B***** nachdrücklich aufforderte, in der Strafsache gegen Josefa R*****, die im Verdacht stand, ihre Schülerin Catarina H***** am 8. März 2000 am Körper verletzt und gefährlich bedroht zu haben, den Anzeigesachverhalt so darzustellen, als hätte sich diese selbst verletzt;
2) an einem nicht festgestellten Tag nach dem 4. Februar 2001 eine ihm vom Gendarmeriebeamten Manfred S***** vorgelegte Anzeige gegen den Lenker eines näher bezeichneten PKW wegen einer Übertretung nach § 24 StVO weder unterfertigte noch an die Bezirkshauptmannschaft W***** weiterleitete, vielmehr das Original der Anzeige vernichtete und die Kopie im sogenannten „A-Ordner" ablegte;
3) am 13. März 2002 Adolf J***** von einer bevorstehenden Kontrolle wegen des Verdachts illegaler Beschäftigung ausländischer Holzarbeiter durch ein Zollorgan unter Assistenz der Gendarmerie fernmündlich in Kenntnis zu setzen versuchte.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.
Sie weist - zu 3 - aus Z 10 zutreffend darauf hin, dass dem angefochtenen Urteil keine Feststellung darüber zu entnehmen ist, welche dem Angeklagten im Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen „Kontrolle wegen des Verdachts illegaler Beschäftigung ausländischer Holzarbeiter" zugekommene Befugnis dieser missbraucht haben soll. Dass er die „ungehinderte Assistenzleistung durch zwei seiner Mitarbeiter zu genehmigen" unterlassen hätte, wird nur nebenbei in US 18 erwähnt. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite beziehen sich indes auf die versuchte Information des Adolf J*****, welche für sich allein nur das Vergehen der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 15, 310 Abs 1 StGB begründen könnte (vgl Fabrizy StGB9 § 302 Rz 21, § 310 Rz 4).
Dies zwingt zur Aufhebung des betroffenen Schuldspruchs und des Strafausspruchs samt Rückverweisung an das Erstgericht im Umfang der Aufhebung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 3 zweiter SatzStPO). Die Berufung ist damit gegenstandslos.
Zu den Schuldsprüchen 1 und 2 aber geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO).
Die einleitenden Ausführungen allgemeiner Art stellen keine deutliche und bestimmte Bezeichnung eines gesetzlichen Nichtigkeitsgrundes dar und bedürfen daher keiner Erwiderung.
Soweit die Mängelrüge - zu 1 - die Überlegung der Tatrichter, wonach auch die Tatsache, dass Wolfgang B***** vor der Aufforderung des Angeklagten den gegen Josefa R***** bestehenden Verdacht bereits einem ihm bekannten Richter eröffnet hatte, der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen nicht entgegenstehe, als zirkulär kritisiert, wendet sie sich nur unzulässig gegen eine einzelne Erwägung im Rahmen der Beweiswürdigung, welche keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellt. Zudem wird nicht deutlich, welcher Tatumstand statt bewiesen bloß behauptet worden sein soll (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410, 446). Mit der der Sache nach aufgestellten Behauptung, der in einer Gendarmerieanzeige geschilderte Sachverhalt werde den gerichtlichen Urteilsfeststellungen nicht ungeprüft zugrunde gelegt, wird offenbar unzureichende Begründung des festgestellten Rechtsschädigungsvorsatzes nicht aufgezeigt.
Das menschlich angespannte Verhältnis zwischen dem Angeklagten und den Zeugen Wolfgang B***** und Manfred S***** haben die Tatrichter mehrfach hervorgehoben und ersichtlich bei der Beweiswürdigung in Rechnung gestellt (Z 5 zweiter Fall). Die „verspätete Meldung" des Vorfalles (1; US 26) wurde keineswegs nach Art einer - überflüssigen - Aufzählung der in der Hauptverhandlung vorgeführten Beweismittel bloß erwähnt, aber nicht erörtert. Ob diese im zeitlichen Konnex mit einem „psychovegetativen Erschöpfungszustand im Zusammenhang mit gravierenden Problemen am Arbeitsplatz" geschah, war schon angesichts des Gebotes zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht erwähnenswert.
In die beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter floss ersichtlich auch ein, dass entgegen den Aussagen von Wolfgang B***** und Kurt Sch***** nach den Ermittlungen der Sonderkommission St. A***** die zu 3 dargelegten Telefonate nicht aus dem Büro des Angeklagten erfolgt sind (vgl US 29 f). Ob Mag. H***** bei Mediationsversuchen auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass Spannungen im dienstlichen Umgang der Beamten untereinander „zu unberechtigten Vorwürfen führen können", war nicht gesondert erörterungsbedürftig. Die Angaben dieses Zeugen wurden im Übrigen ohnehin beweiswürdigend erwogen (US 40).
Mit dem Umstand, dass die Vernichtung des Originals der zu 2 angeführten Anzeige von keinem Zeugen beobachtet wurde, haben sich die Tatrichter eingehend auseinandergesetzt und ihre Feststellungen zu diesem Schuldspruch, insbesondere unter Berufung auf die als glaubwürdig beurteilte Aussage des Zeugen S*****, zureichend begründet (vgl US 27 - 29). Dass eine Kopie der Anzeige in einem Ordner abgelegt wurde, schließt nach Maßgabe allgemeiner Lebenserfahrung das zu 2 geschilderte Verhalten des Angeklagten nicht aus. Mit bloß spekulativen Geschehensvarianten brauchten sich die Tatrichter nicht auseinanderzusetzen (Z 5 zweiter Fall; WK-StPO § 281 Rz 421).
Durch Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge werden erhebliche Bedenken gegen die Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten nicht geweckt. Angesichts der festgestellten Vernichtung des Originals der von Manfred S***** vorbereiteten Anzeige betrifft der Bedeutungsinhalt der Äußerung „Du wirst doch nicht glauben, dass ich diese Anzeige weiterleite. Mach' damit, was Du willst!" keine entscheidende Tatsache (2; Z 5a).
Welche Feststellungen zur subjektiven Tatseite - zu 1 - der Beschwerdeführer konkret vermisst, macht er nicht deutlich (Z 9 lit a). Zu 2 aber geht die Rechtsrüge nicht von den getroffenen Feststellungen über einen von Rechtschädigungsvorsatz begleiteten wissentlichen Befugnismissbrauch des Angeklagten aus (vgl US 14 f). Zwar hat der Angeklagte - zu 1 - Wolfgang B***** keine Weisung erteilt und demnach das Verbrechen des versuchten Missbrauchs der Amtsgewalt nicht als unmittelbarer Täter nach § 12 erster Fall StGB verwirklicht, wohl aber den Gendarmeriebeamten B***** mit auf Schädigung des Staates an seinem Recht auf Strafverfolgung gerichtetem Vorsatz zu veranlassen versucht, eine nicht der Verdachtslage entsprechende Strafanzeige zu erstatten und - nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils - dabei gewusst (§ 5 Abs 3 StGB), dass dies einen vorsätzlich pflichtwidrigen Gebrauch der B***** eingeräumten Befugnis als Strafverfolgungsorgan (§§ 24, 84 StPO) dargestellt hätte (§§ 12 zweiter Fall, 14 Abs 1 zweiter Satz StGB), sodass sich amtswegiges Einschreiten nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO wegen der Gleichwertigkeit der beiden Beteiligungsformen erübrigt.
Da Nichtigkeit aus § 281a StPO nicht geltend gemacht wurde, kommt schließlich auch das beantragte Vorgehen nach § 288a StPO nicht in Betracht.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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