OGH 11Os22/06d

OGH11Os22/06d25.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dominik H***** wegen mehrerer, teils im Versuchsstadium (§ 15 StGB) gebliebener Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 2 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 3. November 2005, GZ 39 Hv 140/05x-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) mehrerer, teils im Versuchsstadium (§ 15 StGB) gebliebener Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 2 StGB (1) sowie (richtig:) mehrerer, teils im Versuchsstadium (§ 15 StGB) gebliebener Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er die am 17. Juli 1992 geborene Nina O*****

(1) außer dem Fall des § 206 StGB zur Vornahme geschlechtlicher Handlungen an sich selbst verleitet und dies versucht, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen, indem er sie, nachdem er via Internet und Webcam eine optische Verbindung hergestellt hatte, aufforderte,

a) im Zeitraum von März oder April 2005 bis Juni 2005 ihre entblößten Brustwarzen zu streicheln, welchem Ansinnen sie nachkam, und

b) am 4. Juni 2005, ihren Scheidenbereich zu streicheln, was sie ablehnte, sowie

(2) durch Drohung mit einer Verletzung an der Ehre zu Handlungen genötigt und zu nötigen versucht, nämlich

a) im Mai oder Juni 2005 durch die sinngemäße Ankündigung, er werde ihrem Vater von den zu 1a beschriebenen geschlechtlichen Handlungen erzählen, zum neuerlichen Darbieten ihrer entblößten Brust via Webcam sowie

b) am 15. Juni 2005 durch SMS-Nachrichten, nach denen er ihren Vater anrufen werde und sie zur Zeit gefährlich lebe, zur Kontaktaufnahme mit ihm, die aber nicht erfolgt ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), es würden „jegliche Feststellungen zur Qualität der über Webcam übermittelten Bilder sowie zur Dauer und Intensität der Handlungen von Nina O*****" fehlen (der Sache nach Z 9 lit a), lässt die Herstellung eines logischen Konnexes zwischen dem Gesetzeswortlaut und den begehrten Konstatierungen vermissen. Ebenso wenig wird die begründungslos vorgetragene Beschwerdebehauptung, die Feststellungen zum Schuldspruch 2 würden diesen nicht tragen, dem Erfordernis der gesetzeskonformen Darstellung des (inhaltlich) herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gerecht.

Mit dem Vorbringen, das Erstgericht begründe die Feststellungen zur subjektiven Tatseite bezüglich des Schuldspruchs 2 mit dem Verweis auf die lebensnahe Wertung des objektiven Tatherganges unzureichend, übergeht die Rüge die hiemit verknüpfte beweiswürdigende Bezugnahme auf das diesbezügliche Geständnis des Beschwerdeführers (US 7) und unterlässt solcherart die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) enthält keine Begründung für die Behauptung, die Drohung, dem Vater der bedrohten Person von dieser gesetztes unsittliches Verhalten mitzuteilen, sei nicht unter den Rechtsbegriff des § 74 Z 5 StGB zu subsumieren. Allein das Anführen einer höchstgerichtlichen Entscheidung reicht fallbezogen nicht hin, den herangezogenen Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig darzustellen, weil diesem Erkenntnis (EvBl 1979/79) ein vom gegenständlichen gänzlich unterschiedliches Tatsachensubstrat zugrunde liegt und die Beschwerde nicht ausführt, aus welchem Grund die dort angestellten rechtlichen Erwägungen auch hier Geltung haben sollen. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass als Verletzung an der Ehre jede Verminderung des Ansehens und der Achtung einer Person in den Augen der für sie maßgeblichen Umwelt zu verstehen ist (Jerabek in WK² § 74 Rz 31), weshalb Mitteilungen über (tatsächlich gesetztes) unsittliches Verhalten unmündiger Minderjähriger an deren Eltern geradezu typisch dem Ehrverletzungsbegriff des § 74 Z 5 StGB zu unterstellen sind. Auch der Einwand zum Tatbestandserfordernis der „begründeten Besorgnisse", der Beschwerdeführer hätte den Vater der Nina O***** aus Angst vor Verfolgung niemals tatsächlich kontaktiert, lässt die gebotene Ausrichtung am Gesetzeswortlaut vermissen, der diesbezüglich auf die Eignung, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, abstellt. Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass diese Eignung im Hinblick auf die gesetzlich gebotene Rücksichtnahme auf die Verhältnisse und die persönliche Beschaffenheit des Bedrohten bzw die Wichtigkeit des angedrohten Übels unter Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabs zu beurteilen ist (Jerabek in WK² § 74 Rz 33). Mit Blick auf das geringe Alter des Opfers sowie den (auf die Intimsphäre bezogenen) Inhalt des in Aussicht gestellten Übels ist dem Erstgericht auch in dieser Hinsicht kein - gegebenenfalls nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen wahrzunehmender - Rechtsfehler unterlaufen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte