OGH 13Os10/06d

OGH13Os10/06d5.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Jochen Dieter H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Oktober 2005, GZ 123 Hv 105/04v-56, sowie über seine Beschwerde gegen den Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Mag. Jochen Dieter H***** zu I. des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB sowie zu II. des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er in Wien mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem

Vorsatz

I. durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie die Zahlungsfähigkeit und Existenz der bereits wegen Abweisung von Konkursanträgen gelöschten Firma A***** GmbH, Nachstehende zu einem Verhalten, das diese in einem je 3.000 Euro übersteigenden Betrag schädigte, verleitet, nämlich

1. Ende April bis Anfang Mai 2003 Mitarbeiter der Firma Sasa M***** KEG zur Erbringung von Transportleistungen im Wert von 6.494,40 Euro,

2. im Mai 2003 Mitarbeiter der D***** GmbH zur Erbringung von Tischlerarbeiten im Wert von 12.442,40 Euro,

3. im April und Mai 2004

a) Mitarbeiter der Firma DA*****, Rainer H*****, zur Lieferung und Montage eines EDV-Netzwerkes im Wert von 13.565,48 Euro,

b) Mitarbeiter der Firma V***** GmbH zur Erbringung von Dienstleistungen im Wert von 10.857,60 Euro;

II. Ende des Jahres 2003 sich ein im anvertrautes Gut, nämlich die auf dem Sparbuch erliegende Mietkaution der Mag. Ran C***** in Höhe von 3.640 Euro dadurch zugeeignet, dass er den Betrag vom Sparbuch behob und in sein Vermögen überführte.

Rechtliche Beurteilung

Die auf Z 4, 5, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen dem aus Z 4 erhobenen Beschwerdevorbringen wurde der Antrag „auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis dafür, dass - hinsichtlich der Lieferungen der Computeranlage - die Datensicherung nach wie vor nicht in Ordnung ist und auch noch nie in Ordnung war und überdies die 3 PCs nicht funktionieren und daher die Rechnung nicht fällig ist", zu Recht abgewiesen. Angesichts des Umstandes, dass allfällige Mängel zum Zeitpunkt der Übergabe in keiner Weise dokumentiert wurden (S 125, 165/II) und die EDV-Anlage ein Jahr auch benutzt wurde, hätte es nämlich eines Vorbringens bedurft, warum ein Sachverständiger - eines im Übrigen nicht näher konkretisierten Fachgebietes - über die Funktionsfähigkeit der EDV-Anlage und die Ordnungsgemäßheit der Datensicherung zum Zeitpunkt April/Mai 2004 Auskunft geben könnte (Kirchbacher, WK-StPO § 246 Rz 18; Ratz, aaO § 281 Rz 330).

Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5 zweiter Fall) erblickt der Angeklagte darin, dass sich die Tatrichter nicht mit seiner Verantwortung auseinandergesetzt hätten, übergeht dabei aber die diesbezüglichen eingehenden Erörterungen in der Beweiswürdigung (US 10 f). Gleiches gilt für die als übergangen reklamierte Aussage des Zeugen M***** (US 10 letzter Abs, 11 erster Abs). Als nicht bzw offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) rügt der Angeklagte die Feststellungen der Tatrichter zur Funktionsfähigkeit der EDV-Anlage nach Abschluss der Installationsarbeiten und zum Vorliegen der subjektiven Tatseite. Tatsächlich aber hat das Erstgericht seine Konstatierungen zur Funktionsfähigkeit der EDV-Anlage auf die als glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugen H***** und K***** (US 10; AS 163 ff und 171 ff/Bd II) gegründet und das Vorliegen der inneren Tatseite formal einwandfrei aus dem äußeren Tatgeschehen, der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten, die zum Zeitpunkt der Bestellungen von noch anhängigen Insolvenzverfahren geprägt war, und seinen daraus resultierenden finanziellen Schwierigkeiten abgeleitet (US 10). Die in der Beschwerde hiezu angestellten Erwägungen bekämpfen in Wahrheit nur in unzulässiger Weise nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Dies trifft ebenso - wie schon die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz erweist - auf das zu Urteilsfaktum II. erstattete Vorbringen zum behaupteten Vorhandensein eines präsenten Deckungsfonds zu. Schließlich kann auch keine Widersprüchlichkeit (Z 5 dritter Fall) darin erkannt werden, dass die Tatrichter einerseits in Bezug auf den vorgebrachten präsenten Deckungsfonds (II.) nicht feststellen konnten, dass der Angeklagte nach dem Zeitpunkt der Zueignung des Sparbuchbetrages jederzeit über einen Betrag in dieser Höhe verfügen konnte und er auch Willens war, diesen rückzuerstatten, und er andererseits nach den Urteilsannahmen den Betrag im Zuge der Hauptverhandlung an Mag. C***** zurück gab, sind diese Aussagen nach den Denkgesetzen doch schon wegen der zwischen Zueignung und Rückzahlung verstrichenen Zeit nicht unvereinbar (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439).

Gegenstand der Rechtsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (WK-StPO § 281 Rz 581). Indem die Rüge aber urteilskonträr einen Schadenseintritt bei der M***** KEG bestreitet und zu Urteilsfaktum II. das Vorhandensein eines präsenten Deckungsfonds behauptet, lässt sie die notwendige Orientierung am Urteilssubstrat vermissen und verfehlt so die prozessordnungsgemäße Darstellung.

Das Vorbringen, das Erstgericht habe keine Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung durch den Angeklagten getroffen, übergeht die diesbezüglichen Urteilsannahmen (US 8). Insoweit mit dem Hinweis auf den „substanzlosen Gebrauch der verba legalia" der Sache nach aber ein Begründungsmangel geltend gemacht werden soll, ist der Beschwerdeführer auf die eingehende Begründung der inneren Tatseite durch die Tatrichter zu verweisen (US 10).

Unter Hinweis auf die Begleichung der Rechnung der D***** GmbH (Faktum I./2.) unmittelbar vor der fortgesetzten Hauptverhandlung am 29. Juni 2005 reklamiert der Angeklagte den Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue für sich (Z 9 lit b), ohne aber darzulegen, warum tätige Reue entgegen dem Wortlaut des § 167 Abs 2 StGB („bevor die Behörde [§ 151 Abs 3] von seinem Verschulden erfahren hat") auch noch im Stadium der Hauptverhandlung möglich sein sollte. Solcherart verfehlt die Beschwerde aber die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen (WK-StPO § 281 Rz 588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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