Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung beendigungsabhängiger Ansprüche sowie die Feststellung künftiger Pensionsansprüche. Er brachte vor, bei der Sparkasse M***** - und nach deren Verschmelzung mit der Beklagten, bei dieser - zuletzt als Mitglied des Vorstands, beschäftigt gewesen zu sein. Das Vertragsverhältnis mit der Beklagten habe durch unberechtigte Entlassung geendet. Zur Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht brachte der Kläger vor, dass einerseits dessen sachliche Zuständigkeit vereinbart worden sei. Zum anderen sei sein Vertragsverhältnis auch arbeitnehmerähnlich gewesen. Hiezu führte er unter anderem aus, dass ausdrücklich die Anwendung des Angestelltengesetzes vereinbart worden sei, dass er hauptberuflich ausschließlich für die Beklagte habe tätig sein müssen und ihm jede andere selbständige oder unselbständige Tätigkeit ohne Zustimmung des Aufsichtsrats untersagt gewesen sei, dass er an den ihm zugewiesenen Arbeitsort in der Bank und ausdrücklich an die kollektivvertragliche Arbeitszeit gebunden und verpflichtet gewesen sei, Überstundenaufzeichnungen zu führen, weil Überstunden sonst nicht bezahlt worden wären. Auch habe er ausschließlich mit Betriebsmitteln der Beklagten gearbeitet habe.
Die Beklagte wendete die sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, in eventu stellte sie den Antrag, gemäß § 37 Abs 3 ASGG auszusprechen, dass das Verfahren durch einen Einzelrichter ohne fachkundige Laienrichter durchzuführen sei. Es sei endgültig geklärt, dass Vorstandsmitglieder mit Sicherheit weder abhängige Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Personen seien. In Arbeits- und Sozialrechtssachen könne eine Gerichtsstandsvereinbarung nur für bestimmte Rechtsstreitigkeiten getroffen werden; selbst bei Bejahung der Möglichkeit einer Zuständigkeitsverschiebung müsse aber in der für allgemeine Streitsachen geltenden Gerichtsbesetzung entschieden werden.
Das Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht sprach mit Beschluss aus, dass das gegenständliche Verfahren in der Besetzung gemäß § 7a Abs 1 JN fortzuführen ist. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die Arbeits- und Sozialgerichte grundsätzlich für Streitigkeiten aus der Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds nicht zuständig seien. Inhalt der vorliegenden Gerichtsstandvereinbarung sei nicht nur die Festlegung einer sachlichen Zuständigkeit, sondern auch die Änderung der Besetzung desselben Gerichtshofs. Dies sei nicht möglich.
Das Rekursgericht änderte den vom Kläger angefochtenen Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es aussprach, dass das Verfahren in der Gerichtsbesetzung nach § 11 ASGG fortzuführen sei. Es vertrat wie das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass auch durch die ausdrückliche Vereinbarung der sachlichen Zuständigkeit eines Gerichtshofs als Arbeits- und Sozialgericht nicht die Gerichtsbesetzung gemäß § 11 ASGG herbeigeführt werden könne. Jedoch sei im vorliegenden Fall eine Ausnahme vom Grundsatz zu machen, dass Streitigkeiten zwischen Vorstandsmitgliedern und der von ihnen vertretenen Aktiengesellschaft nicht in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte fielen. Eine solche Ausnahme werde von der Judikatur (9 ObA 2044/96w; 9 ObA 2003/96s = SZ 69/103) dann anerkannt, wenn die wirtschaftliche Abhängigkeit des Vorstandsmitglieds über das übliche Maß hinausgehe. Angesichts der ausdrücklichen Vereinbarung der Anwendbarkeit des Angestelltengesetzes, einer vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit, die genau derjenigen der übrigen Angestellten entsprochen habe und der Notwendigkeit, die Tätigkeit grundsätzlich in den Räumen und mit den Betriebsmitteln der Beklagten zu verrichten, habe das Anstellungsverhältnis des Klägers wesentlich mehr Ähnlichkeit mit dem eines leitenden Angestellten gehabt als mit der Stellung eines Organs, das Beschränkungen seiner Arbeitseinteilung und der persönlichen Gestaltung seines Arbeitsplatzes ebenso wenig treffen wie die Dienstnehmerpflichten nach dem Angestelltengesetz. Da insgesamt die Merkmale der Arbeitnehmerähnlichkeit überwiegen, liege eine Arbeitsrechtssache nach § 50, 51 Abs 3 Z 2 ASGG vor, sodass die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofs als Arbeits- und Sozialgericht schon aus diesem Grund zu bejahen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob durch die ausdrückliche Vereinbarung der sachlichen Zuständigkeit eines Landesgerichts als Arbeits- und Sozialgericht wirksam auch die Gerichtsbesetzung mit einem Senat gemäß § 11 ASGG für eine Rechtssache, die ansonsten in die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte fiele, vereinbart werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Zur Frage, ob die Gerichtsbesetzung durch Vereinbarung der Parteien geändert werden kann, vermag die Revisionsrekurswerberin nur auf den auch ihrer Meinung nach richtigen, ablehnenden Standpunkt des Rekursgerichts zu verweisen. Darin kann schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage liegen, weil das bloße Vertreten derselben Rechtsansicht wie das Rekursgericht zu keiner Korrektur der rechtlichen Beurteilung führen könnte (RIS-Justiz RS0107971). Darüber hinaus kommt es aber auf diese Frage auch gar nicht mehr an, wenn man schon die gesetzliche Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichts als Arbeits- und Sozialgericht annimmt. Dies hat das Rekursgericht mit vertretbarer Rechtsauffassung getan. Auch das Rekursgericht geht von der Judikatur aus, nach der Vorstandsmitglieder in keinem Angestelltenverhältnis stehen (SZ 69/103). Zutreffend verweist es jedoch auf die Rechtsprechung, dass auch Vorstandsmitglieder ausnahmsweise in arbeitnehmerähnlichen Vertragsverhältnissen stehen können, was für die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte nach § 51 Abs 3 Z 2 ASGG ausreicht (RIS-Justiz RS0072826; RS0085501). Insbesondere die - gar nicht bestrittenen - vertraglichen Verpflichtungen des Klägers zur Einhaltung der kollektivvertraglichen Arbeitszeit, der Führung von Überstundenaufzeichnungen, der Verrichtung der Tätigkeit in den Räumen der Beklagten und die mehrfachen Hinweise auf die keineswegs nur subsidiäre Geltung des Angestelltengesetzes lassen die Auffassung des Rekursgerichts für vertretbar erscheinen, dass hier, trotz des Bestehens auch anderer, gegen eine Arbeitnehmerähnlichkeit sprechender Elemente, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung letztlich die Arbeitnehmerähnlichkeit überwiegt.
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