OGH 15Os142/05d

OGH15Os142/05d16.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helga F***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1, Abs 3 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. September 2005, GZ 7 Hv 170/05i-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helga F***** vom Vorwurf, sie habe als Geschäftsführerin der Firma R***** GmbH in Graz vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, indem sie die Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 in der Höhe von insgesamt 618.569,73 Euro nicht entrichtete, bewirkt, dass Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden konnten, und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (und Abs 3 lit a) FinStrG begangen, gemäß § 214 Abs 1 FinStrG freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verfehlt ihr Ziel.

Entgegen dem Vorwurf von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) wurde in den Entscheidungsgründen des Urteils nicht eine Aussage der Angeklagten unrichtig zitiert, sondern ersichtlich eine zusammenfassende Wertung ihrer Angaben unternommen, indem die Tatrichter anführten, dass sie „eine Umsatzsteuerverkürzung nicht für möglich gehalten und sich damit auch nicht abgefunden hatte" (US 5). Die im Rahmen der Beweiswürdigung gezogenen Schlüsse sind aber nicht Gegenstand des geltend gemachten Begründungsmangels; aktenwidrig ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467). Dies ist hier nicht der Fall.

Eine „offenbar unzureichende" Begründung erblickt die Staatsanwaltschaft darin, dass im Urteil die Erörterung von Widersprüchen in Aussagen der Angeklagten unterblieben sei. Demnach habe sie einerseits während ihrer Tätigkeit von 1986 bis 1990 als Schreibkraft bei der Vorgänger-Firma auch das Kassabuch geführt (S 49), sei über die geschäftlichen Aktivitäten der R***** GmbH informiert gewesen (S 51 und 53) und habe die Abwicklung als „eigentlich relativ ordnungsgemäß" betrachtet (S 51), sich aber andererseits nicht um die Buchführung und die Finanzen des Unternehmens gekümmert (S 49 und 222).

Mit diesem Vorbringen wird weder eine offenbar unzureichende (Z 5 vierter Fall) noch eine unvollständige Begründung (Z 5 zweiter Fall) aufgezeigt. Der aus den Aussagen der Angeklagten ableitbare Hinweis, dass sie bloß rudimentären Einblick in die Geschäftsgebarung der Gesellschaft hatte, steht nicht in Widerspruch zu den Feststellungen der Tatrichter über die Funktion der Angeklagten als Sekretärin und deren Vertrauen auf die ordnungsgemäße Erledigung der inkriminierten Angelegenheiten durch die tatsächlichen Geschäftsführer (US 4) und war daher nicht geeignet, die dem Schöffengericht durch die Gesamtheit der übrigen Verfahrensergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache - nämlich der subjektiven Tatseite - maßgebend zu verändern (vgl WK-StPO § 281 Rz 409).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) lässt offen, welche Feststellungen „unter dem Aspekt des § 2 StGB" von der Beschwerdeführerin vermisst werden und welche - von der des Erstgerichts (US 7) verschiedene - rechtliche Konsequenz daraus abzuleiten wäre.

Soweit die Staatsanwaltschaft dem Erstgericht noch vorwirft, keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen zu haben, übergeht sie die dazu im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu findenden Konstatierungen (US 7).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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