Spruch:
Der Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache durch das Bezirksgericht Josefstadt an das Bezirksgericht Wels wird die Genehmigung versagt.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Minderjährigen sind die ehelichen Kinder der Rita H***** (A*****) und des Bernhard H*****.
Die Pflegschaftssache wurde am 10. 8. 1999 beim Bezirksgericht Wels anhängig, als die Mutter im Namen der Kinder einen Unterhaltsfestsetzungsantrag stellte. Damals lebten die Minderjährigen mit ihrer Mutter im Sprengel des Bezirksgerichts Wels. Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 4. 11. 1999 rechtskräftig geschieden. Der Mutter kommt die alleinige Obsorge für die Minderjährigen zu. Nachdem die Minderjährigen mit ihrer Mutter nach Wien gezogen waren, übertrug das Bezirksgericht Wels über Antrag der Mutter mit Beschluss vom 20. 3. 2003 die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Josefstadt. Dieses übernahm mit Beschluss vom 1. 4. 2003 die Zuständigkeit.
Am 30. 8. 2005 gab die Mutter dem Bezirksgericht Josefstadt bekannt, sie werde mit ihren Kindern ab 30. 8. 2005 in Kairo leben. Der Vater wohnt im Sprengel des Bezirksgerichts Wels.
Mit der Begründung, die Kinder hielten sich jetzt gemeinsam mit der Mutter ständig in Kairo auf und der Vater wohne in Wels, übertrug das Bezirksgericht Josefstadt mit Beschluss vom 20. 10. 2005 die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Wels.
Das Bezirksgericht Wels verweigerte die Übernahme der Zuständigkeit. Das übertragende Gericht legte aufgrund dieser Weigerung den Akt dem Obersten Gerichtshof als gemeinsam übergeordneten Gericht zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor, nachdem der Übertragungsbeschluss der Mutter und dem Vater der Minderjährigen zugestellt worden und unbekämpft geblieben war.
Die Genehmigung einer Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 Abs 2 JN hat nur zu erfolgen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen zweckmäßig erscheint. Dies trifft dann zu, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Wiederholt sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus, das in einem Fall wie dem vorliegenden, also wenn Mutter und Kind(er) sich ständig im Ausland aufhalten und der Vater in einem anderen inländischen Gerichtssprengel wohnt, durch eine Zuständigkeitsübertragung gemäß § 111 Abs 1 JN die Interessen der Minderjährigen nicht gefördert werden (7 Nd 516/01 mwN; RIS-Justiz RS0046967). Der Umstand, dass der Vater von Minderjährigen, die - wie hier - mit ihrer Mutter, der die elterlichen Rechte allein zustehen, ständig im Ausland wohnen, im Sprengel eines inländischen Gerichtes wohnt, lässt eine Übertragung an das andere Gericht nur im Interesse des Vaters erscheinen. Auch im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, warum dem Wohl der auf Dauer im Ausland aufhältigen Kinder besser gedient sein sollte, wenn die Pflegschaftssache am Wohnsitz des Vaters, dem die Obsorge nicht zusteht, geführt werden soll. Es fehlen daher die Voraussetzungen des § 111 Abs 1 JN für eine Übertragung der Pflegschaft.
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