Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin 1028,70 EUR (darin enthalten 171,45 EUR USt) an anteiligen Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war vom 16. 7. 1968 bis 15. 2. 2003 als Angestellte bei einer GmbH beschäftigt. Über das Vermögen der Dienstgeberin der Klägerin wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien am 14. 11. 2002 der Konkurs eröffnet. Das Dienstverhältnis der Klägerin endete durch Austritt gemäß § 25 KO.
Die Klägerin beantragte Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von 176.310,24 EUR als Pensionsabfindung bei der Beklagten. Sie meldete diese Ansprüche auch im Konkurs an.
Mit Bescheid vom 19. 3. 2004 erkannte die Beklagte der Klägerin Insolvenz-Ausfallgeld aus dem Titel der Pensionsabfindung in Höhe von
27.928 EUR zu.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 3. 11. 2004 wurde die Zahlung einer weiteren Pensionsabfindung in Höhe von 148.382,24 EUR abgelehnt. Die Beklagte begründete diesen Bescheid damit, dass die Klägerin ihre Forderung auf eine Pensionszusage der nunmehrigen Gemeinschuldnerin vom 30. 11. 1966 stütze. Die Klägerin sei aufgrund langer Versicherungsdauer 2001 vorzeitig in Pension gegangen. (Diese Bescheidbegründung steht im Widerspruch zu der oben wiedergegebenen Feststellung der Vorinstanzen, das Dienstverhältnis habe am 15. 2. 2003 durch Austritt gemäß § 25 KO geendet). Der Klägerin stehe gemäß § 3d Abs 1 IESG lediglich der durch ein versicherungsmathematisches Gutachten ermittelte Bruttobetrag von 31.736,88 EUR, der einem Nettobetrag von 27.928 EUR entspreche, zu. Unter Anwendung des § 3d IESG sei das Mehrbegehren von 148.382,24 EUR netto abzuweisen. Die Klägerin begehrt 148.382,24 EUR netto an Insolvenz-Ausfallgeld für Pensionsabfindung. Die versicherungsmathematische Berechnung der Pensionsansprüche der Klägerin ergebe einen ihr zustehenden Barwert von 176.310,24 EUR, davon habe die Beklagte nur 27.928 EUR anerkannt.
§ 3d IESG, auf den sich die Beklagte zur Begründung ihres Bescheides berufen habe, widerspreche der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. 10. 1980 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (in der Folge immer: InsolvenzRL). Art 8 der InsolvenzRL lasse eine Einschränkung der Pensionsabfindungsansprüche, wie sie das IESG vorsehe, nicht zu. Art 8 RL sei für eine unmittelbare Anwendung ausreichend konkret formuliert. Der Klägerin gebühre daher der versicherungsmathematische Wert der Pensionsabfindung.
Die Beklagte wendet ein, dass der Anspruch der Klägerin deshalb ausschließlich nach § 3d IESG zu beurteilen sei, weil Art 8 der InsolvenzRL für eine unmittelbare Anwendung nicht ausreichend konkretisiert sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Klägerin stehe lediglich die - bereits zuerkannte - Einmalzahlung (vom Erstgericht nicht näher präzisiert) in Höhe von 12 Monatsbeträgen zu. Aus Art 4 der InsolvenzRL sei abzuleiten, dass die Mitgliedsstaaten die Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen sowohl in zeitlicher als auch in betraglicher Hinsicht begrenzen könnten. § 3d IESG sei daher richtlinienkonform.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht dazu Stellung genommen habe, ob Art 8 der InsolvenzRL unmittelbar anwendbar sei. Inhaltlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass es einer Auseinandersetzung damit, ob § 3d IESG europarechtskonform sei - was von beachtlichen Teilen der österreichischen Lehre verneint werde - nicht bedürfe: Selbst wenn nämlich Europarechtswidrigkeit des § 3d IESG zu bejahen wäre, wäre für die Klägerin nichts gewonnen:
Voraussetzung für eine unmittelbare Wirksamkeit des Art 8 der InsolvenzRL wäre, dass Art 8 der InsolvenzRL für eine individuelle Anwendung zureichend bestimmt sei und den Mitgliedsstaaten keinen besonderen Ermessensspielraum gewähre. Art 8 der InsolvenzRL spreche jedoch lediglich von der Durchführung „notwendiger Maßnahmen". Weder ergebe sich eine Mindestsicherung der Ansprüche aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen, noch lasse sich hinreichend klar ableiten, ob das durch Art 5 der InsolvenzRL vorgegebene Schutzniveau auch im Zusammenhang mit Art 8 der InsolvenzRL maßgeblich sei. Die Klägerin könne daher ihre Ansprüche nur auf das IESG stützen. Dass nach der innerstaatlichen Rechtslage berechtigte Ansprüche der Klägerin nicht befriedigt worden seien, habe sie nicht vorgebracht. Unabhängig davon, ob - was in erster Instanz nicht geklärt worden sei - die Klägerin überhaupt bereits zum Stichtag einen Anspruch auf Zahlung einer Pension gehabt habe, bestehe daher das Klagebegehren nicht zu Recht.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Im Revisionsverfahren geht die Klägerin davon aus, dass der Tatbestand des § 3d Abs 2 IESG verwirklicht sei. Danach gebührt als Insolvenz-Ausfallgeld für nach dem Stichtag gebührende Leistungen ausschließlich eine einmalige Zahlung von 12 Monatsbeträgen, wenn am Stichtag Anspruch auf Leistung einer Pension aus einer Leistungszusage besteht, die nicht dem BPG unterliegt. Ebenso unstrittig ist, dass die Beklagte diese sich aus § 3d Abs 2 IESG gebührende Leistung bereits zuerkannte, wobei der Klägerin tatsächlich Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von 24 Monatsbeträgen (also in der § 3d Abs 1 Z 1 IESG entsprechenden Höhe) gewährt wurde (geschützte Jahrespension der Klägerin 15.868,44; von der Beklagten zuerkannter Betrag 31.736,88 brutto = Nettoauszahlungsbetrag 27.928 EUR; siehe S 7 der Entscheidung des Berufungsgerichtes). In der Revision hält die Klägerin allerdings an ihrem bereits in erster Instanz vertretenen Standpunkt fest, dass § 3d Abs 2 IESG dem Art 8 der InsolvenzRL widerspreche.
Art 8 der InsolvenzRL - dessen Inhalt durch die RL 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der InsolvenzRL (ÄRL vom 23. 9. 2002) nicht geändert wurde - ist systematisch in Abschnitt III der InsolvenzRL „Vorschriften über die soziale Sicherheit" eingeordnet und lautet: „Die Mitgliedsstaaten vergewissern sich, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden."
Art 8 bezieht somit in den Schutz der RL Ruhegelder, Ruhegeldanwartschaften und Leistungen der Hinterbliebenenversorgung aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen ein. Trotz der systematischen Einordnung bei den Vorschriften über die soziale Sicherheit betrifft Art 8 nur Leistungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit (Weber, Sicherung des Arbeitsentgelts bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in Ötker/Preis, EAS Teil B 3300 Rdnr 22, 46).
In der Lehre werden zur Umsetzung der InsolvenzRL im Allgemeinen und der hier anzuwendenden Vorschrift des § 3d IESG im Besonderen folgende Auffassungen vertreten:
Binder (in Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 5: Arbeitsrecht 206 f) erachtet die Verkürzung der Betriebspensionsansprüche auf 12 bzw 24 Monatsbeträge für ebenso problematisch wie den Umstand (s. dazu Liebeg, IESG² § 3d Rz 11 f; Holzer/Reissner/Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4, 270), dass bloße Anwartschaften auf Pensionsansprüche, die nicht dem BPG unterliegen, nach dem IESG nicht gesichert sind. Er verweist allerdings ausdrücklich darauf, dass aus Art 8 der InsolvenzRL nicht ableitbar ist, welcher Art die von den Mitgliedsstaaten getroffenen Maßnahmen zu sein haben. Eine volle Erhaltung bestehender Anwartschaften und Ansprüche könne als zu weitgehend nicht vertreten werden.
Wolliger (Arbeitnehmeransprüche bei Arbeitgeberinsolvenz nach EGund österreichischem Recht, 200) hegt ebenfalls Bedenken gegen die Richtlinienkonformität: Die InsolvenzRL verlange einen uneingeschränkten Mindestschutz und nicht bloß einmalige Abschlagszahlungen.
Weinmeier (Freizügigkeit und Sozialpolitik im EWR und ihre Umsetzung im österreichischen Recht, 105 f) befasst sich mit der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 3d IESG durch BGBl I 1997/107 und hält die Europarechtskonformität der Regelungen des IESG vor der Novelle BGBl I 1997/107 für ungeklärt.
Holzer/Reissner/Schwarz (aaO 272f) erachten, dass eine Beschränkung der Sicherung durch bloße Abschlagszahlungen von 24 bzw 12 Monatsbeträgen wohl kaum als Art 8 InsolvenzRL entsprechend angesehen werden könne.
Weber (aaO Rdnr 46 - 48) befasst sich mit der Reichweite des durch Art 8 gebotenen Schutzes im Allgemeinen und sieht diese als schwer bestimmbar an. Die RL spreche nur allgemein von notwendigen Schutzmaßnahmen, ohne vergleichbare Konkretisierungen wie in Art 3 - 5 vorzunehmen. Nur auf den ersten Blick biete sich hinsichtlich des Schutzumfanges ein einfacher Umkehrschluss etwa in der Weise an, dass der Schutz von Ruhegeldansprüchen und Anwartschaften nicht zeitlich oder summenmäßig begrenzt werden dürfe, weil in Art 8 eine entsprechende Regelung wie in Art 4 fehle. Angesichts der offenen Fassung des Art 8 wäre diese Argumentation nicht zwingend. Da allerdings Art 8 vor allem aus dem aktiven Leben bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer schütze, dürfte dennoch eine zeitliche Begrenzung der Ruhegeldzahlungen durch die Garantieeinrichtung mit der Zielrichtung der RL nicht vereinbar sein. Andererseits lasse sich durchaus auch dann noch von „Schutz" der Ruhegelder und Anwartschaften sprechen, wenn sie für die Zukunft nicht in vollem Umfang aufrechterhalten blieben, sondern höhenmäßig begrenzt würden. Ebenso wie den Schutzumfang lasse die RL auch offen, wie der Insolvenzschutz im Einzelnen realisiert werden solle. Die zur Entgeltsicherung vorgeschriebenen Vorkehrungen würden sowohl nach Wortlaut und Systematik nicht greifen. Die Schaffung unabhängiger Garantieeinrichtungen im Sinne des Art 5 sei nicht zwingend vorgeschrieben. Andererseits zeigten die in Art 5 genannten Kriterien, dass ein effektiver Insolvenzschutz nur dann gewährleistet sei, wenn der zur Sicherung von Ruhegeldansprüchen verpflichtete Schuldner durch die Insolvenz des Arbeitgebers in seiner Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden könne. Auch die Unabhängigkeit der Leistungspflicht von der Erfüllung einer Beitragspflicht des Arbeitgebers dürfte unabdingbar sein. Letztlich dürfte damit das durch Art 5 vorgegebene Schutzniveau auch hier maßgeblich sein.
In der Argumentation über die Europarechtskonformität des § 3d IESG darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass - betrachtet man die den Arbeitnehmern nach der InsolvenzRL zustehenden Mindestansprüche als Einheit - auch beachtliche Gründe für die Bejahung der Europarechtskonformität gegeben (s. dazu auch Piffl-Pavelec, Arbeitsrecht in der EU, D 1.3/6f) sind: So sieht etwa Art 4 der RL die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vor, die in Art 3 vorgesehene Zahlungspflicht zu begrenzen. Wenngleich diese Begrenzungsmöglichkeit ihrer systematischen Einordnung nach nicht auf die in Art 8 angesprochenen Maßnahmen anzuwenden ist, spricht doch die Möglichkeit der Begrenzung der Ansprüche auf laufendes Entgelt auf eine Mindestsicherung von drei Monaten ebenso wie die Möglichkeit, Höchstgrenzen einzuführen (Art 4 Abs 3 InsolvenzRL) dafür, dass die Art 8 der InsolvenzRL unterliegenden Maßnahmen keine unbegrenzte Zahlungspflicht vorsehen müssen. Auch die Sicherung von Abfindungen, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach innerstaatlichem Recht vorgesehen sind, wurde etwa erst durch die ÄRL vom 23. 9. 2002 erforderlich.
Verneint man die Möglichkeit, entsprechende zeitliche und vor allem betragliche Begrenzungen für Betriebspensionsansprüche zu normieren, bedeutete das einen Wertungswiderspruch, der der InsolvenzRL nicht zu unterstellen ist: Das laufende Entgelt - dessen Sicherung ebenso wie die Sicherung von Pensionsansprüchen und Pensionsanwartschaften der Abwehr eines existenzbedrohenden Verdienstausfalls dient - unterliegt zulässigerweise (Art 4 Abs 3 der InsolvenzRL) einer betraglichen Beschränkung bis zum zweifachen Betrag der Höchstbeitragsgrundlage (§1 Abs 4 IESG) und einer ebenfalls zulässigen (Art 3 Abs 2 der InsolvenzRL) zeitlichen Limitierung (§ 3a IESG). Der Schutzbedürftigkeit des bereits in Pension befindlichen ausgeschiedenen Arbeitnehmers trägt § 3d IESG dadurch Rechnung, dass - im Unterschied zu den laufenden Entgeltansprüchen - eine im Regelfall 24 Monatsbeträge (nur bei nicht dem BPG unterliegenden Ansprüchen 12 Monatsbeträge) umfassende Sicherung bestehender Leistungsansprüche gewährt wird.
Die Notwendigkeit einer zeitlich und betraglich unbegrenzten Gesamtsicherung der dem Art 8 der InsolvenzRL unterliegenden Ansprüche ist daher bei einer Gesamtbetrachtung der nach der InsolvenzRL erforderlichen Maßnahmen nicht erkennbar. Dort, wo ein umfassender, unbegrenzter Schutz zu gewähren ist, wird das von der InsolvenzRL klar angesprochen: So ergibt sich etwa aus der Formulierung des Art 7 der InsolvenzRL, dass in Ansehung der vom Arbeitgeber vor der Zahlungsunfähigkeit geschuldeten Pflichtbeiträge zu den gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit Sicherungsmaßnahmen vorzusehen sind, die gewärtigen, dass für den Arbeitnehmer durch die Nichtzahlung keine Nachteile entstehen. Eine entsprechende Formulierung enthält Art 8 der InsolvenzRL nicht. Vor allem aber ist zu beachten, dass die Mitgliedsstaaten unterschiedliche gesetzliche Pensionssysteme etabliert haben. Das Schutzniveau wird daher auch im Hinblick auf die Sicherung von Ruhegeldansprüchen bzw Ruhegeldanwartschaften umso höher sein müssen, je mehr der betroffene Arbeitnehmer nach den Regelungen seines Mitgliedsstaates von betrieblichen Ruhegeldansprüchen sozial abhängig ist. Von der Ausgestaltung des gesetzlichen Pensionssystems wird daher auch entscheidend abhängen, welche konkreten Maßnahmen zur Sicherung von Ruhegeldansprüchen und Ruhegeldanwartschaften in einem bestimmten Mitgliedstaat notwendig sind. Im Hinblick auf das in Österreich in Geltung stehende gesetzliche Pensionssystem scheinen die Beschränkungen des § 3d IESG nicht jedenfalls unangemessen: Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo im Bereich der Sozialversicherung oft von der Pflichtversicherung abgegangen wird und (wenn überhaupt) oft nur eine Privatsversicherungspflicht besteht, ist Österreich in diesem Bereich durchgängig vom Prinzip der Pflichtversicherung geprägt. Die in Österreich als „erste Säule" der Alterssicherung etablierte umlagenfinanzierte gesetzliche Pension gewährt - insbesondere im Zusammenhang mit den Regelungen über die Ausgleichszulage - eine gesetzliche Mindestsicherung in der Altersversorgung (Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht Rz 11,24,41). Die Pensionshöhe hängt vom versicherten Einkommen (Bemessungsgrundlage) und der Versicherungsdauer ab. Die Bemessungsgrundlage orientiert sich somit am tatsächlichen Verdienst, soweit er nicht über der Höchstbeitragsgrundlage liegt. Damit gewährt das gesetzliche Pensionsversicherungssystem im Regelfall ohnedies eine in ihrer Höhe am konkreten Arbeitseinkommen orientierte Pension. Betriebspensionszahlungen stellen somit im Regelfall nur zusätzliches Entgelt dar, das über die die Existenz sichernde gesetzlichen Pension hinaus gewährt wird.
Damit zeigt sich aber auch, dass die in Art 8 der InsolvenzRL angesprochenen „notwendigen Maßnahmen" den Mitgliedsstaaten einen relativ weiten Spielraum der Umsetzung überlassen. „Notwendige Maßnahmen" werden, abhängig von der sozialen Notwendigkeit, betriebliche Ruhegeldansprüche zu sichern, von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat verschieden sein.
Daraus ergibt sich, dass unabhängig von der Frage der Richtlinienkonformität des § 3d IESG mit Art 8 der InsolvenzRL, die daher hier auch nicht abschließend zu behandeln ist, eine ausreichende Bestimmtheit des Art 8 InsolvenzRL als Voraussetzung für eine unmittelbare Wirkung zu verneinen ist: Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne, wenn die Bestimmungen einer RL inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, vor dem nationalen Gericht gegenüber dem Staat auf diese Bestimmung berufen, wenn der Staat die RL nicht fristgemäß oder unrichtig in nationales Recht umgesetzt hat. Eine Gemeinschaftsbestimmung ist dann unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet, die weder an eine Bedingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung und Wirksamkeit einer Maßnahme der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedsstaaten bedarf, und sie ist hinreichend genau, wenn sie unzweideutig eine Verpflichtung begründet (C-236/92 - Comitato di Coordinamento per la difesa della Cava;C-389/95 - Klattner; C-157/02 - Asfinag uva). In der Entscheidung C-6/90 („Frankovich I") erkannte der EuGH im Zusammenhang mit Art 3, 4 InsolvenzRL, dass der von der RL begünstigte Personenkreis ebenso wie der grundsätzliche Inhalt der Garantie unbedingt und genau bestimmt sei. Hinsichtlich des begünstigten Personenkreises ergebe sich das aus dem Verweis auf das nationale Recht. Hinsichtlich des Inhalts der Garantie sei trotz eines gewissen Regelungsspielraums der Mitgliedsstaaten bei deren Festsetzung und Begrenzung jedenfalls ein Mindestgarantiebetrag unmittelbar aus der RL zu ermitteln. Die RL regle aber nicht verbindlich, wer Schuldner des Garantieanspruchs sei. Einrichtung und Ausgestaltung der Garantieeinrichtungen sei den Mitgliedsstaaten überlassen. Auch in der Rechtssache C-334/92 (Miret) sprach der EuGH aus, dass Art 3 Abs 1 der RL die Mitgliedsstaaten zwar zwinge, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, aber keine Verpflichtung bestehe, eine einzige Garantieeinrichtung für alle Gruppen von Arbeitnehmern zu schaffen.
Richtig ist - worauf die Revision verweist - dass der EuGH in der ebenfalls die InsolvenzRL betreffenden Rechtssache C-201/01 (Walcher) im Zusammenhang mit Entgeltansprüchen von Gesellschafter-Arbeitnehmern erkannte, dass sich aus Art 4 Abs 2 der InsolvenzRL eine europarechtliche Mindestsicherung von Entgeltansprüchen ergebe. In diesem Sinn hat der erkennende Senat (8 ObS 16/03s) gegenüber der auch hier Beklagten die aus europarechtlicher Sicht gesicherten Entgeltansprüche (drei Monate - zu den Details der Berechnung und des Entgeltzeitraumes s. 8 ObS 16/03s) zugesprochen. Ebenfalls richtig ist, dass die Beklagte im Sinne der Judikatur des EuGH als Einrichtung zu werten ist, der gegenüber sich der Einzelne unmittelbar auf Bestimmungen von Richtlinien berufen kann (8 ObS 13/03z).
Diese Überlegungen ändern allerdings nichts daran, dass im Unterschied zu Art 4 Abs 2 RL der hier maßgebliche Art 8 der InsolvenzRL keinerlei Bestimmungen über einen Mindestumfang der Sicherung bereits erworbener Betriebspensionsrechte oder Anwartschaften enthält. Die Anforderung, „notwendige Maßnahmen" zum Schutz der Interessen der Betroffenen zu treffen, hat nur programmatischen Charakter. Die Bestimmung steckt somit bloß den Rahmen ab, in dem die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Gewährleistung der Absicherung betrieblicher Pensionsansprüche und Anwartschaften stattfinden soll. Die Erlassung konkreter Maßnahmen wird ebensowenig vorgeschrieben wie eine bestimmte Methode der Maßnahmenerreichung. Damit ist Art 8 der InsolvenzRL weder unbedingt noch hinreichend genau und kann daher keine Rechte verleihen, die der Einzelne gegenüber dem Staat geltend machen könnte (C-236/92 - Comitato di Coordinamento per la difesa della Cava). Hier lässt sich nämlich - im Unterschied zu Art 3 und 4 der Insolvenz-RL - eine „Mindestgarantie" nicht bestimmen (siehe EuGH C-6/90 „Frankovich I").
Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, dass sich die Klägerin auf eine unmittelbare Wirkung des Art 8 der InsolvenzRL gegenüber der Beklagten nicht berufen kann (so auch ausdrücklich Holzer/Reissner/Schwarz aaO 273; ebenso wohl Binder aaO 205; Weber aaO Rdnr 52f; ferner Wolliger,aaO 198f, die jedenfalls eine summenmäßige Beschränkung der Ruhegeldzahlungen für richtlinienkonform erachtet und die die Reichweite des bloßen Programmsatzes des Art 8 der RL als schwer bestimmbar bezeichnet). Der Klärung, ob der Klägerin zum Stichtag bereits ein Anspruch auf Betriebspensionszahlungen zustand - wogegen die Feststellung spricht, dass die Klägerin ihr Dienstverhältnis nach dem Stichtag durch Austritt gemäß § 25 KO beendete - bedarf es daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, nicht.
Der in der Revision angesprochene Staatshaftungsanspruch ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG:
Hängt - wie hier - die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab, so entspricht es der Billigkeit, dem unterlegenen Versicherten die Hälfte der Kosten seines Vertreters zuzusprechen (RIS-Justiz RS0085871; 8 Ob 20/98v). Die Klägerin hat einen Kostenzuspruch nach Billigkeit beantragt.
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