Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen wurden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner R***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Darnach hat er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Linz als Geschäftsführer der R***** GmbH vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1999 bis 2003 in Höhe von 96.769,03 EUR und an Körperschaftsteuer für den Zeitraum 2000 bis 2002 in Höhe von 87.007,17 EUR dadurch bewirkt, dass er Aufwendungen im Ausmaß von 387.076,16 EUR zu Unrecht geltend machte, wobei es in Ansehung der Körperschaftsteuer für das Jahr 2002 beim Versuch blieb.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Soweit die Mängelrüge (Z 5) einwendet, dass das Schöffengericht für die angenommenen Verkürzungen von Körperschafts- und Kapitalertragsteuer „keine Begründung angegeben hat", übergeht sie prozessordnungswidrig die gerade darauf Bezug nehmenden Urteilspassagen (US 4 ff).
Die Feststellung, dass am 26. März 2003 ein „Auskunftsersuchen nach dem EG-Amtshilfegesetz an das Finanzamt Passau gerichtet" wurde (US 4), ist im Hinblick auf das an das Finanzamt Passau gerichtete Schreiben des Finanzamtes Grieskirchen, mit dem unter Hinweis auf § 2 Abs 2 EG-AHG (BGBl 657/1994) „der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats ohne Ersuchen" die Auskunft erteilt wurde, dass die Vermutung besteht, dass Steuern des Mitgliedstaates Deutschland verkürzt worden seien bzw verkürzt werden könnten (S 46 des im Akt erliegenden Finanzstrafaktes), zwar aktenwidrig, betrifft aber, wie in Erledigung der Rechtsrüge (Z 9 lit b) noch dargelegt werden wird, für die Frage der Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige keinen entscheidenden Umstand.
Letztlich moniert der Angeklagte die Verwendung der Worte „zu Unrecht als Ausgaben angesetzt" (US 4) im Zusammenhang mit dem fingierten Aufwand der „Firma G*****" im Hinblick auf den angenommenen Versuch der Hinterziehung von Körperschaftsteuer als undeutlich (Z 5 erster Fall), übergeht jedoch den dazu ausdrücklichen Hinweis auf S 9 (Schlussanzeige des Finanzamtes Linz), wonach die entsprechende Jahres-Körperschaftsteuererklärung am 27. November 2003 eingereicht wurde. Dem Umstand, dass für das Jahr 2002 keine (erklärungsgemäße) Veranlagung erfolgte, wird im Übrigen durch die Annahme des in diesem Jahr im Stadium des Versuches verbliebenen Finanzvergehens Rechnung getragen.
Somit geht auch die dazu ausreichende Feststellungen vermissende Rechtsrüge (Z 9 lit a) ins Leere.
Das mit Blick auf die Kapitalerstragsteuer für das Jahr 2003 unter diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen orientiert sich an den die unternehmensinterne Verbuchung der stattgefundenen Entnahmen (als verdeckte Gewinnausschüttungen) betreffenden Feststellungen, vernachlässigt jedoch die Gesamtheit der Konstatierungen (US 3, 4 iVm der Selbstanzeige des Angeklagten, S 27 bis 29 des angeschlossenen Finanzstrafaktes) und unterlässt es darzulegen, welche über die vom Erstgericht getroffenen hinausgehende Annahmen für die Tatbildmäßigkeit des inkriminierten Verhaltens erforderlich sein sollten.
Auch die auf Z 9 lit b gestützte Rechtsrüge, welche die Verneinung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige vom 8. April 2003 (eingelangt beim zuständigen Finanzamt am 9. April 2003, S 25 ff des angeschlossenen Finanzstrafaktes bekämpft), ist nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Voranzustellen ist, dass Verfolgungshandlungen gemäß § 14 Abs 3 FinStrG (zitiert in § 29 Abs 3 lit a FinStrG) nur solche Akte sind, die nach ihrer Art und Bedeutung die Absicht des Gerichts oder der Finanzstrafbehörde erkennen lassen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine in den Verfahrensvorschriften vorgesehene Weise zu prüfen. Der behördliche Akt muss sich auf alle einer Bestrafung zu Grunde zu legenden Sachverhaltselemente beziehen (EvBl 2001/65 mwN).
Nach den dazu entscheidenden erstgerichtlichen Feststellungen wurde dem Finanzamt Wels am 10. Jänner 2003 „anonym bekanntgegeben, dass beiliegende Rechnung der Fa. Peter G***** fingiert ist. Der Geschäftsführer der Fa. R***** GesmbH, Herr Werner R*****, geb. 21. 7. 1969, soll derartige Rechnungen monatlich, und das seit Jahren selbst erstellt haben, die Fa. G***** soll schon seit einiger Zeit nicht mehr existieren." Als Beilage zum dazu verfassten Aktenvermerk wird ua eine Rechnungskopie ausgewiesen.
Dieser Aktenvermerk trägt ferner den undatierten handschriftlichen Vermerk „Zuteilung USO-Prüfung durch ... Prüfer L*****". In einen weiteren Aktenvermerk wurden vom Betriebsprüfer L***** die Angaben des „GF R***** Werner anlässlich der Betriebsbesichtigung am 19. 3. 2003" wiedergegeben. Im gegebenen Kontext führte der Angeklagte aus, dass letztmalig im März/April 2002 „Leistungen der Fa. G***** in Anspruch genommen wurden". Dazu hielt der Prüfer fest:
„Wieso noch Rechnungen für den Zeitraum 5/2002 bis 10/2002 gelegt wurden, konnte von dem Geschäftsführer nicht erklärt werden." Er forderte ferner vom Angeklagten die Lieferantenkonten „3/01 bis 2/02 bzw. 3/02 und 4/02" an.
Am 24. März 2003 nahm der Betriebsprüfer mit Bezugnahme auf die Rechnungen des in Ruhstorf an der Rott (Deutschland) etablierten Unternehmens „P***** Frachtentransporte" telefonisch Kontakt mit dem Finanzamt Passau auf und übersandte am 26. März 2003 mit dem eingangs zitierten Schreiben 13 Rechnungen in Kopie sowie eine Ablichtung des Auszugs „Lieferantenkonto Fa. P*****" (US 3, 4 iVm S 39, 40, 46 der Finanzakten, S 120 der Hv-Akten).
Damit erachtete der Schöffensenat sämtliche Prämissen für die Annahme von Verfolgungshandlungen der Finanzbehörde nach § 14 Abs 3 FinStrG wegen betrügerischer Vorgangsweise des Angeklagten vor Erstattung der Selbstanzeige am 8. April 2003 als erfüllt.
Indem die Beschwerde die entscheidenden Feststellungen zur am 10. Jänner 2003 erstatteten, konkrete Erhebungen der Finanzbehörde auslösenden anonymen Anzeige gegen den Angeklagten in verfälschender Verkürzung mit Stillschweigen übergeht, verfehlt sie insoweit die prozessordnungsgemäße Ausführung.
Dass Verfolgungshandlungen wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung nur im Rahmen kongruenter, nach Art der hinterzogenen Steuer oder sonst differenzierten Prüfung zulässig sein sollten, ist gesetzesfremd.
Mangels Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige hat das weitere Beschwerdevorbringen zur Entrichtung der geschuldeten Steuerbeträge auf sich zu beruhen.
Die Strafzumessungsrüge (Z 11) entfernt sich mit hypothetischen Annahme eines Freispruchs im Umfang des von der Selbstanzeige umfassten Sachverhalts von den auch bei diesem Nichtigkeitsgrund zu beachtenden Urteilsfeststellungen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten, des Finanzamtes Linz und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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