Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Anton M***** wurde einer jeweils unbestimmten Zahl von Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und 2 erster Fall StGB idF vor dem StRÄG 1998 (1) und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er „in Salzburg und anderen Orten"
1. von Frühjahr 1989 bis Dezember 1996 seine am 8. Dezember 1982 geborene, somit unmündige Stieftochter Rita H***** „in regelmäßigen und zahlreichen Übergriffen, teils mehrmals wöchentlich und in den gemeinsamen Urlauben in Italien durch intensives Betasten und Lecken im Genitalbereich, später auch im Bereich der Brüste, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, wobei die Taten eine schwere Körperverletzung, nämlich eine schwere posttraumatische Belastungsstörung, zur Folge hatten";
2. von November 1990 bis Anfang Dezember 2000 durch die zu 1. genannten und weitere gleichartige Handlungen, ab Ende 1998 auch durch wiederholtes Einführen eines Fingers in deren Scheide, mit seinem minderjährigen Stiefkind Rita H***** geschlechtliche Handlungen vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Auch nach Maßgabe des in der Rechtsmittelausführung behaupteten Wortlautes (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312) enthielt der Antrag „auf Einvernahme des Richard H***** zum Beweis dafür, dass weder in der Zeit von 1987 bis November 1990 noch danach es weder in Salzburg noch in Ischia zu einem sexuellen Missbrauch der Rita H***** durch den Angeklagten gekommen ist, insbesondere bis November 1990 (Hochzeit des Angeklagten mit der Kindesmutter) keine nennenswerten Kontakte der Kinder mit dem Angeklagten stattgefunden haben und Rita H***** ihrem Bruder gegenüber vor 2003 Aussagen, dass sie vom Angeklagten sexuell missbraucht oder belästigt werden würde, nicht getätigt hat", keinen Hinweis darauf, weshalb der beantragte Zeuge gegen alle Lebenserfahrung seiner Schwester während des angeführten Zeitraums lückenloses Augenmerk geschenkt haben sollte. Die Schuldrelevanz der Behauptung, bis November 1990 habe es „keine nennenswerten Kontakte der Kinder mit dem Angeklagten" gegeben, blieb schon angesichts des Schuldspruchs wegen einer Vielzahl nach diesem Zeitpunkt begangener gleichartiger Taten offen. Auch wenn Rita H***** - wie es vielfacher Lebenserfahrung entspricht - ihrem Bruder nichts von den ihren Intimbereich betreffenden Vorfällen erzählt hat, war daraus für den Antragsteller nichts zu gewinnen.
Das in der Beschwerde relevierte Begehren um „Ergänzung des neuropsychiatrischen Gutachtens insbesondere im Hinblick auf die Aussage des Kindesvaters und dessen Beschreibung des Trennungsschmerzes, des Auftretens des Bettnässens nach der Scheidung anlässlich der Besuchsrechtsausübung bei ihm, zum Beweis dafür, dass die Traumatisierung durch die Scheidung und den dadurch in zeitlicher Hinsicht gesetzten Vaterverlust ausgelöst und verursacht wurde", war deshalb nicht erforderlich, weil der Sachverständige die durch die Trennung ihrer Eltern verursachte Belastungssituation der Rita H***** in seinem Gutachten ohnehin berücksichtigt hatte. Die dazu angestellten beweiswürdigenden Überlegungen zur Überzeugungskraft des Gutachtens sind als Neuerung gegenüber dem Antragsvorbringen unbeachtlich.
Der im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4; der Sache nach aus Z 5 zweiter Fall) erhobene Vorwurf, das Schöffengericht habe „die Aussage der Kindesmutter darüber, dass ihre Tochter Rita schauspielerisch sehr begabt" sei, „zu Darstellungen schauspielerischer Natur" neige, „erfundene Sachverhalte glaubwürdig und überzeugend darlegen und spielen" könne, Drehbücher schreibe, ebenso übergangen wie „den Umstand, dass Rita H***** nun tatsächlich eine Schauspielausbildung bzw Musicalschule" absolviere, übergangen, ist unbegründet. Mit den Angaben der Inge M***** haben sich die Tatrichter, dem Gesetzesauftrag zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), gar wohl auseinandergesetzt (US 8 ff, insbesondere S 8 unten). Gleiches gilt für die Angaben der Martina B***** in der Hauptverhandlung. Ob das Tatopfer nunmehr eine einschlägige Ausbildung absolviert aber ist gänzlich unerheblich. Soweit im Rahmen der Verfahrensrüge nach dem Urteilszeitpunkt verfasste Schreiben des Gerhard und der Martina B***** gegen die Überzeugungskraft des Gutachtens ins Treffen geführt werden, wird damit kein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht, ebensowenig mit der in diesen Schreiben enthaltenen Kritik an der Art der Befragung dieser Zeugen durch den Vorsitzenden.
Schlüsse, welche das Gericht aus - in den Entscheidungsgründen nicht wiedergegebenen - Angaben eines Sachverständigen gezogen hat, sind nicht Gegenstand des letzten Falles der Z 5 (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 468).
Ob und gegebenenfalls mit welcher Intensität der Angeklagte Martina B***** sexuell missbraucht hat, ist für die Frage des Schuldspruchs wegen der gegen Rita H***** begangenen strafbaren Handlungen nicht entscheidend. Was den Aspekt der Glaubwürdigkeit der Zeugin Rita H***** anlangt, so wurden die Widersprüche ihrer Angaben zu denjenigen der Zeugin Martina B***** eingehend erörtert (US 8 ff, insbesondere 10; Z 5 zweiter Fall).
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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