OGH 15Os2/06t

OGH15Os2/06t16.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst H***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. September 2005, GZ 121 Hv 95/05k-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ernst H***** wurde der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I) sowie nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien im Bereich des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk vorsätzlich

(I) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch die Nichtbekanntgabe seiner Tätigkeit und die Unterlassung der Abgabe von Steuererklärungen, eine Abgabenverkürzung im Gesamtausmaß von 259.853,00 Euro bewirkt, indem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben nicht festgesetzt wurden (§ 33 Abs 3 lit a FinStrG), und zwar

A. Umsatzsteuer

  1. 1. für das Jahr 1993 in Höhe von Euro 14.684,00
  2. 2. für das Jahr 1994 in Höhe von Euro 9.877,00
  3. 3. für das Jahr 1995 in Höhe von Euro 1.433,00
  4. 4. für das Jahr 1996 in Höhe von Euro 13.682,00
  5. 5. für das Jahr 1997 in Höhe von Euro 12.566,00
  6. 6. für das Jahr 1998 in Höhe von Euro 18.120,00
  7. 7. für das Jahr 1999 in Höhe von Euro 19.774,00
  8. 8. für das Jahr 2000 in Höhe von Euro 12.807,00
  9. 9. für das Jahr 2001 in Höhe von Euro 7.691,00
  10. 10. für das Jahr 2002 in Höhe von Euro 21.342,00
  11. 11. für das Jahr 2003 in Höhe von Euro 23.583,00

B. Einkommensteuer

  1. 1. für das Jahr 1993 in Höhe von Euro 8.215,00
  2. 2. für das Jahr 1994 in Höhe von Euro 4.115,00
  3. 3. für das Jahr 1996 in Höhe von Euro 7.094,00
  4. 4. für das Jahr 1997 in Höhe von Euro 6.492,00
  5. 5. für das Jahr 1998 in Höhe von Euro 11.486,00
  6. 6. für das Jahr 1999 in Höhe von Euro 12.885,00
  7. 7. für das Jahr 2000 in Höhe von Euro 6.268,00
  8. 8. für das Jahr 2001 in Höhe von Euro 2.464,00
  9. 9. für das Jahr 2002 in Höhe von Euro 13.815,00
  10. 10. für das Jahr 2003 in Höhe von Euro 15.661,00

C. Gewerbesteuer

für das Jahr 1993 in Höhe von 3.299,00 Euro

(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, indem er die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 2004 im Ausmaß von 12.500,00 Euro nicht entrichtete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Er verweist zwar zutreffend darauf, dass die Nachforschungen des Betriebsprüfers Johann C***** aus Anlass der Betriebsprüfung der Firma Peter S***** noch keine gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen im Sinne des § 14 Abs 3 FinStrG darstellten. Soweit der Beschwerdeführer daraus die Rechtzeitigkeit der mit 27. September 2004 datierten „Selbstanzeige" erschließt und für sich deren strafaufhebende Wirkung reklamiert, stellt er nur auf einen Teilaspekt ab. Er legt im Besonderen nicht an Hand eines Vergleiches der getroffenen Feststellungen mit der Bestimmung des § 29 FinStrG dar, wieso der nach den Urteilsannahmen „sehr kurz gehaltenen Anzeige" (US 7 iVm Blatt 5 in ON 5), in welcher der Beschwerdeführer „bekannt gab, dass er ohne steuerliche Veranlagung geschäftliche Tätigkeiten ausgeübt, aber keine veranlagungsfähige Buchhaltung geführt habe, jedoch an sich sämtliche Ein- und Ausgabenunterlagen vollständig aufliegen würden" (US 7), die jedoch „nicht einmal ansatzweise eine betragsmäßige Konkretisierung (der hinterzogenen Beträge) enthält" (US 9) und der keine Unterlagen beigelegt waren (US 9), strafaufhebende Wirkung beikäme.

Verfehlt ist der „hilfsweise geltend gemachte Feststellungsmangel", „der eine abschließende rechtliche Beurteilung der Frage nach der Wirksamkeit der erstatteten Selbstanzeige des Angeklagten verhindert". Der Beschwerdeführer übergeht in seiner Argumentation nämlich einmal mehr die Konstatierungen, wonach dem als „Selbstanzeige" bezeichneten Schreiben vom 27. September 2004 keine Rechnungen oder sonstigen Aufzeichnungen beigefügt waren, die eine vollständige Grundlage für eine sofortige Entscheidung über den vereitelten oder verkürzten Abgabenanspruch gebildet hätten. Das Beibringen dieser Unterlagen wurde dem Beschwerdeführer vielmehr am 30. September 2004 durch Dr. J*****, einen Mitarbeiter der Strafabteilung des zuständigen Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk, aufgetragen (US 7). Dies nachdem Johann C***** am 27. September 2004 eine Sachverhaltsdarstellung an die Prüfungsabteilung verfasst und übermittelt hatte (US 7) und daraus sowie aus der am (richtig:) 27. (Blatt 15 in ON 5 iVm US 7) September 2004 beim (zumindest sachlich zuständigen) Finanzamt für den 1. und 23. Bezirk eingelangten „Selbstanzeige" die Wohn- und Betriebsanschriften des Ernst H***** samt konkretem Tatvorwurf (Blatt 1 bis 3, 15 in ON 5) bekannt waren. Dass die am 1. Oktober 2004 durchgeführte niederschriftliche Vernehmung als Verdächtigter (S 17 f in ON 5), im Rahmen derer der Beschwerdeführer erstmalig Ausgangsrechnungen vorlegte, eine auch nach außen wirkende Verfolgungshandlung im Sinne des § 14 Abs 3 FinStrG darstellt, ist evident. Welche darüber hinausgehenden rechtlich relevanten Konstatierungen der Beschwerdeführer zur schuldbefreienden Wirkung seiner Selbstanzeige vermisst, legt er nicht dar.

Ausgehend von den genannten Feststellungen, wonach bereits die Vorlage der Ausgangsrechnungen nicht ohne Verzug, dh nicht zugleich mit der Selbstanzeige (Dorazil/Harbich FinStrG § 29 E 25) erfolgt ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die vom Beschwerdeführer problematisierte Frage, ob die Vorlage bloß der Ausgangsrechnungen zum Eintritt der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige ausreicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Verteidigers bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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