OGH 11Os141/05b

OGH11Os141/05b31.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Pavol O*****, Martin Z***** und Jan G***** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 15, 127, 129 Z 1, Z 2, 130 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. September 2005, GZ 20 Hv 60/05h-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Pavol O*****, Martin Z***** und Jan G***** des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1, Z 2, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 1. Juli 2005 in Graz in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, als unmittelbare Täter im bewussten und gewollten Zusammenwirken fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert dem Hannes R***** durch Einbruch in ein Gebäude, nämlich Aufzwängen des Toilettfensters und Einsteigen in das Tankstellengebäude, und Aufbrechen der Türe zu einem Münzstaubsauger, also einem Behältnis, mit dem Vorsatz wegzunehmen versuchten, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den Angeklagten (O***** aus Z 5, 5a und 10, Z***** aus Z 5, 9 lit a, lit b, G***** aus Z 5 und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO) erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Pavol O*****:

Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert unvollständige, undeutliche und unzureichende Begründung der Feststellung des versuchten Einbruchdiebstahles in gewerbsmäßiger Absicht.

Zwar wird eine Protokollierung von Verlesung, Vorführung oder Vortrag „des wesentlichen Akteninhaltes" der Vorschrift des § 271 Abs 1 Z 5 StPO nicht gerecht (RIS-Justiz RS0110681), die aus Z 5 vorgetragene Kritik, das Protokoll lasse nicht erkennen, welche Beweismittel in der Hauptverhandlung vorgekommen seien, scheitert allerdings am Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung nach § 285a Z 2 StPO, weil mit diesem Nichtigkeitsgrund nur gerügt werden kann, ein bestimmtes Beweismittel sei in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 460, 462).

Dem Beschwerdevorwurf zuwider begnügte sich das Erstgericht nicht mit der Feststellung eines (allenfalls mehrdeutigen) „Hantierens" am Münzstaubsauger, sondern stellte dies in den Kontext mit dem Aufbrechen der (danach beschädigten, nach irriger Ansicht der Täter die Kasse enthaltenden) unteren Lade (US 5, 6).

Die Beteiligung des Erstangeklagten am Versuch des Drittangeklagten, in das Gebäude der Tankstelle einzubrechen (§ 129 Z 1 StGB), ergibt sich aus dem festgestellten und mängelfrei begründeten einverständlichen Zusammenwirken der Rechtsmittelwerber (US 2, 4, 5, 8).

Weder die Annahme eines Einbruchsversuches noch der gewerbsmäßigen Absicht dabei (US 2, 4, 5) wurde vom Schöffengericht willkürlich getroffen, sondern vielmehr im Einklang mit den Grundsätzen folgerichtigen Denkens und empirischen Erkenntnissen über Kausalverläufe - somit nichtigkeitsfrei - begründet (US 7 ff). Der Beschwerdeführer trachtet in diesem Zusammenhang vielmehr, nach Art einer Berufung wegen Schuld mit eigenen Beweiswerterwägungen seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen; im Rahmen der Mängelrüge muss er damit scheitern. Die Aussagen der Polizeibeamten zu Beobachtungen „konkreter Tathandlungen" der Angeklagten (vor allem S 363) sind ausdrücklich dem Schuldspruch zugrunde gelegt worden (US 8, 10), den konträren, mehrfach wechselnden Verantwortungen der Nichtigkeitswerber widmete das Urteil sachgerecht breiten Raum (US 7 bis 10). Die Ableitung der gewerbsmäßigen Absicht ergibt sich mängelfrei aus US 11. Einer besonderen Begründung des „Vorsatzes zum Einbruchsdelikt" bedurfte es nicht, lassen die objektiven Tatumstände doch keinen anderen Schluss zu als den auf eine einbrecherisch bewirkte, auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Wegnahme fremder beweglicher Sachen.

Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a) erweckt keine erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der zum Schuldspruch führenden Feststellungen. Der Einbruchsversuch ins Gebäude wurde ohnedies auf eine Tathandlung des Drittangeklagten gestützt (ON 5, 11), sodass die auf die anderen (beim Münzstaubsauger tätigen) Angeklagten bezogenen Überlegungen auf sich beruhen können. Eine gebückte Körperhaltung der Letztgenannten dabei bekundete der Zeuge T***** - der Behauptung des Erstangeklagten zuwider - sehr wohl (S 363). Die Verwendung von bestimmtem Werkzeug oder Handschuhen ist weder rechtlich entscheidend noch hier erheblich für die Schuldfrage. Dass bei den drei Männern vorgefundene Münzen im Wert von 211 Euro keiner (weiteren) Straftat zugeordnet werden konnten (vgl ON 17 und US 11, 12), spricht keineswegs gegen ihre Täterschaft als Einbrecher unter anderem in einen Münzautomaten. Das Mitführen von Werkzeug (vor allem von zwei gerichtsnotorisch zum Aufbrechen hervorragend geeigneten Montiereisen, vgl S 73) hinwieder war nur eines einer Mehrzahl von Indizien zur Überführung (US 9).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) negiert die Feststellung, auch der Erstangeklagte habe den Einbruchsdiebstahl in gewerbsmäßiger Absicht vorgenommen (US 2, 4), und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.

Zur (richtig:) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin Z*****:

Die Mängelrüge (Z 5) vermag keine unstatthaften Vermutungen zum Nachteil des Angeklagten aufzuzeigen. Dass die Feststellung einer gewerbsmäßigen Absicht in Richtung Einbruchsdiebstähle unter anderem auf das Mitführen zweier Montiereisen und das Auffinden von aus Automaten stammenden, indes keiner konkreten Straftat zuzuordnenden Münzen gestützt wurde (US 5, 11, 12), ist wahrlich nicht willkürlich, brachten die Tatrichter doch auch mängelfrei zum Ausdruck, dass die Angeklagten in ihren Einlassungen bemüht waren, den wirklichen Zweck ihrer Einreise zu verschleiern (US 8).

Die weiteren Ausführungen des Angeklagten Z***** zielen nur formell auf die Darlegung einer Urteilsnichtigkeit, erschöpfen sich inhaltlich jedoch in eigenständigen Beweiswerterwägungen nach Art einer nur im Einzelrichterverfahren zulässigen Berufung wegen Schuld, wie etwa (unter Betonung der nachtzeitbedingten schlechten Sichtverhältnisse) das „Qualifizieren der Wahrnehmungen der Polizeibeamten als unvollständig" zeigt. Dass der Einbruchsversuch am Münzstaubsauger „möglicherweise" mit dem eigens für solche Zwecke mitgebrachten Werkzeug begangen wurde (US 5), ist weder schuld- noch subsumtionsrelevant und wurde überdies - der Rechtsmittelbehauptung zuwider - auch nicht zur Begründung der Feststellung der gewerbsmäßigen Absicht herangezogen (US 11 stellt vielmehr auf das „Mitbringen" etwa von Montiereisen ab). Wie rasch genau sich die Angeklagten bei Betretung vom Tatort entfernten, ist sinnfällig ohne jegliche strafrechtliche Bedeutung.

Die Rechtsrügen (Z 9 lit a, lit b) entfernen sich - teilweise mit

rein beweiswürdigenden Überlegungen („Beobachtungen ... lassen

keinesfalls ... schließen") und inhaltsleeren Behauptungen

(„untauglicher Versuch") - von der Anfechtungsbasis, nämlich dem Tatsachensubstrat des Ersturteils (zum Eintritt ins Versuchstadium durch Hantieren am Tatobjekt und Aufbrechen einer Lade an diesem US 5, 6; zum nicht freiwilligen Aufgeben der weiteren Tatausführung zufolge Herannahens eines Fahrzeuges US 6, 9) und bedürfen daher keiner Erledigung gemäß §§ 285c Abs 2, 286 ff StPO. Bloß der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) sei zu den aufgezeigten Themen auf die den Schuldspruch tragenden gefestigten Judikate und Lehrmeinungen verwiesen (zB Leukauf/Steininger Komm³ § 15 RN 16, 17, § 127 RN 64, 65, § 16 RN 2, 3 sowie Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 26, 86 ff, 126 ff).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Jan G*****:

Dieser Angeklagte unterlässt es, entscheidende Tatsachen oder erhebliche Umstände aufzuzeigen, die vom gerügten Mangel umfasst sein sollen, weshalb die aus Z 5 bemängelte Formulierung des Vortrages des „wesentlichen Akteninhaltes" im Hauptverhandlungsprotokoll auf sich beruhen kann. Die Einlassung des Angeklagten O*****, das vorgefundene Münzgeld sei eine „Betteleinnahme" gewesen, blieb keineswegs unerörtert (US 10).

Indem Jan G***** aus Z 10 das Fehlen der Feststellung seiner gewerbsmäßigen Absicht zum Tatzeitpunkt rügt, entfernt er sich von den Feststellungen US 2, 4, 5, aus denen unmissverständlich folgt, dass die in Rede stehende Tendenz bereits bei der Einreise nach Österreich vorhanden war und bis zum Beginn der Tathandlungen anhielt, und bringt materiellrechtliche Nichtigkeit nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht Graz zu (§§ 280, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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