OGH 9ObA158/05h

OGH9ObA158/05h25.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und ADir. Reg.Rat Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans K*****, Finanzdienstleister, *****, vertreten durch Dr. Günther Clementschitsch ua, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Telekom Austria AG, 1020 Wien, Lassallestraße 9, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung einer Vereinbarung, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2005, GZ 7 Ra 44/05b-34, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. November 2004, GZ 33 Cga 30/03k-28, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit dem Poststrukturgesetz (PTSG) wurde die Ausgliederung und Umwandlung der staatlichen Post- und Telegraphenverwaltung in eine Aktiengesellschaft mit der damaligen Firma "Post und Telekom Austria AG", nunmehr "Telekom Austria AG" angeordnet. Gemäß § 17 Abs 1 PTSG werden die bisher bei der Post- und Telegrafenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria AG oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechtes aus der Post und Telekom Austria AG hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekom Beteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25 % hält, zur Dienstleistung zugewiesen. Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Rechtsverhältnisses dieser Beamten abstellen, bleibt - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - unberührt.

Der Bund als Dienstgeber der bei der TA-Gruppe beschäftigten Beamten übt seine Diensthoheit durch eines der in § 17 Abs 2 PTSG genannten Personalämter aus. Diesen kommt die Funktion einer obersten Dienst- und Pensionsbehörde zu. Zur Wahrnehmung der Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde sind 12 regionale Personalämter eingerichtet. Jeder zugewiesene Beamte ist einem der Personalämter (und damit auch den nachgeordneten Personalämtern) zugeordnet.

Der Kläger war Beamter und war bis zur Ausgliederung und Umwandlung der staatlichen Post- und Telegraphenverwaltung bei dieser tätig. Nach der Ausgliederung war er gemäß § 17 Abs 1 PTSG der Beklagten zur Dienstleistung zugewiesen.

Am 17. 8. 2001 unterfertigte er eine Vereinbarung, nach deren wesentlichen Inhalt er mit Ablauf des 31. 8. 2001 unter Anwendung der Betriebsvereinbarung vom 15. 6. 2001 um Beendigung seines Dienstverhältnisses ersucht, sodass - da diesem Antrag von der Beklagten entsprochen werde - das Beamtendienstverhältnis am 31. 8. 2001 durch Austritt ende. Ferner wird in der Vereinbarung festgehalten, dass der Kläger von der Möglichkeit Gebrauch macht, mit der Telekom Austria Personalmanagement GmbH ein befristetes Dienstverhältnis in der Dauer von maximal 12 Monaten einzugehen und dass er eine freiwillige Abfertigung sowie eine Sonderabfertigung in der Höhe von insgesamt S 524.085,90 brutto erhält.

Diese Vereinbarung wurde von der Leiterin des Personalamtes in Klagenfurt „für den Dienstgeber" unterfertigt. Am selben Tag schloss der Kläger mit der Telekom Austria Personalmanagement GmbH einen für die Zeit von 1. 9. 2001 bis 31. 8. 2002 befristeten Dienstvertrag.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die oben auszugsweise wiedergegebene Vereinbarung rechtsunwirksam sei und ex tunc aufgehoben werde. Er sei bei Abschluss der Vereinbarung, die von der Beklagten als Vertragspartnerin geschlossen worden sei, zurechnungsunfähig gewesen. Außerdem sei er von der Beklagten in Irrtum geführt worden. Wäre die Republik Österreich Vertragspartner, wäre die Vereinbarung schon deshalb nichtig, weil sie von der Republik weder unterfertigt noch ratifiziert worden sei.

Die Beklagte wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Der Kläger sei niemals ihr Dienstnehmer gewesen. Die aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund resultierenden Fragen seien im Verwaltungsweg abzuhandeln. Der Kläger habe seinen Austritt nicht gegenüber der Beklagten sondern gegenüber der Dienstbehörde - also dem Personalamt der Beklagten, dem die Funktion einer obersten Dienst- und Pensionsbehörde für die zugewiesenen Beamten zukomme - erklärt.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Der Beklagte bekämpfe die von ihm als Beamter abgegebene Austrittserklärung und fechte damit einen öffentlich-rechtlichen Rechtsakt an. Dies sei vor den Verwaltungsbehörden abzuhandeln.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss iS der Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs ab und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage auf.

Für die Zulässigkeit des Rechtswegs seien der Wortlaut des Klagebegehrens und die Klagebehauptungen maßgebend. Ohne Einfluss sei, was die Beklagte einwende oder ob der behauptete Anspruch begründet sei. Aus der Definition des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmerbegriffs in § 51 ASGG ergebe sich, dass auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte fallen könnten. Unzulässig sei der Rechtsweg nur für Ansprüche, die auf der öffentlich-rechtlichen Stellung des Beamten beruhten. Entscheidend sei, ob der geltend gemachte Anspruch zivilrechtlicher Natur sei. Werde daher das Klagebegehren aus einem privatrechtlichen Vertrag abgeleitet, sei die Zulässigkeit des Rechtswegs gegeben.

Der Kläger habe sich ausdrücklich darauf berufen, eine privatrechtliche Vereinbarung mit der nur privatrechtlich handlungsfähigen Beklagten geschlossen zu haben. Diese Vereinbarung, in der wechselseitige Rechte und Pflichten (Eingehen eines Dienstverhältnisses zur Telekom Austria Personalmanagement GmbH; Erhalt einer freiwilligen Sonderabfertigung) enthalten seien, fechte er wegen behaupteter Willensmängel an. Daher gehe es nicht darum, ob der Kläger gegenüber seinem Dienstgeber Republik Österreich wirksam eine Austrittserklärung abgegeben habe, sondern darum, ob eine mit der Beklagten als Zuweisungsdienstgeberin abgeschlossene privatrechtliche Vereinbarung mit Willensmängel behaftet sei oder nicht. Für die Klärung dieser Frage sei der ordentliche Rechtsweg zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene - von der zweiten Instanz zugelassene - Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Unstrittig ist, dass der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand und dass hierauf die für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis von Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden waren.

Die dienstrechtlichen Beziehungen der Beamten zu ihrem Dienstgeber sind öffentlich-rechtlicher Art. Es entspricht der völlig einhelligen Lehre und Rechtsprechung, dass die aus diesen Beziehungen resultierenden Streitigkeiten grundsätzlich vor den Verwaltungsbehörden geltend zu machen sind (Feitzinger/Tades, ASGG² § 50 Anm 2; Ballon in Fasching I² § 1 JN Rz 98; 8 ObA 118/01p; 8 ObA 122/04f ua). Die Unzulässigkeit des Rechtswegs bezieht sich aber nur auf jene Ansprüche, die auf der öffentlich-rechtlichen Stellung des Beamten zu seinem Dienstgeber beruhen (9 ObA 199/02h; 9 ObA 104/03i; RIS-Justiz RS0085508 ua). Hingegen sind die Gerichte dann zuständig, wenn vom Beamten Ansprüche zivilrechtlicher Natur geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0086019; RS0085508; zuletzt etwa 8 ObA 122/04f).

Der Revisionsrekurswerber erkennt selbst, dass nach der vom Rekursgericht zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus das Klagevorbringen maßgebend ist. Was der Beklagte einwendet, ist hingegen ohne Einfluss (Mayr in Rechberger, ZPO² Vor § 1 JN Rz 6 und die dort angeführten Nachweise aus der Rechtsprechung). Dass - wie im Revisionsrekurs geltend gemacht wird - Ballon (in Fasching/Konecny² I, § 1 JN Rz 73 f) für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens eintritt, trifft zwar zu. Selbst nach der Meinung Ballons kommt aber eine Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens nur in Fällen in Betracht, in denen das Klagebegehren und das Klagevorbringen nicht zur Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs geeignet sind und insoweit durch das Beklagtenvorbringen verdeutlich werden. Davon kann aber hier nicht die Rede sein.

Nach dem unmissverständlichen Inhalt des Klagebegehrens und des Klagevorbringens strebt der Kläger die Aufhebung einer nicht mit dem Bund sondern mit der Beklagten abgeschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung wegen von ihm behaupteter Willensmängel an. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass er damit einen privatrechtlichen Anspruch geltend macht, für den der ordentliche Rechtsweg zulässig ist. Ob das Vorbringen des Klägers - auch über das Zustandekommen der Vereinbarung bzw die Person des Vertragspartners - zutrifft, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht entscheidend.

Richtig ist allerdings, dass der Kläger in der von ihm bekämpften privatrechtlichen Vereinbarung auch eine letztlich an den öffentlich-rechtlichen Dienstgeber gerichtete Willenserklärung abgegeben hat, die auf die Beendigung seines Dienstverhältnisses abzielte. Ebenso trifft es zu, dass die Frage der Wirksamkeit dieser Erklärung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Dienstgeber und deren Auswirkungen auf den Bestand des Dienstverhältnisses öffentlich-rechtlicher Natur ist, sodass dafür der Rechtsweg nicht zulässig ist. Dies ändert aber nichts daran, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Anfechtung einer durch übereinstimmende privatrechtliche Willenserklärungen zustande gekommene Vereinbarung ist, wofür - wie schon ausgeführt - der Rechtsweg zulässig ist. Dringt der Kläger mit seinem Klagebegehren durch, bedeutet das nur, dass die von ihm bekämpfte privatrechtliche Übereinkunft als solche unwirksam ist bzw aufgehoben wird. Über die Wirksamkeit seiner auf die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gerichteten Willenserklärung gegenüber dem Dienstgeber ist damit nichts gesagt. Diese Frage wird - wie schon ausgeführt - von den Verwaltungsbehörden zu entscheiden sein.

Damit erweist sich die Entscheidung des Rekursgerichts als zutreffend, sodass dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

Kosten wurden nicht verzeichnet.

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