OGH 9Ob6/06g

OGH9Ob6/06g25.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Mag. Helmut D*****, vertreten durch die Sachwalterin Ingrid S*****, gegen den Antragsgegner Oliver D*****, geb 11. April 1978, *****, wegen Unterhaltsbefreiung, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" der Einschreiterin Dr. Renate D*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 29. November 2005, GZ 1 R 278/05h-22, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 3. Oktober 2005, GZ 17 FAM 4/05i-18, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Mit Beschluss des BG Kremsmünster vom 10. 5. 1989, GZ P 62/86-118, wurde der Antragsteller (= Vater des Antragsgegners) verpflichtet, zum Unterhalt des Antragsgegners vom 1. 6. 1984 bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit monatlich ATS 5.648 (EUR 410,46) zu Handen des jeweiligen Vormunds, derzeit zu Handen der Mutter Dr. Renate D*****, zu bezahlen (Pkt 1.). Weiters wurde der Antragsteller verpflichtet, die monatlichen Beiträge für die Selbstversicherung des Antragsgegners ab 1. 5. 1989 in der jeweils vorgeschriebenen Höhe, derzeit monatlich ATS 1.620 (EUR 117,73), an die OÖ. Gebietskrankenkasse zu bezahlen (Pkt 2.).

Am 27. 7. 2005 begehrte der Antragsteller, ihn ab 1. 9. 2005 wegen eingetretener Selbsterhaltungsfähigkeit des Antragsgegners von seiner Unterhaltsverpflichtung von derzeit monatlich EUR 410,46 zuzüglich des monatlichen Beitrags für die Selbstversicherung des Antragsgegners bei der oö. Gebietskrankenkasse zu befreien. Letzterer beträgt laut Mitteilung des Erstgerichts vom 20. 1. 2006 im Zeitraum 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2006 EUR 77,42 monatlich.

Mit Beschluss vom 3. 10. 2005 wies das Erstgericht die Anträge der Einschreiterin Dr. Renate D***** auf Zustellung aller Schriftstücke und Ladungen, die in der gegenständlichen Familienrechtssache FAM 4/05i ergangen seien, sowie festzustellen, dass sie im gegenständlichen Verfahren als Partei gemäß § 2 Abs 1 AußStrG zuzulassen sei, zurück.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Einschreiterin mit der Begründung zurück, dass es sich bei der erstgerichtlichen Entscheidung um einen verfahrensleitenden Beschluss handle, dessen gesonderte Anfechtung gemäß § 45 AußStrG ausgeschlossen sei. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs" der Einschreiterin legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); ein solcher Antrag, mit dem der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand - entgegen der Annahme der Einschreiterin - nicht EUR 20.000. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0046543 ua). Wird jedoch wie im vorliegenden Fall die gänzliche Unterhaltsbefreiung begehrt, kommt nur der Gesamtbetrag in Betracht. Dieser beträgt gemäß Antrag und Aktenlage EUR 487,88 monatlich. Der dreifache Jahresbetrag errechnet sich sohin mit EUR 17.563,68. Dieser Betrag bildet den maßgeblichen Entscheidungsgegenstand.

Im vorliegenden Fall hat die Einschreiterin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und als „außerordentlichen Revisionsrekurs" bezeichnet. Sie hat aber auch in Pkt 1. ausdrücklich beantragt, das Berufungsgericht (gemeint: Rekursgericht) möge den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklären. Im Hinblick auf die darstellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Vielmehr erweist sich dessen Vorlage an das Gericht zweiter Instanz als geboten.

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