OGH 4Ob243/05x

OGH4Ob243/05x24.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****GmbH, ***** vertreten durch Brandauer & Roßkothen, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Widerruf (Streitwert im Provisorialverfahren 150.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Oktober 2005, GZ 6 R 180/05s-11, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 10. August 2005, GZ 14 Cg 149/05g-4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden und der beklagten Parteien werden gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin:

Die Klägerin wendet sich gegen die Teilabweisung ihres Sicherungsantrags. Sie macht geltend, die Beklagte habe weder behauptet noch bescheinigt, dass sich die Unterschreitung der angegebenen Nährstoffangaben auf Inhalt und Qualität der Blumenerde auswirke. Sie habe damit auch die Wahrheit ihrer Behauptung, die Klägerin täusche sowohl über Inhalt als über Qualität ihres Produktes, nicht bescheinigt.

Das Bescheinigungsverfahren hat ergeben, dass der Nährstoffgehalt der Blumenerde in mehreren Fällen und zu verschiedenen Zeitpunkten erheblich von den Angaben der Klägerin auf der Verpackung abwich. Dass der Nährstoffgehalt aus der Sicht der Verbraucher ein Qualitätskriterium bedeutet, liegt auf der Hand und bedarf keines (weiteren) Beweises.

Ob (wahrheitsgemäße) Kritik die Grenzen der Zulässigkeit überschreitet, hängt so sehr von den Umständen des konkreten Falles ab, dass die Bedeutung dieser Frage regelmäßig nicht über den Einzelfall hinausgeht. Dass das Rekursgericht bei der Beurteilung dieser Frage die zwischen den Streitteilen wechselseitig anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten über (irreführende) Nährstoffangaben als hinreichenden Anlass für die Beklagte gewertet hat, die Unrichtigkeit der Angaben der Klägerin auch mit drastischen Worten aufzuzeigen, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.

2. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten:

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung zur Auslegung der Bestimmungen des Düngemittelgesetzes, der Düngemittelverordnung und der einschlägigen Österreichischen Umweltzeichenrichtlinie. Das Rekursgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin nur dann gegen diese Bestimmungen verstoßen hätte, wenn ihre Nährwertangaben schon zum Zeitpunkt der Auslieferung aus dem Werk unrichtig gewesen wären. Bei richtiger Auslegung dieser Bestimmungen hätte es zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Nährwertangaben auch noch zum Zeitpunkt des Erwerbes beim Händler richtig sein müssten und dem entsprechend die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten bescheinigt sei. Der auf § 7 UWG gestützte Unterlassungsanspruch setzt eine unwahre und kreditschädigende Behauptung voraus. Maßgeblich ist, wie die angesprochenen Verkehrskreise die beanstandete Aussage verstehen. Dieser Frage kommt - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu.

Das Rekursgericht ist der im erstgerichtlichen Beschluss festgestellten Rechtsansicht des zuständigen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gefolgt und hat für die Beurteilung der Richtigkeit der Kennzeichnung nach dem Düngemittelgesetz und der Düngemittelverordnung auf den Zeitpunkt der Herstellung und der Abgabe ab Werk abgestellt. Diese Auslegung deckt sich mit dem Verständnis der von der beanstandeten Behauptung angesprochenen Verkehrskreise. Sie verstehen die Aussage, die Klägerin verstoße gegen Düngemittelgesetz und Düngemittelverordnung, nämlich in dem Sinn, dass die von der Klägerin in Verkehr gebrachten Produkte schon bei ihrer Erzeugung und ihrem ersten Inverkehrbringen durch die Klägerin selbst nicht den angeführten Bestimmungen entsprechen; mit anderen Worten, dass die Klägerin ein den angeführten Bestimmungen nicht entsprechendes Produkt erzeuge und in Verkehr bringe. Eine nachträgliche, von der Klägerin nicht hervorgerufene Veränderung der Inhaltsstoffe, wie etwa durch Lagerung anlässlich einer weiteren Vertriebsstufe, sieht der Verbraucher nicht als einen der Klägerin zuzurechnenden Gesetzesverstoß. Geht man von diesem Verständnis aus, hat die Beklagte die Wahrheit ihrer Behauptung nicht bescheinigt. Gleiches gilt für den Vorwurf der Beklagten, die Klägerin verstoße gegen die österreichische Umweltzeichenrichtlinie. Es steht nämlich keineswegs fest, dass die Blumenerde der Klägerin von Anfang an oder durch von ihr zu vertretende Umstände nicht dem auf der Verpackung angegebenen Stickstoffgehalt entsprochen hätte.

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