Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Jürgen H***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Michael W*****, Thomas G***** und Jürgen H***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 8. Februar 2005 in Graz eine wehrlose Person, nämlich die nach der Konsumation zahlreicher alkoholischer Getränke diskretions- und dispositionsunfähige Nicole S*****, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht hatten, dass sie an ihr eine geschlechtliche Handlung vornahmen, indem sie mit ihr jeweils den Beischlaf vollzogen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten Jürgen H***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Die Mängelrüge (Z 5) verkennt, dass § 270 Abs 2 Z 5 StPO das Gericht nicht verpflichtet, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und/oder sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinanderzusetzen. Es genügt vielmehr, im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen sowie schlüssig und zureichend zu begründen, warum das Gericht von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegensprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Demgemäß bedurfte es vorliegend keines Eingehens auf die vom Beschwerdeführer - überdies isoliert - hervorgehobenen Gutachtenspassagen, wonach der Sachverständige Dr. Roland B***** die Realisierung der inkriminierten Situation durch das Opfer für die Dauer von „Sekunden, vielleicht auch ein paar Minuten ... theoretisch für möglich erachtete" und als „nie ausschließbar" bezeichnete. Denn ungeachtet dieser Einschränkungen bietet das Sachverständigengutachten in seinem Gesamtzusammenhang der bekämpften Annahme fehlender Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Tatopfers während des gesamten Tatzeitraums eine hinreichende Grundlage (ON 15, S 339 ff). Darüber hinaus konnte sich das Erstgericht in diesem Zusammenhang auch auf die Symptome der Nicole S*****, wie deren fehlende Ansprechbarkeit noch zwei Stunden nach den Vorfällen (S 73) und zahlreiche Erinnerungslücken, stützen (S 119, 125, ON 6).
Die im Hinblick auf die zitierten Gutachtenspassagen weiters behauptete Widersprüchlichkeit der Entscheidungsgründe liegt nicht vor, weil weder der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen mit sich selbst in Widerspruch steht noch verschiedene, einander ausschließende Tatsachen festgestellt wurden und die gezogenen Schlussfolgerungen tatsächlicher Art den Gesetzen logischen Denkens nicht widersprechen. Soweit der Beschwerdeführer aus dem Gutachten jedoch für sich günstigere Schlussfolgerungen und Auslegungen anstrebt, bekämpft er unzulässig die kollegialgerichtliche Beweiswürdigung.
Dass der Zustand der Diskretions- und Dispositionsunfähigkeit des Opfers vom zumindest bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers erfasst war, folgerten die Tatrichter aus seiner Verantwortung, er hätte nicht gewusst, ob Nicole S***** den durchgeführten Geschlechtsverkehr bewusst wahrgenommen habe, ferner aus dem von ihm zugestandenermaßen bekannten Konsum zahlreicher alkoholischer Getränke durch Nicole S***** sowie den daraus resultierenden Symptomen, insbesondere den von ihm wahrgenommenen „black outs" des Mädchens (US 10). Die das Vorliegen einer vollen Berauschung des Opfers bestreitende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht, dass die Tatrichter ohnehin bloß von einem mittelgradigen bis schweren Rauschzustand des knapp 14jährigen Mädchens ausgingen, der es physisch und psychisch außer Stande setzte, die Bedeutung der Gesamtsituation einschließlich der sexuellen Handlungen zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. Soweit der Beschwerdeführer vermeint, nur bei Vorliegen einer vollen Berauschung fehle die Einsicht in die Bedeutung der inkriminierten sexuellen Vorgänge und sei die sexuelle Selbstbestimmungsfähigkeit ausgeschlossen, leitet er dies nicht aus einem Vergleich mit dem Gesetz ab. Zwar lehnt sich jene Gruppe der Gründe des § 205 StGB, nach denen die sexuelle Selbstbestimmungsfähigkeit - neben der Wehrlosigkeit - ausgeschlossen sein kann, im Wortlaut an die Bestimmung des § 11 StGB an. Bei § 205 StGB handelt es sich allerdings nicht um eine fehlende Unrechtseinsicht eines Täters, sondern um die Einsicht des Opfers in die Bedeutung der sexuellen Vorgänge, in die es verwickelt werden soll. Im Übrigen braucht die Willenstätigkeit nicht vollständig aufgehoben zu sein, vielmehr reicht es, wovon die Tatrichter gegenständlich ausgingen (US 8), dass das Opfer nicht in der Lage ist, durch verstandesmäßige Erwägungen über das an dieses gestellte Verlangen frei zu entscheiden (Schick in WK2 § 205 Rz 10 f).
Auch das weitere Vorbringen, der Beschwerdeführer wäre von einer Einwilligung des Opfers zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs ausgegangen, weicht von den getroffenen gegenteiligen Konstatierungen (US 7 f) ab und bringt den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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