OGH 14Os134/05w

OGH14Os134/05w17.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner St***** wegen der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28. Juni 2005, GZ 17 Hv 166/04v-47, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner St***** der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er von März 2000 bis 18. Mai 2003 in Klagenfurt als Rechtspfleger für Verlassenschafts- und Pflegschaftssachen sowie Angelegenheiten des Gerichtserlages und der Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat sowie die im Urteil namentlich angeführten Antragsteller und Parteien an ihrem Recht auf eine den Verfahrensvorschriften entsprechende Bearbeitung und Erledigung von Anträgen ohne unnötigen Aufschub in angemessener Zeit zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er in 24 im Urteil detailliert angeführten Pflegschaftssachen sowie in vier Erlagssachen in den genau festgestellten Zeiträumen keine Verfügungen traf und keine Entscheidungen fällte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die Republik Österreich habe durch Regressforderungen keinen Schaden erlitten, weil Ansprüche nicht gestellt worden seien, betrifft keinen für die Schuldfrage wesentlichen Aspekt. Denn nach § 302 Abs 1 StGB genügt für die Vollendung des Verbrechens, dass der Täter beim wissentlichen Befugnismissbrauch den (zumindest bedingten) Vorsatz hat, einen anderen an seinen Rechten zu schädigen. Dass tatsächlich ein (materieller) Schaden eingetreten ist, verlangt das Gesetz nicht (Fabrizy StGB8 Rz 24; Leukauf/Steininger Komm³ RN 42 jeweils zu § 302).

Im Übrigen hat das Schöffengericht aber den Eintritt eines Schadens ohnedies konstatiert, weil durch das Verhalten des Angeklagten sowohl der Staat als auch die Verfahrensparteien in ihrem Recht auf Erledigung der (sie betreffenden) gerichtlichen Verfahren in angemessener Zeit und ohne unnötigen Aufschub verletzt worden sind (vgl insbesondere US 25 und 29).

Gegenstand der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist ausschließlich der Vergleich des (gesamten subjektiven und objektiven) Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Recht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Die Beschwerde behauptet, die erstgerichtlichen Feststellungen würden den „Tatbestandserfordernissen in subjektiver Hinsicht nicht gerecht", weil die berufliche Belastungssituation und die neurotische Persönlichkeit des Angeklagten nicht den Schluss zuließen, dass er „bewusst vorsätzlich schädigend seine Amtsgeschäfte unerledigt ließ". Damit bestreitet sie aber die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach Werner St***** einerseits beim Befugnismissbrauch wissentlich und andererseits mit bedingtem Vorsatz auf eine mögliche Schädigung gehandelt hat (US 16 und 27 f), nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Im Übrigen haben sich die Tatrichter mit den angeführten Argumenten ausführlich auseinandergesetzt (US 18; 20 ff). Das Urteil weist daher auch keinen Begründungsmangel (Z 5 zweiter Fall) auf. Die subjektive Tatseite lag nach den Urteilsannahmen während des gesamten Deliktszeitraumes vor. Warum es darüber hinaus noch einer Konstatierung bedurft hätte, „zu welchen konkreten Zeitpunkten der Angeklagte den konkreten Vorsatz gefasst haben soll", wird nicht dargelegt; vielmehr bestreitet der Beschwerdeführer neuerlich die subjektive Tatseite, indem er behauptet, der erst nach der Tat gefasste Vorsatz sei ihm nicht anzulasten. Das Vorbringen, der Schädigungsvorsatz finde „im durchgeführten Beweisverfahren keine Grundlage", zeigt keinen Rechtsfehler auf und missachtet die ausführlichen von den Erkenntnisrichtern hiezu angestellten Erwägungen (US 25 f), sodass damit neuerlich auch kein Begründungsmangel dargetan wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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