OGH 14Os132/05a

OGH14Os132/05a17.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin in der Maßnahmensache des Peter B***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§ 107 Abs 1 und 2 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. Oktober 2005, GZ 4 Hv 103/05i-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter B***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB eingewiesen, weil er am 2. Februar 2005 in Kainbach unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistig und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht (depressives Zustandsbild bei einem bestehenden schweren hirnorganischen Psychosyndrom), die Pflegehelferin Daniela M***** durch die gegenüber dem Distriktsarzt DDr. Heinz Sch***** in Gegenwart der erhebenden Gendarmeriebeamten und eines Pflegers abgegebene Äußerung: „Ja die ist lästig, die gehört umgebracht!" (mittelbar) mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, somit eine Tat beging, die ihm außerhalb dieses Zustandes als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB zuzurechnen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, der Berechtigung zukommt.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes äußerte der Betroffene die als Anlasstat inkriminierte gefährliche Drohung gegenüber dem Distriktsarzt DDr. Heinz Sch***** in Anwesenheit von erhebenden Gendarmeriebeamten und des in diesem Heim tätigen Diplomkrankenpflegers Günter W***** (US 2, 8 und 12), jedoch in Abwesenheit der Pflegehelferin Daniela M***** (US 12). Peter B***** drohte mit dem Umbringen (US 13), wobei er zuvor - im Zusammenhang mit dem von ihm erhobenen „Vorwurf" gegen die Stationsgehilfin, sie würde ihm keine (sexuelle) Aufmerksamkeit schenken - bereits darauf hingewiesen hatte, dass er schon einmal aus sexuellen Frustationserlebnissen heraus einen Mord begangen hatte (US 6 f). Günter W***** nahm diese vom Betroffenen geäußerte Drohung ernst (US 12). Das Schöffengericht konstatierte weiters, dass der Beschwerdeführer diese Drohung in der Absicht ausstieß, Daniela M***** in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 14).

Der Nichtigkeitswerber zeigt in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zutreffend auf, dass trotz Abwesenheit der Bedrohten keine Feststellungen getroffen wurden, wonach der Rechtsmittelwerber bei der Äußerung die Absicht gehabt habe, dass diese Drohung Daniela M***** zur Kenntnis gelangt. Eine solche Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) wäre aber Voraussetzung für eine Strafbarkeit der gefährlichen Drohung gegenüber einer nicht anwesenden Person (vgl Kienapfel/Schroll BT I5 § 107 Rz 11; Schwaighofer in WK2 § 107 Rz 7; Fabrizy StGB8 § 107 Rz 2; 12 Os 88/77, SS 48/61; 15 Os 4/00; tw abweichend Seiler in SbgKomm § 107 Rz 5: bedingter Vorsatz in Bezug auf den Zugang der Äußerung an den Bedrohten reicht), denn dem Täter muss es darauf ankommen, eine bestimmte (wenn auch physisch nicht präsente) Person in Furcht und Unruhe zu versetzen (vgl Schwaighofer in WK2 § 107 Rz 7). Der vom Beschwerdeführer zu Recht geltend gemachte Mangel an Feststellungen zwingt zur Aufhebung des Urteils und Verweisung der Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde.

Ungeachtet der vom Nichtigkeitswerber aufgezeigten Beweisergebnisse, wonach Peter B***** laut dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen komplexe Handlungsabläufe nicht versteht, insbesondere nicht, dass eine von ihm geäußerte gefährliche Drohung demjenigen überbracht wird, den er bedroht hat (S 351), wird im zweiten Rechtsgang zu beachten sein, dass eine gefährliche Drohung im Sinn des § 74 Abs 1 Z 5 StGB auch gegenüber einer dem Bedrohten persönlich nahe stehenden Person (Sympathieperson) verwirklicht werden kann, sofern der Täter die Absicht hat, diesen Erklärungsempfänger in Furcht und Unruhe um den in der drohenden Äußerung bezeichneten Menschen zu versetzen. Solche persönliche Naheverhältnisse können durch tatsächliche Umstände begründet werden, welche objektiv (ob tatsächlich zwischenmenschliche Beziehungen bestehen, ist unerheblich; vgl Jerabek in WK² § 74 Rz 27; 10 Os 133/80, SSt 52/42) eine Verbundenheit zu der in der Drohung bezeichneten Person begründen, sodass durch diese Äußerung bei der Sympathieperson eine Besorgnis um den nahe stehenden Menschen hervorrufen werden könnte. Unter die Gruppe der Sympathiepersonen fallen insbesondere auch die Arbeitskollegen eines in der Drohung Angesprochenen (vgl Kienapfel/Schroll BT I5 § 105 Rz 36; Jerabek in WK² § 74 Rz 27; Schwaighofer in WK² § 105 Rz 53; 10 Os 133/80, SSt 52/42).

Wenn sich im neu durchzuführenden Verfahren wiederum ergeben sollte, dass der Diplomkrankenpfleger Günter W***** und daneben auch noch die weiteren Heimmitarbeiter Mag. DDr. Astrid Ma*****, Mag. Petra G***** und Dr. Elmar K***** (vgl S 41) als Arbeitskollegen der in der inkriminierten Äußerung angesprochenen Daniela M***** bei der Anlasstat anwesend waren, wird daher zu prüfen sein, ob der Betroffene die Absicht hatte, diese Sympathiepersonen in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Mit seiner Berufung war der Rechtsmittelwerber auf diese Entscheidung zu verweisen.

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