Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - im Schuldspruch des Klaus L***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Urteilsspruches) und somit auch im den Genannten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird Klaus L***** auf die Kassation verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus L***** abweichend von der in Richtung §§ 15, 201 Abs 2 StGB erhobenen Anklage (ON 20) der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (1) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt. Danach hat er am 15. April 2005 in Steyr „als Beteiligter (§ 12 StGB)" mit dem rechtskräftig mitverurteilten Manuel B*****
1. Patrick Bi***** die persönliche Freiheit entzogen, indem sie ihn ca eine halbe Stunde lang an einen Baum fesselten,
2. mit einer bevorstehenden Vergewaltigung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie dem an einen Baum gefesselten Patrick Bi***** die Hose und Unterhose bis zu den Knien herunterzogen und Manuel B***** äußerte „jetzt kennt i eam am liabsten in den Arsch keksen", wobei er einen eigenen Körperteil im Bereich des Gesäßes von Patrick Bi***** ansetzte.
Rechtliche Beurteilung
Die ausschließlich gegen den Punkt 2 des Urteilssatzes gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 [lit] a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Klaus L***** ist berechtigt:
Im Ergebnis zutreffend wird nämlich aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund eingewendet, dass die das Tatsachensubstrat dieses Schuldspruchs betreffende Urteilsbegründung unvollständig blieb. Ein gemeinsamer Tatplan auch in Richtung gefährlicher Drohung mit einer bevorstehenden Vergewaltigung wurde zwar festgestellt (US 7), aber allein damit begründet, dass aus der an B***** gerichteten Aufforderung des Angeklagten, „dass es genug sei, klar ersichtlich ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt die ganzen Vorfälle auch von seinem Einverständnis und Vorsatz getragen waren" (US 10). Abgesehen davon, dass diese Annahme den bekämpften Schuldspruch nicht zu tragen vermag, fanden die Aussagen der beiden Angeklagten über ein einverständliches Vorgehen bloß bezüglich des Anbindens (L***** S 89, 159, 243, 249; B***** S 73, 149, 250), jedoch ein spontanes, nicht vereinbartes Agieren des Zweitangeklagten im Sinne des Schuldspruches 2 (L***** S 91, 161, 245; B***** S 75, 151, 251) keine Berücksichtigung in den schriftlich niedergelegten Überlegungen der Tatrichter (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO). Dies wäre umsomehr aufgrund der in diesem Punkt eher diffusen Angaben des Zeugen Bi***** (S 15, 169, 259, 261) geboten gewesen.
Da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, vielmehr die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war - ohne die Notwendigkeit eines Eingehens auf die themenkongruente Rechtsrüge (Z 9 lit a) - gemäß § 285e StPO vorzugehen.
Im zweiten Rechtsgang wird - falls kein einverständlicher, schon anlässlich der gemeinsam verwirklichten Freiheitsentziehung auf die Begehung gefährlicher Drohung gerichteter Tatplan der Angeklagten als erwiesen angenommen werden sollte - zu bedenken sein, dass die bloße Anwesenheit am Tatort ebensowenig für die Annahme eines strafbaren Tatbeitrages genügt wie die stillschweigende Duldung der Tatausführung. Die Feststellung zum Faktum 2, wonach L***** „durch seine Anwesenheit in der Dunkelheit dem am Baum gefesselten Patrick Bi***** weiterhin den Eindruck vermittelte, er könne jederzeit in das Geschehen aktiv eingreifen" (US 10; vgl dazu SSt 54/15 - die Beurteilung dieser Aktivität als unmittelbare Täterschaft ist sinnfällig unrichtig), ließ im Übrigen jegliche Konstatierung zum ursächlichen Zusammenhang des Beitrages für die Verwirklichung des Tatbildes durch den Haupttäter vermissen. Intellektuelle Beitragstäterschaft kommt überdies nicht mehr in Betracht, wenn der unmittelbare Täter den Entschluss zu der in seiner Vorstellung individualisierten Tat bereits gefasst hat und daher einer Bestärkung nicht mehr bedarf. Wiewohl dem Angeklagten L***** zufolge seiner vorherigen Mitwirkung an der Freiheitsentziehung zum Nachteil Bi*****s aufgrund des Ingerenzprinzips (Mayerhofer StGB5 § 2 Rz 17) eine Garantenstellung in Bezug auf dessen bedrohtes Rechtsgut sexueller Selbstbestimmung (vgl Jerabek in WK2 § 74 Rz 30) zufallen würde, käme ein Tatbeitrag zur gefährlichen Drohung durch Unterlassen nur in Betracht, wenn eine Abwendung des Deliktserfolges noch möglich wäre (vgl zum gesamten Problemkreis Fabrizy in WK2 § 12 Rz 82, 83, 85 bis 91 mwN).
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