OGH 5Ob224/05k

OGH5Ob224/05k10.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard J*****, vertreten durch Dr. Gerhard Folk und Dr. Gert Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei A***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Manfred F*****, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried, wegen EUR 26.000 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 20. Juli 2005, GZ 6 R 130/05t-55, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes Leoben vom 3. Mai 2005, GZ 33 Cg 232/03t-45, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Zwischenurteil wird aufgehoben und das erstgerichtliche Zwischenurteil wiederhergestellt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer der Motorsegelyacht unter österreichischer Flagge „F*****". Das Schiff ist eine Nauticat 44 (Baujahr 1980) mit einer Länge von 13,3 m, einer Breite von 3,75 m und einem Tiefgang von 1,8 m. Das Schiff hat einen 6 Zylinder-Dieselmotor. Es verfügt über eine Schonertakelung mit zwei Masten und einer Segelfläche von 75 m² (Genua, Fock 1, Fock 2 und Groß). Das Schiff ist nicht zum Einhandsegeln hergerichtet. Zur Bedienung dieses Schiffstyps bedarf es zweier erfahrener Segler.

Der Kläger hat mehrere Segelscheine absolviert und verfügt über einige Segelerfahrung. Er bildete den Beklagten aus, bevor dieser das kroatische Küstenpatent (Küstenfahrschein) erwarb. Es handelt sich dabei nicht um einen Segelschein im eigentlichen Sinn, sondern um eine Fahrerlaubnis in gewissen Küstengewässern, wobei es dem jeweiligen Kapitän, der die diesbezügliche Prüfung abnimmt, obliegt, ob auch Fragen aus der Wetterkunde gestellt werden. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Kläger mit dem Beklagten auch konkret über Schwerwettersituationen gesprochen hat, insbesondere darüber, dass sich in der Nähe von Gewittern Sturmböen bilden können und wie darauf zu reagieren ist. Dem Beklagten war jedenfalls subjektiv nicht bekannt, dass Gewitterwolken von Sturmböen begleitet werden können.

Der Beklagte hatte vor dem gegenständlichen Vorfall bereits an neun Segeltörns teilgenommen, wobei er unter anderem mit dem Kläger mitgefahren ist. Nach seinem siebenten Segeltörn übernahm er auch die Funktion des Skippers. Er ist bis zum gegenständlichen Vorfall insgesamt bereits siebenmal auf dem gegenständlichen Schiff gefahren, zweimal bereits als Skipper. Als Skipper fungierte der Beklagte als Navigator und Steuermann, übernahm auch die Logbucheintragungen und die Peilungen von Ortschaften. Es gab auf seinen Fahrten nie eine wirkliche Schwerwettersituation; es kam nur einmal vor, dass er mit dem Schiff einen Tag lang mit Motorunterstützung bei Schwerwetter gesegelt ist. In den Marinas wurden jeweils die Großwetterkarten angesehen und der Wetterbericht von Radio Österreich gehört. Es war ihm bekannt, dass bei schnellem Abfall des Luftdruckes mit Schlechtwetter zu rechnen ist.

Die Parteien, beide Österreicher, schlossen hinsichtlich der „F*****" eine Nutzungsvereinbarung für die Zeit zwischen 28. 8. und 1. 9. 2002. Der Beklagte sollte auch bei dieser Fahrt als Skipper fungieren. In Punkt 4 war vereinbart:

„Die Yacht ist vollkasko- und haftpflichtversichert; sollten während der Benutzung der Yacht Schäden durch grobe Fahrlässigkeit bzw mutwillige Beschädigung entstehen, das heißt Schäden, welche die Versicherung ablehnt, so ist der Skipper voll haftbar. Im Normalfall wird der Skipper nur bis zur Höhe des Selbstbehaltes (Kaution) herangezogen."

Der Beklagte unternahm den Segeltörn mit seiner Frau, seinem Sohn und einem befreundeten Ehepaar. Keine dieser Personen verfügte über einen Segelschein. Die Frau des Beklagten hatte bereits einmal an einem Segeltörn teilgenommen, der Sohn viermal gemeinsam mit dem Vater, für das befreundete Ehepaar war es die erste Segelerfahrung.

Dem Kläger war zum Zeitpunkt der Übergabe des Schiffes an den Beklagten dessen Ausbildungs- und Erfahrungsstand bekannt. Er wusste auch, welche Crew sich an Bord befinden sollte und welche Segelerfahrungen sie hatte.

Aufgrund des kroatischen Küstenpatentes und der Abgabe der Crew-Liste in der Hafenkommandantur war der Beklagte im Zeitpunkt des Unfalls berechtigt, das Schiff in den Küstengewässern Kroatiens zu fahren.

Starkwinde und Sturm sind im Sommer normalerweise in diesen Küstenbereichen äußerst selten, aber nie auszuschließen. Es zählt zum Wissensstand eines verantwortungsbewussten Schiffsführers, dass er über die Zusammenhänge zwischen Wind und Wetter Bescheid weiß und dass Gewitter sehr häufig von Sturmböen begleitet sind. Der Schiffsführer ist allein verantwortlich für die Sicherheit des Bootes und der Passagiere sowie für die Einhaltung der Gesetze.

Der Kläger übergab dem Beklagten das Schiff bereits am Samstag vor dem 28. 8. 2002. Beim Segelsetzen und Segeleinholen übergab der Beklagte seinem 17-jährigen Sohn das Steuer des Schiffes und erteilte ihm die Weisung, es in den Wind zu stellen. Der Beklagte und über seine Anweisung sein Freund setzten die Segel bzw holten sie ein. Die Feineinstellung der Segel und die Schotenbedienung wurde jeweils vom Beklagten allein durchgeführt.

Am 28. 8. 2002 ereignete sich der Unglücksfall, bei dem das Schiff des Klägers durch Aufnahme von Wasser beschädigt wurde. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch relevant ist, kam es zu dem Wassereintritt in das Schiffsinnere dadurch, dass sich der Beklagte im vorhinein nicht ausreichend über die Wettersituation informiert hatte und nicht rechtzeitig auf die wahrgenommene Wettersituation reagierte, sondern noch etwa 45 Minuten bis eine Stunde nach Erkennen von Gewitteranzeichen mit vollen Segeln weiterfuhr, nicht rechtzeitig die Bergung der Segel bzw zumindest das Fieren der Schoten veranlasste, jedenfalls aber nicht sofort den Motor startete, sodass das Boot ohne Motorantrieb mit vollen Segeln von Sturmböen erfasst wurde. Er überließ seinem unerfahrenen Sohn das Steuer, der das Schiff nicht in den Wind stellen konnte, während der Beklagte den Motor endlich starten wollte, sodass Wasser durch die trotz der Gewitteranzeichen offenen Schiebetüren in das Schiffsinnere eindringen konnte, als das Schiff von den wechselnden Sturmböen erfasst und an die Wasseroberfläche gedrückt wurde. Wäre das Schiff im Zeitpunkt der ersten Böe nicht mehr mit Segeln gefahren, wäre der Schaden trotz offener Schiebetüren nicht eingetreten.

Der Kläger begehrt nun den Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden sei, dass der Beklagte als Schiffsführer auf das aufkommende Schlechtwetter grob fahrlässig unrichtig reagiert habe. Wegen des grob fahrlässigen Verhaltens sei die Nebenintervenientin als Kaskoversicherer nicht verpflichtet, den Schaden zu decken, sodass der Beklagte entsprechend der Vereinbarung zwischen den Parteien dafür hafte. Der Beklagte habe nicht für eine geeignete Besatzung des Schiffes gesorgt und das Steuer seinem 17-jährigen Sohn überlassen, der nicht die entsprechende Erfahrung gehabt habe.

Der Beklagte beantragt die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Kläger über seine Person und Fähigkeiten als Skipper Bescheid gewusst habe; er habe beim Kläger sowohl die theoretische als auch die praktische Schulung absolviert. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, wandte er für den Fall, dass das Gericht von einem groben Verschulden des Beklagten ausgehe, ein, dass den Kläger ein Mitverschulden von ¾ treffe, da er sein Schiff an den Beklagten übergab, obwohl er über seine Fähigkeiten und jene seiner Crew-Mitglieder informiert war.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehe. Dem Beklagten treffe ein grobes Verschulden, da er trotz bekannter Wettersituation die Kajütentür nicht geschlossen, die Segel nicht gefiert und überdies mit einer unterbemannten Crew das Schiff geführt habe. Dem Kläger seien der Umstand der Unterbemannung des Bootes sowie die Fähigkeiten des Beklagten als Schiffsführer und dessen Ausbildung bekannt gewesen. Er habe, weil er beim Beklagten den Eindruck hervorgerufen habe, dass dieser ausreichend für das Schiff geeignet und befähigt gewesen sei, ein gleichteiliges Mitverschulden zu tragen.

Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil dahingehend ab, dass es aussprach, dass die Forderung gegen den Beklagten dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehe. Es bestätigte die Ansicht des Erstgerichtes, dass dem Beklagten ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei, da er weder für die geeignete Besatzung des Schiffes gesorgt noch auf die Wettersituation richtig reagiert habe. Gerade bei mangelnder Erfahrung hätte sich ein Freizeitskipper besonders vorsichtig und voraussehend verhalten müssen, zumal in der Adria immer mit außerordentlichen Windverhältnissen zu rechnen sei und selbst bei rasch aufziehenden heftigen Unwettern bei gehöriger Sorgfalt immer noch ausreichend Zeit bleibe, die notwendigen Maßnahmen zu setzen. Der Beklagte habe aber auf die Witterungsbedingungen nicht bzw viel zu spät reagiert, sodass ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, sei er doch als Schiffsführer alleine für die Sicherheit des Bootes und aller Mitsegler verantwortlich. Ob und in welcher Weise der Beklagte diese Kenntnisse erworben habe, sei nicht wesentlich. Zum Erwerb eines kroatischen Küstenpatentes sei es zwar nicht erforderlich, einen Segelschein zu besitzen oder eine Segelausbildung mit Praxis nachzuweisen; das Verhalten des Skippers müsse aber am Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Schiffsführers gemessen werden. Da der Beklagte infolge der kroatischen Küstenfahrerlaubnis zur Fahrt berechtigt gewesen sei, sei dem Kläger ein Mitverschulden nicht zur Last zu legen, zumal dem Beklagten nicht vorgeworfen werde, als Skipper überhaupt ungeeignet zu sein, sondern vielmehr im konkreten Fall aufgrund zahlreicher und schwerwiegender Versäumnisse und Nachlässigkeiten ein Fehlverhalten gesetzt zu haben. Für den Kläger habe keine Veranlassung bestanden, an der grundsätzlichen Fähigkeit des Beklagten, das Boot alleinverantwortlich zu führen, zu zweifeln, da dieser über die Segelerfahrung von neun Segeltörn verfügt habe. Die Unterbemannung sei dem Kläger nicht anzulasten, sei doch der Beklagte selbst davon ausgegangen, in der Person seines 17-jährigen Sohnes ein segelerfahrenes Mannschaftsmitglied zur Verfügung zu haben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zur Beurteilung angestanden sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger und die Nebenintervenientin beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben, die Nebenintervenientin darüber hinaus primär, sie als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; sie ist teilweise auch berechtigt.

Der Revisionswerber stellt nicht mehr in Abrede, auf die gegebene Situation inadäquat und schadenskausal reagiert zu haben. Er habe sich nicht über die Wettersituation informiert, die notwendigen Maßnahmen nicht rechtzeitig getroffen und das Ruder seinem 17-jährigen Sohn überlassen, welcher es mangels Erfahrung nicht geschafft habe, das Boot in den Wind zu drehen (Revision Seite 3 II erster Absatz). Auf diesen Tatsachenkomplex und die zum Teil in sich widersprüchlichen Feststellungen des Erstgerichtes ist daher nicht weiter einzugehen. Der Revisionswerber räumt auch ein, dass einem erfahrenen Schiffsführer dieses Verhalten als (wohl gemeint grobe) Fahrlässigkeit anzulasten wäre. Er macht aber geltend, dass gerade in diesem Verhalten die mangelnde Erfahrung des Beklagten zum Ausdruck komme, da ihm ja nicht unterstellt werden könne, sich freiwillig in diese gefährliche Situation begeben zu haben. Es stelle sich daher die Frage, welcher Sorgfaltsmaßstab an den Beklagten anzulegen sei. Halte man sich vor Augen, dass für die von ihm vorgenommene Fahrt lediglich die mit geringen Anforderungen verbundene Küstenfahrerlaubnis erforderlich gewesen sei, so sei von einem eher geringen Leistungsstandard im maßgeblichen Verkehrskreis auszugehen. Die Anforderungen an die vom Beklagten geforderte Sorgfalt dürften daher nicht überspannt werden; dem Beklagten sei keine grobe Fahrlässigkeit anzulasten. Jedenfalls treffe den Kläger, der dem Beklagten das Schiff trotz Kenntnis seines Erfahrungsstandes unterbemannt übergeben habe, ein Mitverschulden, das gegenüber dem des Beklagten bei weitem überwiegend einzuschätzen sei.

Dazu wurde erwogen:

Grundsätzlich sind zwar die Fragen, welcher Grad der Fahrlässigkeit vorliegt und wie groß ein Mitverschulden ist, solche des Einzelfalls (vgl RIS-Justiz RS0030331; RS0087606), doch sind sie hier zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifen.

Die Vorinstanzen haben bereits zutreffend die Grundsätze dargelegt, nach denen ein Verhalten als grob fahrlässig beurteilt wird. Grobe Fahrlässigkeit ist eine Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, die sich über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt, wobei der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar ist. Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass der Verstoß gegen das normale Handeln auffallend und der Vorwurf im höheren Maß gerechtfertigt ist. Sie ist also dann gegeben, wenn ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (RIS-Justiz RS0031127).

Nach der Rechtsprechung ist der Schiffsführer als Sachverständiger nach § 1299 ABGB anzusehen, der für die in seiner Branche üblichen nautischen und gesetzlichen Kenntnisse einstehen muss, die zur Ausübung dieser Tätigkeit objektiverweise erforderlich sind (2 Ob 165/03h; 2 Ob 95/98d; 8 Ob 30/86; RIS-Justiz RS0026553 [T1, 3 u 4]).

Im gegenständlichen Fall war der Beklagte durch das kroatische Küstenpatent berechtigt, in gewissen Küstengebieten ein Schiff zu führen. Als Schiffsführer hatte er dem Sorgfaltsmaßstab durchschnittlicher Eignung zu entsprechen, auch wenn das Patent ohne besondere Prüfungs- und Praxisanforderungen erteilt wird. Zu beachten ist überdies nach der bereits zitierten Bestimmung des § 1299 ABGB, dass der Beklagte, wenn er sich als Schiffsführer betätigte, dafür einzustehen hatte, dass er den hiefür notwendigen Wissensstand und die notwendige Erfahrung hat (vgl SZ 43/221; 1 Ob 262/98f; RIS-Justiz RS0026557); andernfalls hätte er nicht allein verantwortlich die Führung eines Schiffes übernehmen dürfen. Zu den üblicherweise vorauszusetzenden Fähigkeiten eines Schiffsführers gehört, dass er in der Lage ist, sein Schiff auch bei Schlechtwetter weder selbstgefährdend noch fremdgefährdend zu steuern und adäquat zu reagieren. Der Beklagte kann sich also nicht dadurch entlasten, dass das kroatische Küstenpatent ohne Überprüfung von Praxiswissen erteilt wird. Er hatte den Anforderungen eines ordentlichen Verkehrsteilnehmers, im vorliegenden Fall eines Schiffsführers zu entsprechen.

Geht man vom außer Streit gestellten Verhalten des Beklagten aus, so hat er mehrere Fehlleistungen zu verantworten, die insgesamt als auffallende Sorglosigkeit zu bewerten sind (vgl auch RIS-Justiz RS0030372). Ein Schiffsführer kann ein Schiff nur dann führen, wenn er auch auf unvorhergesehene, aber keinesfalls außergewöhnliche Wettersituationen entsprechend reagieren kann. Traut er sich dies trotz Küstenpatentes nicht zu, so würde der durchschnittliche Schiffsführer entweder einen geeigneten Berater mitnehmen oder dafür sorgen, dass er nicht in Situationen gerät, mit denen er schon nach seiner eigenen Einschätzung nicht vertraut ist, dass er also - wie hier - beim ersten Anzeichen einer auch nur möglichen Schlechtwetterlage sofort den nächsten Hafen anfährt. Der Beklage fuhr aber noch über eine dreiviertel Stunde weiter, ohne auf die sichtbaren Anzeichen von Schlechtwetter zu achten oder zumindest auf Motorbetrieb umzuschalten. Ihm ist - von den Vorinstanzen zutreffend erkannt - bei dieser Sachlage auffallende Sorglosigkeit vorzuwerfen.

Nicht gefolgt werden kann aber der Beurteilung des Berufungsgerichtes hinsichtlich des Mitverschuldens des Klägers, also eigentlich der Sorgfaltswidrigkeit des Klägers gegenüber den eigenen Gütern im Sinne des § 1304 ABGB (RIS-Justiz RS0022681; RS0032045). Feststeht, dass es für die Bedienung dieses Schiffstyps zweier erfahrener Segler bedarf und daher das Schiff mit dem Beklagten und seiner Crew von vornherein nicht ausreichend bemannt war. Feststeht auch, dass dem Kläger der Ausbildungsstand des Beklagten und die fehlende Segelerfahrung der Crew bekannt war. Dies bedeutet, dass der Kläger sein Eigentum statt an zwei erfahrene Segler, wie dies zur Bedienung dieses Schiffstyps notwendig gewesen wäre, an den nicht besonders erfahrenen Beklagten allein (als einzigen Segelkundigen) überließ und schon deshalb eine Schädigung riskierte. Es liegt auf der Hand, dass zwei erfahrene Segler nicht nur die Wettersituation besser eingeschätzt hätten, sondern auch etwaige Versehen leichter korrigieren und notwendige Seemanöver schneller und effizienter durchführen hätten können als der Beklagte allein. Der Klägers hat also seine Sache selbst einer höheren Gefahrenlage ausgesetzt. Da er den Beklagten selbst ausgebildet und mehrere Segeltörns mit ihm absolviert hatte, sodass er über seinen Wissensstand umfassend informiert war, ist ihm dieser Umstand besonders anzulasten. Sein Mitverschulden ist mit der Hälfte zu veranschlagen.

Es war daher das erstinstanzliche Zwischenurteil wiederherzustellen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 393 Abs 4 iVm 52 ZPO.

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