Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Peter Z***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (l.) und des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 vierter Fall StGB (2.) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Neustift i. St. Nachgenannte Frauen durch gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bzw mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt bzw zu nötigen versucht, und zwar
l. am 1. März 2005 die 19-jährige Sofije G***** durch Zuhalten des Mundes und gewaltsames Erfassen am Hinterkopf und die Aufforderung mitzukommen, um mit ihr einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;
2. am 19. April 2005 die 24-jährige Volha C***** durch gewaltsames Umklammern, Wegzerren von der Straße, durch zu Boden Drücken und Drücken seines Armes auf ihren Hals sowie durch die Äußerung, er werde sie umbringen, zur Duldung des Beischlafs, des Oralverkehrs und des Analverkehrs, wobei die vergewaltigte Person durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt worden ist.
Der vom Angeklagten allein gegen die im Punkt 2. angenommenen Qualifikation nach § 201 Abs 2 vierter Fall StGB gerichteten, aus den Gründen der Z 5, 5a, 8, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe die Feststellung des auf besondere Erniedrigung des Opfers gerichteten Tätervorsatzes (US 7) „völlig unzureichend", ja „geradezu aktenwidrig" begründet, weil das gesamte Verfahren für eine derartige Feststellung keine Grundlage biete, trifft nicht zu. Denn die Tatrichter konnten die in Rede stehende Annahme logisch und empirisch einwandfrei aus dem (bei Erörterung der Subsumtionsrüge wiedergegebenen) äußeren Tatgeschehen ableiten (vgl US 10); davon ausgehend bedurfte es keiner weiteren Erörterung, dass der Angeklagte den Sinngehalt des normativen Tatbildmerkmals der besonderen Erniedrigung erkannt hat und sich des Unwerts der qualifizierten Rechtsgutbeeinträchtigung zumindest laienhaft bewusst war.
Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der der Annahme der bekämpften Deliktsqualifikation zu Grunde gelegten Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite vermag der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht zu erwecken, erschöpft sich doch sein Vorbringen, er habe auf Grund von Alkoholisierung und seiner sexuellen Unerfahrenheit „ganz offensichtlich" unter einem Realitätsverlust gelitten und dadurch die Situation seines Opfers falsch eingeschätzt, in der Bekämpfung der unbedenklichen tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Aus dem Umstand, dass in Ansehung des Schuldspruches 2. die Deliktsqualifikation nach § 201 Abs 2 vierter Fall angenommen wurde, obgleich die schriftliche Anklage (ON 21) insofern nur auf das nicht weiter qualifizierte Verbrechen nach § 201 Abs 1 StGB lautete und die Staatsanwaltschaft die Anklage auch „nicht umgestellt bzw ausgedehnt" hat, obgleich in der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden die Möglichkeit der Verwirklichung der Qualifikation nach § 201 Abs 2 vierter Fall StGB - zur Wahrung der in Art 6 EMRK garantierten Verfahrensrechte - erörtert worden ist (S 449), macht der Beschwerdeführer sowohl eine Überschreitung der Anklage (Z 8) als auch ein Fehlen der gesetzlichen Anklageberechtigung (Z 9 lit c) geltend.
Dabei übersieht er zunächst, dass dem Nichtigkeitsgrund der Z 8 (ebenso wie jenem der Z 7) der prozessuale Tatbegriff zu Grunde liegt. Demnach ist bei einem Beschwerdevorbringen, die Anklage sei überschritten (Z 8) oder nicht erledigt (Z 7) worden, nur zu prüfen, ob Anklage und Urteil denselben Lebenssachverhalt (dasselbe historische Tatgeschehen) zum Gegenstand haben (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, liegt doch sowohl Punkt 2. der Anklage als auch Punkt 2. des Urteils die am 19. April 2005 durch Gewaltanwendung und gefährliche Drohung erzwungene Nötigung der 24-jährigen Volha C***** zum Beischlaf sowie zum Oral- und Analverkehr zu Grunde. Der Umstand allein, dass im Urteil die rechtliche Beurteilung der Tat von jener der Anklagebehörde abweicht, indem - wie hier - eine zusätzliche Qualifikation angenommen wurde, begründet keine Anklageüberschreitung (vgl Fabrizy StPO9 § 281 Rz 53; Mayerhofer StPO5 § 281 Z 8 E 3).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO wiederum ist nur dann gegeben, wenn das Urteil infolge unrichtiger Beurteilung der Anklagetat rechtsirrig eine öffentliche oder private Anklage für notwendig oder nicht notwendig hält oder dem Ankläger rechtsirrig das Strafanklagerecht zu- oder aberkennt (Fabrizy aaO Rz 65). Mit dem Beschwerdevorbringen wird aber ein derartiges Fehlen der gesetzlichen Anklageberechtigung nicht dargetan.
Durch die rechtliche Annahme der Qualifikation nach § 201 Abs 2 vierter Fall StGB ist das Erstgericht aber auch keinem Subsumtionsirrtum (Z 10) unterlegen. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzustimmen, dass mit jeder Vergewaltigung eine Erniedrigung des Opfers gegeben ist, § 201 Abs 2 vierter Fall StGB demgegenüber eine Erniedrigung des Opfers „in besonderer Weise" verlangt. Der Beschwerde zuwider ist die Annahme der bekämpften Qualifikation aber nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil „sämtliche Handlungen des Angeklagten weder mit besonderer Gewaltanwendung verbunden, noch mit sadistischen Merkmalen behaftet waren, auch nicht mit Fesselungen, Knebelungen oder Fäkalpraktiken etc". Die bezeichnete Qualifikation setzt nämlich eine besondere Gewaltanwendung des Täters oder sadistische Merkmale der geschilderten Art gar nicht voraus. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Begleitumstände der Tat insgesamt derart schwerwiegend waren, dass sie das mit einer Vergewaltigung jedenfalls verbundene Maß an Demütigung erheblich überschritten haben (vgl 12 Os 88/0l, 15 Os 141/0l).
Als Komponenten einer derartigen besonders erniedrigenden Opferbehandlung hat das Erstgericht zu Recht hervorgehoben, dass das Opfer durch die (nachts am freien Feld vorgenommene) Tat über einen relativ langen Zeitraum (ca eine Stunde) im raschen Wechsel Oralverkehr, Vaginalverkehr, Analverkehr und schließlich nach dem Analverkehr nochmals Oralverkehr erdulden musste, der Angeklagte im Zuge des Oralverkehrs sich letztlich selbst befriedigte und sein Ejakulat sodann in den Mund des Opfers spritzte und ihm zum Abschied sagte, sie solle morgen wiederkommen, wenn sie Geld wolle, womit er ihre persönliche Würde durch Unterstellung ihrer Käuflichkeit noch zusätzlich herabsetzte (US 10 f iVm US 5 bis 7).
Aus dem Kontext aller dieser Tatmodalitäten ist besonders der erzwungene neuerliche Oralverkehr und das Ejakulieren in den Mund, knapp nachdem er einen Analverkehr durchgeführt hatte, hervorzuheben, welche Umstände (ebenso wie das Ejakulieren in dessen Gesicht und auf dessen Brust, vgl NRsp 1994/44) eine besondere Demütigung des Opfers darstellen, welchen Umstand der Angeklagte im vorliegenden Fall darüber hinaus noch verbalisiert hat. Durch die über ca eine Stunde andauernde Penetrierung an allen hiefür in Betracht kommenden Körperöffnungen mit dem Penis hat der Angeklagte seinem Opfer die (schon auf Grund von Tatort und Tatzeit gegebene) Aussichtslosigkeit der Situation besonders deutlich vor Augen geführt und es zum reinen Lustobjekt erniedrigt.
Das Erstgericht hat daher zu Recht eine in besonderer Weise erfolgte Erniedrigung des Opfers angenommen.
Gegen die bezügliche Feststellung zur subjektiven Tatseite wendet der Beschwerdeführer bloß ein, dass sich „weder aus den gesamten Angaben des Opfers eine Erniedrigung in besonderer Weise, noch eine Intention des Täters in diese Richtung" ergebe. Damit hält er bei Behauptung eines Rechtsirrtums prozessordnungswidrig nicht am konstatierten Sachverhalt (vgl nochmals US 7) fest.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Jugendschöffengericht verurteilte Peter Z***** nach dem ersten Strafsatz des § 201 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 5 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten, von der es nach § 43a (richtig) Abs 3 StGB einen Strafteil von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.
Dabei wertete es die zweifache Begehung des Verbrechens erschwerend;
mildernd berücksichtigte es „die alkoholinduzierte Herabsetzung der Hemmschwelle (wobei er beim zweiten Mal schon wusste, wozu er im Rausch fähig ist), das Geständnis (zum Versuch vor der Gendarmerie;
zur vollendeten Tat hat der Angeklagte gestanden, soweit er durch Zeugen- und Sachbeweis überführt war), die Unbescholtenheit, die Jugend, die teilweise Gutmachung des Schadens (Zahlung von 1.000 EUR Teilschmerzengeld an C*****), dass die erste Tat beim Versuch geblieben ist".
Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er die Herabsetzung und gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe anstrebt.
Der Berufung zuwider kommt dem letztlich abgelegten Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) keineswegs ein höheres Gewicht bei der Strafzumessung zu. Denn der Angeklagte hat ursprünglich die Verbrechen abgestritten (S 249) und wurde durch die Aussagen der beiden Opfer und eine DNA-Analyse überführt, sodass es bloß in geringem Maß der Wahrheitsfindung diente. Da er überdies vorgab, sich an die wesentlichsten Vergewaltigungsaktivitäten nicht zu erinnern, kann auch von einem reumütigen Geständnis nicht die Rede sein. Entgegen der Berufung wurde der mildernde Umstand, dass die Taten „in einem auffallenden Widerspruch zu seinem bisherigen Lebenswandel standen", vom Erstgericht durch die Annahme des Milderungsgrundes der „Unbescholtenheit" ersichtlich ohnedies honoriert.
Bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die vom Erstgericht zu Gunsten des Berufungswerbers berücksichtigte „Jugend" bereits in der Anwendung des § 5 JGG ihren Niederschlag findet und deshalb als besonderer Milderungsgrund zu entfallen hat.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher zu einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe nicht bestimmt.
Angesichts der Wiederholung des Verbrechens und des zum Teil ungewöhnlich hohen Unrechtsgehalts der Taten erfordern schon spezialpräventive Aspekte den unbedingten Vollzug des Strafteils von 10 Monaten Freiheitsstrafe.
Der Berufung war daher gleichfalls der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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