OGH 13Os121/05a

OGH13Os121/05a14.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer in der Strafsache gegen Oskar M***** wegen Verbrechen des versuchten Totschlags nach §§ 15 Abs 1, 76 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 16. September 2005, GZ 28 Hv 98/05d-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Oskar M***** dreier Verbrechen des versuchten Totschlags nach §§ 15 Abs 1, 76 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er sich am 6. März 2005 in K***** in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, nachstehende Personen zu töten zu versuchen, indem er ihnen mit einem Finnenmesser (Filetiermesser) mit einer Klingenlänge von 15,5 cm einen Bauchstich versetzte und zwar:

1.) seine Gattin Anna M*****, welche dadurch eine Stichverletzung im Bauch, verbunden mit einer Perforation des querverlaufenden Dickdarmes sowie eine oberflächliche Läsion der Magenvorderwand und eine Läsion der Milz erlitt;

2.) seine Tochter Erika M*****, welche dadurch eine Stichverletzung im Bereich des linken Mittel/Oberbauches, mit Eröffnung der Bauchhöhle sowie eine begleitende Läsion des linken Leberlappens und eine Schnittverletzung am rechten Zeigefinger erlitt;

3.) den Lebensgefährten seiner Tochter Emmerich S*****, welcher dadurch eine Stichverletzung im Bereich des linken Unterbauches mit Eröffnung des Bauchraumes sowie eine Verletzung des Darmgekröses mit Perforation des Dünndarmes erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche jedoch ins Leere geht. Sie meint, dass angesichts der Ausführungen der Sachverständigen Dr. Adelheid K***** die Frage nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) zu stellen gewesen wären. Die Gutachterin selbst habe zwar das Vorliegen eines schuldausschließenden Affekts verneint, dies könne jedoch nicht die Fragestellung ausschließen.

Durchaus zutreffend führt die Beschwerde aus, dass eine allfällige Zurechnungsunfähigkeit des Täters im geschworenengerichtlichen Verfahren nur dann zum Gegenstand einer Zusatzfrage zu machen ist, wenn Verfahrensergebnisse Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit des Angeklagten, seiner strafrechtlichen Verantwortung im konkreten Fall, geben, wenn also im Beweisverfahren für das Vorliegen eines im § 11 StGB beschriebenen, die Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit des Angeklagten ausschließenden Ausnahmezustandes konkrete Anhaltspunkte hervorgekommen sind. Dabei müsse es gleichgültig bleiben, ob dieses Vorbringen vom Angeklagten selbst kommt oder ob sich die Indikation aus dem Sachverständigengutachten ergebe. Da die Beschwerde es jedoch unterlässt, solche in der Hauptverhandlung „vorgekommenen Tatsachen" anzuführen, die Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit indizieren und somit eine Fragestellung gebieten, entbehrt sie einer den Erfordernissen der Strafprozessordnung entsprechenden Ausführung. Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass die Sachverständige im Sinne einer umfassenden Analyse des psychischen Zustands des Angeklagten im Tatzeitpunkt dessen Diskretions- und Dispositionsfähigkeit ausdrücklich bejaht, wird kein Umstand dargetan, der eine allein den Geschworenen zustehende Beweiswürdigung zum Vorliegen des Schuldausschließungsgrundes nach § 11 StGB erfordert hätte. Denn die Bejahung der Sachverhaltsgrundlagen eines Schuldelements durch einen Gutachter indiziert keinen Zweifel an deren Prämissen. Vielmehr wäre es am Beschwerdeführer gelegen, derartige Bedenken zum Vorliegen der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit aus den im Verfahren vorgekommenen Beweismitteln abzuleiten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden hat (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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