OGH 1Ob246/05s

OGH1Ob246/05s22.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der außerstreitigen Familienrechtssache des Antragstellers Manfred S*****, vertreten durch Dr. Erwin Bajc, Dr. Peter Zach und Dr. Reinhard Teubl, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, gegen die Antragsgegnerin Barbara S*****, vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 26. September 2005, GZ 3 R 128/05p-14, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 26. Juli 2005, GZ 1 C 62/04x-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Der Antragsteller macht in seinem außerordentlichen Rechtsmittel allein geltend, seine Kreditverbindlichkeiten seien Schulden, die iSd § 81 Abs 1 EheG mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stünden. Er gesteht jedoch selbst zu, er sei die Verbindlichkeiten zur Finanzierung seines Unternehmens (Gasthausbetrieb) eingegangen, dessen Einkünfte allerdings der Finanzierung eines Teils des Lebensaufwands der Streitteile gedient hätten: Wäre nicht ein Teil der Privatentnahmen für die eheliche Lebensführung verwendet worden, so hätte dieser Teil zur Rückführung der aushaftenden Kredite verwendet werden können; dass der Aufbau eines Unternehmens im Regelfall nicht gänzlich aus Eigenmitteln erfolgen könne und die Einnahmen eines solchen Unternehmens zur Deckung der Lebensbedürfnisse herangezogen werden, liege auf der Hand.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Erwägungen vermag jedoch der für eine Einbeziehung der Kreditverbindlichkeiten in das Aufteilungsverfahren erforderliche Konnex („innere Zusammenhang") mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen nicht hergestellt zu werden. Soweit der Revisionsrekurswerber ausführt, seine Privatentnahmen seien „für die eheliche Lebensführung verwendet" worden bzw hätten zur Finanzierung eines Teils des „Lebensaufwands" der Streitteile gedient, behauptet er nicht einmal einen Zusammenhang mit bestimmten - im für das Aufteilungsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt vorhandenen - Vermögenswerten (Gebrauchsvermögen oder Ersparnissen), zu deren Anschaffung Verbindlichkeiten eingegangen, vergrößert oder nicht abgedeckt worden wären. Schulden iSd § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG sind nach herrschender Auffassung nur jene, die zur Herstellung, Anschaffung, Instandhaltung oder Verbesserung des Gemeinschaftsvermögens oder der Ersparnisse eingegangen worden sind (vgl dazu nur die Nachweise bei Stabentheiner in Rummel³ II/4 § 81 EheG Rz 5). Verbindlichkeiten, die zur Finanzierung des laufenden Lebensaufwands (Miete, Versicherung, Nahrung, Heizung ...) begründet werden, sind von § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG hingegen nicht erfasst. Inwieweit sie allenfalls als „Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen", iSd § 83 Abs 1 EheG zu beurteilen wären, ist nicht zu prüfen, weil sich der Revisionsrekurswerber damit nicht auseinandersetzt.

Aber auch wenn mit aus Privatentnahmen eines Einzelunternehmers erlangten Mitteln eheliches Gebrauchsvermögen angeschafft oder eheliche Ersparnisse gebildet werden, können die diesen Aufwendungen betragsmäßig entsprechenden Unternehmensverbindlichkeiten nicht einfach gemäß § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG mit dem Argument bei der Aufteilung in Anschlag gebracht werden, bei Unterlassung derartiger Entnahmen hätten Unternehmensschulden getilgt werden können. Ganz zutreffend weist der Revisionsrekurswerber selbst darauf hin, es liege auf der Hand, dass der Aufbau eines Unternehmens im Regelfall nicht gänzlich aus Eigenmitteln erfolgen kann und die Einnahmen - im Wege von Privatentnahmen - teilweise auch zur Deckung der Lebensbedürfnisse herangezogen werden. Derartige Privatentnahmen stellen ja wirtschaftlich betrachtet eine Abgeltung der unternehmerischen Tätigkeit einschließlich des unternehmerischen Risikos und des Kapitaleinsatzes des Einzelunternehmers dar („Unternehmerlohn"), wobei es auch keineswegs untypisch ist, sich bei der Höhe der Entnahmen nicht stets am (etwa im jeweiligen Monat) aktuellen Geschäftserfolg zu orientieren, sondern sich ein einigermaßen gleichbleibendes (angemessenes) Einkommen zu verschaffen. Dass diesem damit regelmäßig ein gewisser Vorrang vor der Rückzahlung von für den Aufbau des Unternehmens in Anspruch genommenen Kreditverbindlichkeiten zukommt, kann somit als durchaus planmäßig qualifiziert werden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Antragsteller in den Jahren 1996, 1997 und 1999 Beträge von durchschnittlich 18.000 S pro Monat entnommen, in einem weiteren - zeitlich nicht näher eingegrenzten Zeitraum - zumindest 20.000 S monatlich. Darauf, dass diese Entnahmen die betriebswirtschaftlich angemessenen Beträge erheblich überstiegen oder gar zu einer Ausweitung der Unternehmensverbindlichkeiten geführt hätten, beruft er sich im Revisionsrekurs nicht. Sein Hinweis, er sei erhebliche Verbindlichkeiten eingegangen, um mit den Einkünften den Lebensaufwand der Familie abzudecken, bietet keinen ausreichenden Anlass, die unstrittigermaßen zu unternehmerischen Zwecken aufgenommenen Kredite - auch nur teilweise - in Verbindlichkeiten „umzuwidmen", die in einem inneren Zusammenhang mit der Herstellung, Anschaffung, Instandhaltung oder Verbesserung (nicht näher konkretisierter Gegenstände) des Gebrauchsvermögens stünden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Stichworte