OGH 14Os104/05h

OGH14Os104/05h22.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander S***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 25. Juli 2005, GZ 24 Hv 42/05i-44, sowie über die Beschwerde (§ 498 Abs 1 StPO) des Angeklagten nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Alexander S***** der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (1. a) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 3 StGB (1. b) sowie des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Altenberg bei Linz seine Mutter Anna S*****

1. vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar

a) etwa vierzehn Tage vor dem 24. Jänner 2005 zumindest einmal durch Versetzen von Schlägen gegen den Körper, wobei er ihr Hämatome in der linken Gesichtshälfte zufügte;

b) am 24. Jänner 2005 dadurch, dass er zunächst mit seiner Faust und anschließend mit einem Schnitzelhammer auf die am Tisch liegende linke Hand sowie den linken Arm seiner Mutter einschlug, wobei er dieser jedes Mal, wenn sie Schmerzenslaute von sich gab, mit der flachen Hand ins Gesicht oder gegen den Kopf schlug, ihr sohin unter Zufügung besonderer Qualen Prellungen und Hämatome im Bereich der linken Schulter, des linken Ellenbogens und Vorderarmes sowie des linken Handrückens zugefügt;

2. am 24. Jänner 2005 durch die unter Punkt 1. b) geschilderten Gewalttätigkeiten sowie durch Drohungen drei bis vier Stunden lang widerrechtlich auf solche Weise gefangen gehalten, die der Festgehaltenen besondere Qualen bereitete.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) blieben die zum Schuldspruch 1. a) getroffenen Feststellungen (US 4/5) nicht unbegründet, sondern stützte sich das Gericht auf die Aussage des Zeugen Johann T***** (US 8 Abs 1 ).

Die Schuldsprüche 1. b) und 2. gründeten die Tatrichter auf die Angaben der Zeugen Johann und Johanna T***** sowie des behandelnden Oberarztes Dr. C*****, hinsichtlich der Verletzungsfolgen auch auf die im Akt erlegenden Lichtbilder und die Krankengeschichte (US 6). Der Zeitraum, in welchem die Körperverletzung stattfand, und die Dauer der Freiheitsentziehung ergibt sich - entgegen der Beschwerde - nicht nur aus den Depositionen des Zeugen Johann T*****, der die Zeiten nur aufgrund der übrigen Umstände schätzte (vgl insbesondere die dazu gemachten Vorhalte des Verteidigers S 216 ff), sondern insbesondere aus den diesbezüglich präzisen Angaben der Zeugin Johanna T***** (S 149 oben - „drei Stunden lang", „Frau S***** konnte nicht weglaufen"). Diese Zeugin hat überdies von „roten Punkterln" auf der verletzten Hand gesprochen und diese auf den Schnitzelhammer zurückgeführt. Wenn das Erstgericht (auch) darauf die bekämpften Schuldsprüche gründete und damit die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachtete, liegt ein Begründungsmangel nicht vor.

Die genaue Tatzeit betrifft keinen für die Schuldfrage entscheidenden Umstand, zumal vorliegend der - wie angeführt - begründet angenommenen Tatzeitraum wesentlich ist.

Die festgestellte „Todesangst" (US 6) erschloss das Gericht aus dem Umstand, dass der Angeklagte seine Mutter drei bis vier Stunden lang „während der Gefangennahme andauernden Misshandlungen aussetzte, die sie nicht nur am Körper verletzten, sondern ihr auch erhebliche Schmerzen und Qualen zufügten" (US 7).

Das Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. H***** wurde nicht übergangen, sondern in den Urteilsgründen zureichend erörtert (neuerlich US 7).

Dem in der Tatsachenrüge (Z 5a) erhobenen Einwand gegen die Aussage des Zeugen Johann T***** zur festgestellten Zeitdauer ist entgegenzuhalten, dass sich das Schöffengericht nicht nur auf die Angaben dieses Zeugen stützte, sondern insbesondere auch auf die Aussage seiner Ehegattin Johanna T*****, welche die ihr von der Verletzten erzählten Ereignisse und ihre eigenen Wahrnehmungen detailliert schilderte (vgl vor allem S 149). Aufgrund dieser Bekundungen sowie der übrigen Beweisergebnisse ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Solche zu wecken ist auch das Vorbringen zum Vorliegen besonderer Qualen nicht geeignet. Der gerichtsmedizinische Sachverständige Dr. Johann H***** hat sich darauf beschränkt, die objektiv vorliegenden Verletzungen zu begutachten, wobei er zum Ergebnis kam, es handle sich um eine an sich leichte Verletzung.

Für die Annahme besonderer Qualen bedarf es nicht nur des Zufügens von Schmerzen, es sind vielmehr mit der körperlichen Misshandlung auch die psychische Verfassung des Opfers und seine Erwartungen und Befürchtungen in der gegebenen Situation zu berücksichtigen (SSt 49/33). Diese müssen insgesamt das Opfer wegen ihrer erheblichen Intensität oder wegen ihrer Dauer außergewöhnlich belasten (SSt 51/43, 57/66, 60/34; Kienapfel/Schroll BT I5 § 84 Rz 67). Unter Berücksichtigung aller vom Erstgericht festgestellten Tatsachen, vor allem der Aufforderung, sich die Hand abzuhacken bzw abzuschneiden, der mehrfachen massiven Schläge des Sohnes gegen den Arm und die Hand der eigenen Mutter über einen Zeitraum von rund drei Stunden, wobei er ihr nicht gestattete, das Haus zu verlassen, und der dadurch bewirkten Todesangst bestehen trotz der Zufügung nur leichter Verletzungen keine Bedenken gegen die Annahme von „besonderen Qualen".

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a - der Sache nach Z 10) wendet ein, das „bloße Schlagen" auf die Hand des Opfers bewirke keine besonderen Qualen iSd § 84 Abs 2 Z 3 StGB. Sie stellt damit aber nicht den vom Gesetz gebotenen Vergleich des gesamten festgestellten Sachverhaltes (siehe hiezu Ausführungen zur Z 5a) mit dem darauf angewendeten Gesetz an. Soweit sich das Vorbringen gegen die Tatschilderung im Urteilsspruch richtet, legt es nicht dar, warum die allein maßgebenden Urteilsfeststellungen für die rechtliche Qualifikation nicht ausreichen.

Auch die nur gegen die Annahme des Vorliegens besonderer Qualen iSd § 99 Abs 2 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet das Fehlen von Feststellungen, unterlässt es aber anzugeben, warum die geschilderten Konstatierungen die Qualifikation nicht bewirken konnten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators, jedoch entgegen der hiezu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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