OGH 8ObA24/05w

OGH8ObA24/05w16.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die fachkundigen Laienricher Dr. Ernst Galutschek und Thomas Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, vertreten durch die IAF-Sevice GmbH, *****, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Guido Held, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Schlögelgasse 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** GmbH, wegen EUR 1.856,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17. Februar 2005, GZ 8 Ra 7/05v-16, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Oktober 2004, GZ 14 Cga 57/04y-12, abgeändert worden war, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 277,60 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die spätere Gemeinschuldnerin traf mit einem ihrer Arbeitnehmer am 28. 8. 2002 eine Altersteilzeitvereinbarung. Diese sah eine Reduktion der Normalarbeitszeit um 60 % und einen Durchrechnungszeitraum von 20 Monaten vor. Dabei sollte der Arbeitnehmer in der Zeit vom 1. 9. 2002 bis 30. 4. 2003 weiter 38,5 Wochenstunden arbeiten und dann ab 1. 5. 2003 bis 30. 4. 2004 die Freizeitphase in Anspruch nehmen. Sein Bruttomonatsgehalt wurde von EUR 4.500,- - ab 1. 9. 2002 auf EUR 3.150,-- herabgesetzt, wobei EUR 1.800,-- von der Gemeinschuldnerin und die restlichen EUR 1.350,-- als Lohnausgleich vom Arbeitsmarktservice bezahlt werden sollten. Über das Vermögen dieser Arbeitgeberin wurde jedoch mit Beschluss vom 16. 10. 2002 das Konkursverfahren eröffnet. Der Arbeitnehmer arbeitete dann bis zu seinem Austritt nach der konkursgerichtlichen Bewilligung der Schließung des Teilbereiches des Unternehmens am 6. 12. 2003 weiter. Seine im Konkursverfahren angemeldeten Forderungen wurden vom beklagten Masseverwalter als Konkursforderungen anerkannt. Hingegen hat die IAF-Service GmbH, die für die Gutstunden aus der Altersteilzeitvereinbarung von der Konkurseröffnung bis zum Austritt EUR 1.856,-- an Insolvenz-Ausfallgeld bescheidmäßig anerkannt hat, dem beklagten Masseverwalter ihren Standpunkt mitgeteilt, dass diese Gutstunden zwischen der Konkurseröffnung und dem Austritt des Arbeitnehmers Masseforderungen seien.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nunmehr den der Höhe nach unstrittigen Betrag von EUR 1.856,- an Gutstunden aus der Altersteilzeitvereinbarung. Es handle sich um jene Gutstunden, die daraus resultierten, dass der Dienstnehmer in der Vollzeitphase weiter 38,5 Stunden gearbeitet habe. Dies stelle keinen Beendigungsanspruch dar, sondern einen Anspruch auf laufendes Entgelt. Diese zwischen 17. 10. und 6. 12. 2002 geleisteten Gutstunden seien als Masseforderungen zu qualifizieren.

Der beklagte Masseverwalter beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass der Arbeitnehmer gemäß § 25 Abs 1 Z 2 KO berechtigt ausgetreten sei. Es handle sich um Ansprüche aus der Beendigung aus diesem Arbeitsverhältnis und somit gemäß § 51 Abs 2 Z 2 KO um Konkursforderungen. Allgemein sei § 25 KO als masseschonende Beendigungsform zu qualifizieren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging rechtlich im Wesentlichen davon aus, dass der Arbeitnehmer hier während seiner Vollzeitarbeitsphase nach § 25 KO infolge der Betriebsschließung berechtigt seinen Austritt erklärt habe. Nach § 46 Abs 1 Z 3 KO seien zwar alle nach Konkurseröffnung entstandenen Ansprüche auf laufendes Entgelt Masseforderungen, nicht aber die Beendigungsansprüche. Diese seien als Konkursforderungen zu qualifizieren. Dazu sei auch die Abgeltung des Zeitguthabens zu zählen, weil im Falle einer Fortführung des Dienstverhältnisses es zu keiner Auszahlung des Guthabens, sondern zu einem Anspruch auf bezahlte Freizeit nach Ablauf der Vollarbeitszeitphase gekommen wäre. Die Abgeltung der Gutstunden sei daher ausschließlich wegen des Austrittes zufolge der konkursbedingten Betriebsschließung fällig geworden. Sie stelle damit so wie etwa ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung eine Konkursforderung dar.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei Folge und änderte es im klagsstattgebenden Sinne ab. Es ging rechtlich davon aus, dass nach § 46 Abs 1 Z 3 KO die Ansprüche des Arbeitnehmers auf laufendes Entgelt Masseforderungen seien. Zum laufenden Entgelt zählten aber neben dem Grundlohn, Provisionsansprüchen, Gewinnbeteiligungen udgl auch sonstige zeitraumbezogene Ansprüche des Dienstnehmers für die zur Verfügungstellung seiner Arbeitskraft für den Zeitraum nach Konkurseröffnung. Hier habe der Arbeitnehmer aber nach Konkurseröffnung weiter 38,5 Stunden gearbeitet, dafür aber entsprechend der getroffenen Altersteilzeitvereinbarung nur 70 % des gebührenden Gehaltes bekommen. Zufolge der Unmöglichkeit des Verbrauches des angesparten Zeitguthabens in einer Freizeitphase habe er nunmehr Anspruch auf Abgeltung der erbrachten Mehrarbeitsleistung, was als Anspruch auf laufendes Entgelt und nicht als Beendigungsanspruch zu qualifizieren sei. Dementsprechend handle es sich auch um eine Masseforderung, die auf die Klägerin nach § 11 IESG übergegangen sei.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Qualifikation des Entgeltes für Zeitguthaben aus geblockter Altersteilzeit als Masse- oder Konkursforderung als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Im Wesentlichen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Im Kern geht es darum, dass nach § 46 Abs 1 Z 3 KO Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt einschließlich Sonderzahlungen für die Zeit nach der Konkurseröffnung Masseforderungen darstellen. Davon erfasst sollen jene Ansprüche des Dienstnehmers sein, die für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft für diesen Zeitraum gebühren (vgl Engelhart in Konecny/Schubert KO § 46 Rz 252 ff). Es soll hier jener Vorteil, der der Masse durch das Zurverfügungstehen des Arbeitnehmers im Rahmen des Arbeitsvertrages zukommt, auch als Masseforderung abgegolten werden. Von den Beendigungsansprüchen im Sinne des § 46 Abs 1 Z 3a bzw § 51 Abs 2 Z 2 KO unterscheiden sich diese Ansprüche dadurch, dass die Beendigungsansprüche nicht nur diesen Zeiträumen zugerechnet werden, sondern sich regelmäßig auf längere Zeiträume teilweise auf das gesamte Arbeitsverhältnis beziehen (vgl etwa die Abfertigungsansprüche nach § 23 AngG) oder überhaupt nicht für die Erbringung der Arbeitsleistung zustehen, sondern nur aus der Lösung des Arbeitsverhältnisses ohne Beachtung der - wieder aus dem gesamten Arbeitsverhältnis resultierenden - längerfristigen Bindung resultieren (vgl etwa die Kündigungsentschädigung nach § 29 AngG).

Da hier die Gutstunden als laufende Arbeitsleistung während des Konkursverfahrens von der Masse „konsumiert wurden", sind auch die darauf entfallenden Entgeltansprüche als laufendes Entgelt als Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs 1 Z 3 KO zu qualifizieren.

Insgesamt war daher der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.

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