Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird; dies mit der Maßgabe, dass der Überprüfungszeitraum mit November 2002 beginnt und mit Februar 2004 endet (16 Monate), der Gesamtbetrag der Überschreitung daher EUR 1.338,72 ausmacht.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung top Nr 11 im Haus *****, welches im Alleineigentum der Antragsgegnerin steht.
Mit Mietvertrag vom 21. 10. 2002 haben die Streitteile ein auf vier Jahre befristetes Mietverhältnis, beginnend mit 1. 11. 2002 und endend mit 31. 10. 2006 abgeschlossen. Die Wohnung hat eine Nutzfläche von 37 m2 und entspricht der Ausstattungskategorie „D".
Unter § 3 (Mietzins) ist in Punkt 1 festgehalten, dass der vereinbarte Mietzins monatlich zu entrichten ist und aus dem Hauptmietzins in Höhe von EUR 32,56 (im Fall der Befristung unter Berücksichtigung des Abschlages gemäß Punkt 2) sowie dem gesetzmäßigen Anteil an Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben und besonderen Aufwendungen sowie der Umsatzsteuer besteht. Im Punkt 2 heißt es, dass der Hauptmietzins EUR 32,56 ohne Befristung, abzüglich 25 % Befristungsabschlag von EUR 8,14, daher im Befristungszeitraum EUR 24,42 beträgt. Diese Verminderung gilt im Fall der Umwandlung in einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit ab dem Umwandlungszeitpunkt nicht mehr. Anstelle des oben vereinbarten Hauptmietzinses ist gemäß §§ 18 ff MRG für die Dauer des Verteilungszeitraumes der erhöhte Hauptmietzins von EUR 108,09 zu entrichten, sofern kein Fall des § 18 Abs 5 MRG vorliegt.
Mit Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 22. 7. 1996 war gemäß §§ 18a und 18 Abs 2 und 3 MRG für den Zeitraum vom 1. 7. 1996 bis zum 31. 5. 2005 die Einhebung monatlich erhöhter Hauptmietzinse für zulässig erklärt worden, und zwar hinsichtlich der Wohnung der Antragstellerin top 11 im Betrag von S 1.487,40, was einem Betrag von EUR 108,09 entspricht. Dieser Betrag wurde der Antragstellerin auch vorgeschrieben.
Das Erstgericht stellte fest, dass die am 21. 10. 2002 abgeschlossene Hauptmietzinsvereinbarung im Betrag von EUR 32,56 abzüglich 25 % Befristungsabschlag, somit im Betrag von EUR 24,42 wirksam ist. Es stellte weiters fest, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin gegenüber durch Vorschreibung eines monatlichen Nettohauptmietzinses von EUR 108,09 für den Zeitraum 1. 3. 2002 bis 31. 10. 2004 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich EUR 83,67 (gesamt daher EUR 2.008,08) überschritten hat.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Vermieterin sei gemäß § 18 Abs 5 MRG nicht befugt, von der Antragstellerin den § 18 MRG - Mietzins zu verlangen, weil im Mietvertrag die Mietzinsvereinbarung auf monatlich EUR 0,88/m2 = EUR 32,56 laute. Damit überschreite der Hauptmietzins den Grenzwert des § 18 Abs 5 MRG von EUR 0,66/m2. Dass exakt dieser niedrigere Mietzins als Hauptmietzins im Befristungszeitraum im Vertrag aufscheine, ändere nichts daran, dass diese Berechnung des 25 %igen Befristungsabschlages erst in einem zweiten Schritt vorzunehmen sei. Der erste Schritt sei notwendigerweise die Mietzinsvereinbarung für die Wohnung an sich, also der ursprünglich ohne Befristungsabschlag vereinbarte Hauptmietzins.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss ab. Es wurde festgestellt, dass die für die Wohnung am 21. 10. 2002 abgeschlossene Hauptmietzinsvereinbarung im Betrag von (netto) EUR 108,09 für den Zeitraum vom 1. 11. 2002 bis 31. 5. 2005 (restlicher Verteilungszeitraum laut Schlichtungsstelle), EUR 24,42 im Anschluss daran für die Zeit der Befristung des Mietvertrages und EUR 32,56 im Falle der Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis zustande kam und zulässig ist. Es wurde weiters festgestellt, dass durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von EUR 108,09 zuzüglich 10 % USt in den Bestandzinsperioden 3/02 bis 2/04 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß nicht überschritten wurde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht EUR 10.000,-- übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei, und führte im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Entscheidung der Schlichtungsstelle über die Mietzinserhöhung binde nicht nur die Mieter im Zeitpunkt, da die Entscheidung rechtskräftig geworden sei, und greife rechtsgestaltend in die bestehenden Mietverträge ein, sondern sie gelte auch gegenüber künftigen Mietern. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Kategorie-D-Wohnung, weshalb § 18 Abs 5 MRG zu prüfen sei.
Bisherige Entscheidungen zu § 18 Abs 5 MRG hätten nur die der Zinsvereinbarung nachfolgende Erhöhung der Hauptmietzinse vor Augen. Sie hätten ausgesprochen, dass jede Zinsvereinbarung, die den Kategorie-D-unbrauchbar-Zins übersteige, möge sie zulässig gewesen sein oder nicht, die Überwälzung des auf die Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrages verhindere. § 18 Abs 5 Z 1 MRG könne aber nicht dahin verstanden werden, dass einerseits § 18 MRG eine Erhöhung des Mietzinses für die konkrete Wohnung auch gegenüber dem Nachmieter ermögliche, der erhöhte Mietzins aber nicht vereinbart werden dürfe, ohne dass auch die Einhebungsmöglichkeit entfalle. Nun sei es nötig, allein schon zur Vermeidung von Irrtümern über die Mietzinshöhe aber auch zur Vermeidung des Verzichtes auf die Einhebung des erhöhten Mietzinses im Mietvertrag, der während des Verteilungszeitraumes geschlossen werde, wie im konkreten Fall die zu bezahlende Zinshöhe gemäß § 18 MRG festzuhalten. Die Vereinbarung, dass dieser Mietzins während des Verteilungszeitraumes verlangt und entrichtet werde, sei eine Zinsvereinbarung. Zusätzlich empfehle es sich, für die an den Verteilungszeitraum anschließenden Zinsperioden den dann wieder nur zulässigen Richtwert- oder Kategoriezins im Vertrag festzusetzen. Bei befristeten Mietverhältnisse sei es gemäß § 16 Abs 7 MRG weiters unumgänglich, dass die Zinsvereinbarung nicht nur den zu bezahlenden, durch den Befristungsabschlag verminderten Mietzins, sondern auch den unverminderten Mietzins ziffernmäßig nenne, weil sonst bei Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis nicht einmal dieser begehrt werden könne.
In der vorliegenden Mietvertragsurkunde sei dementsprechend der zu zahlende Mietzins auch festgelegt, also vereinbart: Für die Dauer des Verteilungszeitraumes EUR 108,09; für die Zeit danach, sofern eine Umwandlung in einen Vertrag von unbestimmter Vertragsdauer noch nicht erfolgte, wegen des Befristungsabschlages EUR 24,42, andernfalls EUR 32,56. Diese Mietzinse seien im Vertrag völlig korrekt und zur Wahrung der Rechte der Vermieterin notwendigerweise angeführt worden. Die ziffernmäßige Beschränkung der Mietzinshöhe in § 18 Abs 5 MRG sei teleologisch auf jene Zinsvereinbarung zu reduzieren, die vor Rechtskraft einer Entscheidung nach § 18a Abs 2 oder § 18 MRG getroffen worden sei. Dies zur Vermeidung des absurden Ergebnisses, dass die rechtskräftige § 18-Erhöhung nicht begehrt werden dürfe (sondern nur EUR 0,66/m2), wenn ihre Einhebung im Vertrag vereinbart worden sei, und die § 18-Erhöhung hingegen (theoretisch) begehrt werden könnte, wenn nur EUR 0,66/m2 vereinbart worden seien und diese Vereinbarung aber keinen Verzicht auf die § 18-Erhöhung beinhalten sollte. § 18 Abs 5 MRG stehe daher Zinsvereinbarungen bis zur Höhe, die die rechtskräftige Entscheidung nach § 18 MRG für jene Wohnung vorsehe, nicht entgegen.
Es treffe auch nicht zu, dass ein die Dauer von vier Jahren unterschreitender Vertrag vorliege.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes zur Anwendung des § 18 Abs 5 MRG auf Zinsvereinbarungen, die erst während des Verteilungszeitraumes geschlossen worden seien, nicht existiere.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluss im stattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, der Ausschluss einer Mietzinserhöhung gemäß § 18 Abs 5 MRG gelte nicht nur für vor Rechtskraft der Entscheidung nach § 18 MRG abgeschlossene Mietzinsvereinbarungen, sondern generell; der hier vereinbarte Hauptmietzins von EUR 0,88/m2 (ohne den gesetzlichen Befristungsabschlag) übersteige den Betrag von EUR 0,66/m2.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 18 Abs 5 Z 1 MRG kann der Vermieter eine Erhöhung des Hauptmietzinses für eine Wohnung nach den §§ 18 ff MRG nicht verlangen, wenn es sich um eine Wohnung der Ausstattungskategorie D handelt und für sie ein Hauptmietzins vereinbart wurde, der EUR 0,66 je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat übersteigt; dieser Betrag valorisiert sich entsprechend der Regelung des § 16 Abs 6 MRG.
Diese Regel gilt absolut und generell. Sie soll die Überwälzung des auf die Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrages auf den Mieter verhindern. Ihn hat der Vermieter bei Überschreitung der Betragsgrenze von EUR 0,66/m2 selbst zu tragen. Dahinter steht die Absicht des Gesetzgebers, finanziellen Druck auf die Vermieter auszuüben, um den Bestand an Substandardwohnungen zu verringern (5 Ob 228/04x = WoBl 2005/77; vgl 5 Ob 322/98h = WoBl 1999/144 [Dirnbacher] = MietSlg 50.349; RIS-Justiz RS0111285; Würth/Zingher, Wohnrecht 94 § 18 MRG Anm 2 mit Hinweis auf den dort abgedruckten Ausschussbericht; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 18 MRG Rz 3; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch § 18 MRG Rz 46, 48).
Wird eine Mietzinsvereinbarung während des Erhöhungszeitraumes geschlossen, so darf der Vermieter für den Erhöhungszeitraum den erhöhten Mietzins vereinbaren, soferne nicht für die Zeit danach ein den (zu valorisierenden) Betrag von EUR 0,66/m2 übersteigender Hauptmietzins vorgesehen wird (vgl E. M. Hausmann aaO Rz 48).
Im vorliegenden Fall wurde im Mietvertrag der Hauptmietzins sowohl ohne als auch mit Befristungsabschlag angeführt, weil sich die Vermieterin im Hinblick auf § 16 Abs 7 MRG den Wegfall der Verminderung für den - einvernehmlich jederzeit möglichen - Fall der Umwandlung des (mit 31. 10. 2006) befristeten in einen unbefristeten Mietvertrag sichern wollte. Der erstgenannte Hauptmietzins ergibt EUR 0,88/m2, der zweite EUR 0,66/m2. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass der Hauptmietzins nach Ablauf des Erhöhungszeitraumes (mit 31. 5. 2005) die Betragsgrenze von EUR 0,66/m2 gemäß § 18 Abs 5 Z 1 MRG überschreitet. Schon damit hat sich die Antragsgegnerin der Möglichkeit begeben, den gemäß den §§ 18 ff MRG erhöhten Hauptmietzins zu verlangen. Ein Vermieter, der dem Mieter zunächst nur einen befristeten und erst später einen unbefristeten Mietvertrag anbietet, soll nämlich nicht besser gestellt werden als ein Vermieter, der sogleich unbefristet vermietet. Letzterer muss sich nach Ablauf des Erhöhungszeitraumes jedenfalls mit dem (zu valorisierenden) Betrag von EUR 0,66/m2 zufrieden geben, während ersterer - nach der unzutreffenden Ansicht des Rekursgerichtes - im Umwandlungsfall EUR 0,88/m2 erzielen könnte. Ein derart unterschiedliches Ergebnis wäre nicht sachgerecht.
Die Antragsgegnerin hat sich somit zwar wirksam für den Umwandlungsfall einen Hauptmietzins von EUR 0,88/m2 gemäß § 16 Abs 7 MRG gesichert, damit aber das Recht verloren, einen Hauptmietzins im gemäß den §§ 18 ff MRG angehobenen Ausmaß zu begehren.
Demnach war der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederherzustellen, dies mit der Maßgabe, dass der Überschreitungszeitraum mit November 2002 (Beginn des Mietverhältnisses) beginnt und mit Februar 2004 (Antragstellung bei der Schlichtungsstelle, „bis dato") endet (16 Monate), der Gesamtbetrag der Überschreitung daher EUR 1.338,72 ausmacht.
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