OGH 15Os111/05w

OGH15Os111/05w3.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald Gerhard B***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 4 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Juli 2005, GZ 034 Hv 80/05i-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Harald Gerhard B***** - abweichend von der wegen des Verbrechens des durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 StGB erhobenen Anklage - des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 4 dritter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 18. Mai 2005 in Wien fremde bewegliche Sachen, nämlich 54 Packungen Zigaretten verschiedener Marken im Wert von ca 200 Euro, zwei Armbanduhren, einen Schminkspiegel samt Samttäschchen, sowie mindestens 58,51 Euro Bargeld, welche von einem nicht mehr feststellbaren Täter mit dem Spitznamen „N*****", durch Einbruch zum Nachteil des Peter K***** gestohlen wurden, mithin Sachen, die ein anderer durch eine aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahren erreichenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, dadurch, dass er sie von „N*****" ankaufte, an sich gebracht, wobei er die die Strafdrohung begründenden Umstände kannte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich bereits aus dem Grund der Z 4 als zielführend.

In der Hauptverhandlung vom 7. Juli 2005 wurde von der Verteidigerin die „Ausforschung der weiblichen Zeugin, die falsch als 'Karin' bezeichnet wurde und anders heißen soll, zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die Gegenstände im Beisein dieser Zeugin von ihrem Freund bzw Lebensgefährten übernommen hat", beantragt (S 165). Der des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls Angeklagte hatte sich dahingehend verantwortet, dass er die in der Anklage angeführten Gegenstände (mit Ausnahme des Schminkspiegels) und das Bargeld von einem Türken namens „N*****" (gegen Überlassung von sechs Tabletten „Substitol") erworben und ihm dessen Freundin bzw Lebensgefährtin Karin gegen Überlassung einer Tablette Substitol den in der Anklage genannten Schminkspiegel als Pfand gegeben habe. „N*****" habe ihm anlässlich der Übergabe der Zigaretten gesagt, dass diese nicht gestohlen worden wären. Weiters gab der Angeklagte eine Personenbeschreibung zu der ihm unter dem Namen Karin bekannten Frau, die als Prostituierte tätig sei, ab. Der in der Hauptverhandlung ebenfalls vernommene Zeuge Bezirksinspektor Wolfgang S***** deponierte unter anderem, dass er eine Prostituierte, auf die die vom Angeklagten angeführte Personenbeschreibung passe, von Kontrollen kenne, sie aber nicht Karin heiße, sondern einen türkischen Namen trage, obwohl sie in Österreich geboren und aufgewachsen sei. Über ihr privates Umfeld sei er nicht informiert.

Das Erstgericht lehnte die Aufnahme des Beweises mit der Begründung ab, „weil die angegebene Zeugin laut Bericht ON 18 bereits versucht wurde auszuforschen, sowie wegen Spruchreife des Verfahrens" (S 169). Diese Begründung wurde ergänzt durch die Ausführungen im Urteil S 10, wonach aufgrund der Angaben des Angeklagten und somit unbestritten festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte die bei ihm sichergestellten Gegenstände von N***** übernommen habe. Die Ausforschung der Zeugin „Karin" erscheine nach der Lebenserfahrung nicht möglich, weil „der Zeuge S***** zwar angebe, eine Prostituierte, die der Beschreibung des Angeklagten entspricht, zu kennen, diese jedoch eine gebürtige Türkin sei und einen türkischen Vornamen führe".

Mit der Abweisung des bezeichneten Beweisantrags wurden jedoch Verteidigungsrechte des Angeklagten verkürzt. Denn nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Beweisantrag relevanten Verfahrensstand scheint im Hinblick auf die Aussage des Bezirksinspektors S***** nach der Aktenlage die Ausforschung und Stelligmachung der (Tat-)Zeugin keineswegs unmöglich. Dass - unter Berücksichtigung der wegen des Verdachtes des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls erhobenen Anklage sowie der Verantwortung des Angeklagten - das Beweisbegehren der Verteidigung nicht nur auf die Verifizierung der einen Einbruchsdiebstahl in Abrede stellenden Angaben des Angeklagten, die auszuforschende Zeugin sei bei Übergabe der gestohlenen Gegenstände von N***** an ihn dabei gewesen, sondern auch unmissverständlich darauf zielte, seine Verantwortung, er habe den bei ihm vorgefundenen Schminkspiegel von dieser Zeugin übernommen (S 151 und S 152), weiters habe ihm der Übergeber der Diebsbeute, N***** auf seine Nachfrage gesagt, dass die ihm übergebenen Sachen nicht gestohlen wären (S 167), zu untermauern, ergab sich - als inhaltliches Antragserfordernis des Beweisantrages, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung darüber - unmissverständlich aus dem Zusammenhang (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 328). Zufolge Erheblichkeit des Beweisthemas und im Hinblick darauf, dass ein verwertbares Ergebnis der Beweisaufnahme, also eine weitere Klärung des relevanten Sachverhaltes nicht von Vornherein auszuschließen ist, durfte das Erstgericht den Beweisantrag ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers nicht abweisen. Weil schon dieser Verfahrensmangel die im Spruch bezeichnete Kassation und die Anordnung der Verfahrenserneuerung erforderte, bedurfte das übrige Beschwerdevorbringen keiner Erörterung. Des Weiteren genügt der Hinweis, dass die Unterstellung der Tathandlung unter § 164 Abs 1 StGB verfehlt, jedoch in Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Tathandlungen des § 164 Abs 1 und Abs 2 StGB insoweit ohne Nachteil für den Angeklagten iSd § 290 Abs 1 StPO erfolgt ist.

Das angefochtene Urteil war somit - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

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