Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Günther L***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er für das Jahr 1997 in Innsbruck vorsätzlich unter
Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder
Wahrheitspflicht, nämlich durch Verschweigen der Tatsache, der
wirtschaftliche Eigentümer und Betreiber der Firma „F***** AG" mit
Sitz in Vaduz von Österreich aus gewesen zu sein, und durch
Nichtabgabe von Körperschaftssteuererklärungen und Nichtabfuhr von
Kapitalertragssteuer Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar
1. an Körperschaftssteuer 2,323.842,60 S (= 168.880,23 Euro),
2. an Kapitalertragssteuer 1,127.747,14 S (= 81.956,58 Euro),
sohin insgesamt mit einem Betrag von 3,451.589,75 S (= 250.836,81
Euro).
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Der Mängelrüge (Z 5) ist vorweg grundsätzlich zu erwidern:
Die erfolgreiche Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes setzt unabdingbar voraus, dass sich die Beschwerdeausführungen auf entscheidende - also vor allem für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz maßgebende - Umstände beziehen. Diese Tatsachen müssen zudem in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden, weshalb auch im Rahmen solcher Rügen Einwendungen, die nur auf einzelne, isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen, jedoch den Verfahrenskonnex insgesamt unberücksichtigt lassen, von vornherein kein Erfolg beschieden sein kann.
Ein Urteil ist unvollständig begründet, wenn das Gericht bei Feststellung entscheidender Tatsachen wichtige, in der Hauptverhandlung vorgeführte Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergeht, Widersprüche zwischen den vernommenen Personen nicht würdigt, die den Feststellungen widerstreitenden Beweisergebnisse nicht erörtert oder nicht jene Gründe anführt, aus denen es diese Beweise nicht für stichhältig erachtet.
Kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO liegt hingegen vor, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen, wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen und/oder sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet sowie schlüssig und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende (im dargestellten Sinn) wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen.
Der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen ist mit sich selbst im Widerspruch, wenn das Urteil Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die einander (in Wahrheit) ausschließen oder wenn die gezogenen Schlussfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können. Dagegen liegt kein formeller Begründungsmangel vor, wenn neben einem an sich folgerichtig gezogenen Schluss auch noch andere Schlussfolgerungen oder Auslegungen möglich wären.
Nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) berechtigen das Gericht nicht nur zwingende, sondern auch sonstige den Denkgesetzen nicht widersprechende Schlüsse zu Tatsachenfeststellungen. Wenn daher aus den formell einwandfrei ermittelten Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, sich die Erkenntnisrichter aber dennoch nicht dafür entschieden haben, liegt ein (mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbares) Beweiswürdigungsermessen vor (EvBl 1972/17 uva; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 391 ff).
Kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) in der Begründung liegt somit vor, wenn das Erstgericht ausführt, die bei der P***** Bank AG erlegten Sparbücher hätten als Sicherheit für den dem Angeklagten gewährten Kredit dienen sollen (US 15), weil aus den Entscheidungsgründen im Zusammenhang zweifelsfrei zu erkennen ist, dass damit die Kredite der vom Angeklagten vertretenen Firma „F***** GesmbH" gemeint waren (vgl insbes US 14).
Wie die Beschwerde selbst zugesteht, hat das Schöffengericht die Feststellung, die „F***** AG" in Liechtenstein habe dem Angeklagten gehört und die diversen Transaktionen hätten lediglich der Hinterziehung von Steuern gedient, „umfangreich begründet". Die gegen dieses Konstatierung erhobenen Einwände bezeichnen die Gründe der Tatrichter jedoch als „unlogisch", „nicht wirtschaftlich sinnvoll", den grundlegenden Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen widersprechend. Den bekämpften Feststellungen stellt der Rechtsmittelwerber eine eigene Würdigung der diesbezüglich erhobenen Beweise gegenüber, wobei er teilweise von Spekulationen ausgeht („hätte die Für Sie Versand AG weitergearbeitet, hätte ..."). Damit wird aber ein Begründungsmangel weder nach dem zweiten, noch dem dritten Fall des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufgezeigt, sondern die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung angefochten.
Dass die Feststellung des Erstgerichtes, die gesamte geschäftliche Oberleitung der F***** AG in Liechtenstein sei durch den Angeklagten in Innsbruck durchgeführt worden (US 11), mit jener, zwischen Ernst B***** als Auftraggeber und Reinhold W***** (Wirtschaftstreuhänder und alleiniger Repräsentant und Verwaltungsrat der AG) als Auftraggeber sei am 14. September 1995 ein Mandatsvertrag abgeschlossen worden (US 8), in Widerspruch steht, wird zwar behauptet, aber nicht begründet. Im Übrigen ist diese Frage nicht entscheidungswesentlich, weil die für die Verurteilung maßgeblichen Konstatierungen das Wirtschaftsjahr 1997 betreffen (US 11). Die bekämpften Urteilsannahmen zur Firma H***** GmbH sind für den Schuldspruch nicht wesentlich, weil sie sich nur auf den vom Freispruch umfassten Zeitraum beziehen.
Die Aussage des Zeugen Walter Be***** wurde von den Tatrichtern nicht übergangen, sondern sie haben sich mit dieser ausführlich auseinandergesetzt, dies auch - wie in der Beschwerde gefordert - im Zusammenhang mit den Angaben des Zeugen Ernst B***** (US 23 f). Dass aus der (im Rechtsmittel im Übrigen noch dazu unvollständig zitierten) Aussage des Zeugen auch andere Schlüsse möglich wären, vermag - wie bereits angeführt - den Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen (vgl auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Das Schöffengericht hat auch die Aussage des Zeugen Johann H***** in seine Erwägungen einbezogen (US 17, 25). Wann dieser genau seine Tätigkeit ausübte, ist für die Entscheidung der Schuldfrage nicht wesentlich. Im Übrigen konnte er den Zeitraum seiner Beschäftigung selbst nicht genau eingrenzen (vgl S 215/II).
Mit der angeblichen Darlehensrückzahlung hat sich das Erstgericht ausführlich befasst, eine solche jedoch nicht angenommen, weil es davon ausging, dass von der F***** AG ein Darlehen überhaupt nicht gewährt wurde (US 18, 26). Diesbezüglich stützt sich das Gericht auf das eingeholte Sachverständigengutachten (US 26). Die Einwände der Beschwerde beschränken sich neuerlich darauf, aus den Aussagen der Zeugen und der Verantwortung des Angeklagten andere Schlüsse abzuleiten als die Tatrichter. Damit wird aber wiederum nur in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung bekämpft.
Die Konstatierung, Günther L***** sei wirtschaftlicher Eigentümer der F***** AG gewesen, hat das Schöffengericht ausführlich begründet (US 16 ff) und sich dabei insbesondere auf die Aussage des Zeugen Johannes L***** gestützt (US 17). Die vom Rechtsmittel relevierte (gegenteilige) Aussage des Zeugen Ernst B***** hat es ausdrücklich (zur Gänze) abgelehnt und auf Grund des in der Hauptverhandlung von diesem Zeugen gewonnen persönlichen Eindruckes angeführt, dass er mit seiner Aussage dem Angeklagten „eine Gefälligkeit erweisen wollte und schlicht log" (US 21). Das Gericht war daher nicht verpflichtet, sich darüber hinaus noch mit jedem Detail seiner Angaben auseinanderzusetzen.
Die vom Angeklagte vorgelegten Unterlagen wurden in der Beweiswürdigung ebenfalls berücksichtigt, jedoch als nicht geeignet gewertet, die Überzeugung des Gerichtes zu beeinflussen (US 24). Zur Höhe des Hinterziehungsbetrages an Kapitalertragssteuer stützten sich die Tatrichter auf das Gutachten des Sachverständigen Mag. (FH) Martin G***** in der „Variante 2" des Ergänzungsgutachtens ON 123 (US 25, 26), nach der eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. Die Verpflichtung des Angeklagten, als wirtschaftlicher Eigentümer und tatsächlicher Betreiber der F***** AG Steuern zu erklären und zu entrichten, haben sie ausdrücklich festgestellt (US 15), sodass die hiezu auch unter § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erhobene Rüge wegen mangelnder Feststellung nicht den verfahrensgesetzlichen Erfordernissen entsprechend dargestellt ist.
Nicht stichhältig ist schließlich der Einwand, ein faktisch nicht tätiges und nicht existentes Unternehmen in Liechtenstein begründe keine Steuerpflicht. Hat doch das Erstgericht - wie bereits ausgeführt - ausdrücklich konstatiert, dass der Angeklagte selbst tatsächlicher Betreiber der AG von Österreich aus war (US 15) und dass diese Firma „ausschließlich" dazu diente, Abgaben zu hinterziehen (US 26).
Ein Begründungsmangel liegt daher insgesamt nicht vor. Die Tatsachenrüge (Z 5a) verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen der Mängelrüge und behauptet, wenn nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs schon keine unvollständige oder widersprüchliche Begründung vorliegen sollte, so bestünden zwischen dem Inhalt der Akten und der Beweiswürdigung des Erstgerichtes erhebliche Widersprüche.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Tatrichter in einer ausführlichen Beweiswürdigung (US 16 bis 26) dargetan haben, warum sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachteten und zu einem Schuldspruch gelangten. Dagegen ergeben sich aus den aufgezeigten Umständen, welche zudem teilweise nicht auf aus den Akten hervorgehende Tatsachen sondern auf Spekulationen beruhen, keine erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert, den Angeklagten treffe - entgegen dem Urteilsspruch - keine persönliche Steuerpflicht. Er habe das Finanzvergehen daher nicht verwirklicht.
Sie übergeht jedoch die (allein maßgeblichen) Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer „Eigentümer und tatsächlicher Betreiber" der in Liechtenstein registrierten F***** AG „von Österreich aus" war. Als solcher unterließ er es die Steuern gegenüber dem Finanzamt zu erklären und zu entrichten, wobei er wusste, dass er „in dieser seiner Eigenschaft abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht solcherart" verletzte und „dadurch vorsätzlich Abgabenverkürzungen an Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer in einer Höhe von insgesamt 3,451.589,75 S bewirkt" hat (US 15). Da die Rechtsrüge damit nicht den gesamten festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten materiellen Recht vergleicht, entbehrt auch sie einer den Erfordernissen der Prozessordnung Rechnung tragenden Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten, im Wesentlichen nur die Argumente des Rechtsmittels wiederholenden Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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