OGH 13Os101/05k

OGH13Os101/05k12.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Oktober 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Olaf Heinz P***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) des Angeklagten gegen das Urteil und die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28. Juni 2005, GZ 10 Hv 34/05m-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil und die nach § 494a StPO ergangenen Beschlüsse aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der (im Urteil unter Berufung auf eine Eintragung im Melderegister, nicht aber auf eine erfolgte Namensänderung mit dem Familiennnamen P***** bezeichnete, nach den Urteilsfeststellungen als P***** geborene) Angeklagte wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des (wörtlich wiedergegebenen) Erkenntnisses hat er „in Graz und anderen Orten

seit Jänner 2003 in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe des Verkaufs von akademischen Graden und der Ehrendoktorwürde in den Vereinigten Staaten sowie eines nicht vorhandenen Adelstitels durch Adoption bzw durch Heirat auf den Internetseiten www.adelstitel-adoption.de , www.status4sale.com/nobility.html und www.8ung.at/ deniaweg/Inhalte/Ausland/Aristokratie/aristo-01.htm unter gleichzeitiger Aufnahme in den 'Souveränen Ritter- und Hospitalorden vom Hl. Johannes zu Jerusalem, genannt von Rhodos, genannt von Malta' (kurz Souveräner Malteser-Ritter-Orden), zu Dienstleistungen sowie zur Entgeltzahlung in einem 3.000 Euro nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Betrag verleitet bzw zu verleiten versucht und zwar:

1.) im Juni 2002 Prof. Mag. Brigitte V***** zur Zahlung von 1.744 Euro;

2.) im Mai 2003 Rüdiger und Marcus H***** zur Erstellung der oben genannten Internetportale im Wert von rund 3.500 Euro;

3.) im Juli 2003 Dr. Dieter K***** zur Zahlung von 35.000 Euro (Gesamtschaden 3.980 Euro);

4.) Mitte August 2003 Dr. Dieter K***** zur Zahlung von 1.250 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

  1. 5.) am 25. August 2004 Dr. Erhard M***** zur Zahlung von 680 Euro;
  2. 6.) im Sommer 2004 Roland Pf***** zur Zahlung von 1.600 Euro;
  3. 7.) in Graz und in der Bundesrepublik Deutschland zu nicht näher bekannten Zeitpunkten seit Jänner 2002 in mehrfachen Angriffen unbekannte Geschädigte und Hans Werner Kn*****, durch die Vorgabe, die Vermittlung von international gültigen Führerscheinen vorzunehmen, zur Bezahlung von zumindest 8.000 US-Dollar (10 Fälle mit einem Schadensbetrag von je 800 US-Dollar) verleitet, wobei er sich abermals hinter der Identität des 'Prof. DDr. O. H. F. Graf-P*****' verbarg.

    8.) am 31. August 2003 durch maschinenschriftliche Ausbesserungen und Manipulationen mittels Kopierer verfälschte inländische öffentliche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis nachangeführter Tatsachen gebraucht, und zwar;

    a) eine österreichische Strafregisterauskunft durch Wegkopieren der weiteren Verurteilungen zum Nachweis von weniger als den tatsächlich vorhandenen strafgerichtlichen Verurteilungen;

    b) einen Heiratsschein seiner Eltern zum Nachweis seiner adeligen Herkunft durch Einfügen des Adelstitels 'Graf' beim Namen seines Vaters, Veränderungen des Familiennamens in 'P*****cz' und Veränderung des Geburtsnamens seiner Mutter auf 'Stoppe' statt 'St*****l'."

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu. Zu 1. wird in den Urteilsgründen weder mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Bestimmtheit festgestellt, dass Mag. V***** nicht Mitglied eines dem „Souveränen Malteser-Ritterorden vom Hospital des Hl. Johannnes von Jerusalem, gen. von Rhodos, gen. von Malta" im Namen ähnlichen, tatsächlich existenten anderen Ordens geworden ist (vgl US 6), noch, dass der Angeklagte ihr vorgetäuscht habe, sie werde in Ersteren aufgenommen und sie sich aufgrund dieser Täuschung zur Hingabe von 30. 000 S bereit gefunden hat. Dass sie selbst „dachte, es gebe nur den Malteser-Orden, der ihr als solcher bekannt ist" (US 15), sagt über den - allein relevanten - Bedeutungsinhalt (als Tatfrage; vgl Jerabek in WK2 § 74 Rz 34) dessen, was ihr der Angeklagte zusagte und die Ursächlichkeit dieses Bedeutungsinhaltes für die Vermögensverfügung auf Seite der Zeugin nichts Bestimmtes aus. Eine Feststellung, wonach der Angeklagte just auch Mag. V***** gegenüber „mit Bildern des richtigen Malteser-Ordens warb" (vgl US 15 unten), ist ebenfalls nicht eindeutig erfolgt, sprach sie diesen doch von sich aus und ohne durch dessen Werbemaßnahmen dazu veranlasst worden zu sein, auf „den Eintritt in den Malteser-Orden" an.

Zu 2. wird nicht klar, wodurch konkret sich Rüdiger und Marcus H***** veranlasst sahen, ihre Leistungen für den Angeklagten zu erbringen. Zwar ging das Schöffengericht insoweit von einer Täuschung über die Tatsache aus, dass dieser Mitglied des eingangs genannten Souveränen Malteser-Ritterordens sei (US 9 unten), ohne aber mit Bestimmtheit zu sagen, weshalb sich die Beiden zu ihrer Tätigkeit für ihn entschlossen haben.

Zu 3. wurde die Aussage Dris. K*****, der Angeklagte habe zu ihm gesagt er „würde der ökumenischen Sparte des Malteser-Ritterordens beitreten" (III, S 213), nicht erörtert (Z 5 zweiter Fall). Auch wird nicht deutlich, ob Dr. K*****, der als Zeuge in der Hauptverhandlung angegeben hat, es sei ihm „nicht um die Adoption, sondern um den Kontakt zum Malteser-Ritterorden" gegangen (III, S 207), aufgrund der Zusage, vom Angeklagten unter dem Namen „Graf P*****" adoptiert zu werden zur Hingabe von Geld veranlasst wurde oder (auch) durch das Versprechen, in den Souveränen Malteser-Ritterorden aufgenommen zu werden (Z 5 erster Fall). Bleibt insoweit anzumerken, dass das Erstgericht ungeachtet der Zahlung von insgesamt bloß 19.480 Euro (US 12) von einem hinsichtlich 35.000 Euro vollendeten Betrug ausgegangen ist (US 3).

Zu 4. enthält das Urteil keine klare Aussage, dass der Angeklagte bei seinem Angebot, für Dr. K***** „die Verleihung eines Ehrendoktorates in den Vereinigten Staaten zu erwirken", hierzu außerstande war und solcherart den Zeugen über seine Fähigkeit zur Erbringung dieser Gegenleistung in Irrtum führen wollte (US 14 f). Weder wird die Art dieses Ehrendoktorates näher bezeichnet noch ein eindeutiger Bezug zu einer Homepage des Angeklagten hergestellt, auf welcher er Ehrendoktorwürden von amerikanischen Universitäten angeboten habe, welche „offenbar lediglich am Papier bzw. im Internet existieren" (vgl US 8). Wie das Wort „offenbar" zeigt, wäre bei hergestelltem Bezug zu dieser Internetseite Nichtigkeit aus Z 5 vierter Fall gegeben.

Zu 5. machen die Entscheidungsgründe nicht deutlich, welche konkrete Verletzung von Aufklärungspflichten über den „Malteser-Orden ökumenischer Obedienz" (vgl US 16), dessen Mitgliedschaft dem Zeugen Dr. M***** angeboten wurde, dem Angeklagten als Täuschungshandlung angelastet wird, maW welche Zusagen der Zeuge nach dem Tatplan des Angeklagten aus seinen Versprechungen entnehmen sollte (Bedeutungsinhalt als Tatfrage; vgl erneut Jerabek in WK2 § 74 Rz 34).

Zu 6. ist den Entscheidungsgründen zwar von der versprochenen „Verleihung eines Doktortitels" gegen Zahlung von „1.000 Euro für Forschung und Entwicklung an der Missouri State University in Jefferson" die Rede, aber auch, dass dem Zeugen tatsächlich ein „Doktortitel (ehrenhalber) der Cosmopolitan University verliehen" wurde. Dass dieser „falsch" war, wird nicht gesagt, stattdessen nur eine Überschrift in der Lokalpresse des Inhalts zitiert:

„Aufgesessen: Falscher Graf mit wertlosen Doktortiteln im Gepäck" (vgl US 16 f; Z 5 erster Fall). Auf die Anführung von Beweismitteln für die „Falschheit" des Titels wurde verzichtet (Z 5 vierter Fall; vgl auch die Aussage des Zeugen Pf*****, III, S 205). Schließlich bleibt zu 7. unklar, welche Täuschungsrelevanz der als falsch festgestellten Namensbezeichnung „Prof. DDr. O.H.F. Graf P*****" im Zusammenhang mit zugesagten „international gültigen Führerscheinen" tatplangemäß hätte zukommen sollen. Zudem bleibt offen, welche konkrete Vorstellung sich Adressaten des Angebotes nach dem Tatplan des Angeklagten erwarten sollten, womit der Bezugspunkt für die Frage, ob diese insoweit auch in die Irre geführt werden sollten, offen blieb. Weiters ist nicht ersichtlich, ob Zahlern von Geldbeträgen Urkunden ausgefolgt wurden. Auch fehlt die Bezugnahme auf konkrete Beweismittel für eine täuschungsbedingte Verfügung; vgl US 19, 21 f (Z 5 erster Fall).

Damit zeigte sich schon bei der nichtöffentlichen Beratung, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285e erster Satz StPO).

Bleibt anzumerken, dass zu 8. ein der Textierung des Erkenntnisses (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) entsprechender Schuldspruch wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 2, 224 StGB mangels Anführung der solcherart begründeten strafbaren Handlungen nicht erfolgt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266) und ungeachtet allfälliger Verdrängung infolge Scheinkonkurrenz auch im Fall eines erneuten Schuldspruchs des Angeklagten wegen Betruges gegenüber Dr. K***** (3. und 4.) aus prozessualen Gründen nicht mehr erfolgen darf (WK-StPO § 281 Rz 526).

Übrigens hat das Schöffengericht den Angeklagten auch wegen Urkundenbetrugs nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und diese unselbständige Qualifikation, ohne dies allerdings konkret zu sagen, ersichtlich auf die Verwendung der zu 8. genannten Urkunden bei dem zu 3. genannten Betrug gestützt. Gleichzeitig ging es jedoch davon aus, dass dieser Betrug bei Verwendung dieser Urkunden bereits vollendet war (vgl US 3 und 12 ff), sodass auch die Subsumtion unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB rechtsirrig erfolgte.

Für den Fall erneuter Schuldsprüche werden im nachfolgenden Rechtsgang bei sonstiger Undeutlichkeit der Feststellungsebene unmissverständliche Konstatierungen zur Frage zu treffen sein, welche konkreten, vom Angeklagten bei seinen Versprechungen gewollten Vorstellungen bei den Erklärungsempfängern diese zu den jeweiligen Leitungen veranlasst haben. Um Undeutlichkeit auf der Begründungsebene zu vermeiden, genügt es zudem nicht, in der - rechtsstaatlich verfehlten - Erwartung, der Oberste Gerichtshof werde den getroffenen Feststellungen seinerseits allenfalls passende Beweisergebnisse zuordnen, weitgehend pauschal auf im Akt erliegendes Beweismaterial zu verweisen und diesem floskelhaft Glaubwürdigkeit zuzubilligen (vgl aber US 22).

Bei erneuter Annahme von gewerbsmäßig schwerem Betrug erfordert schließlich auch die dazu erforderliche Absicht eine Begründung.

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