OGH 9ObA27/05v

OGH9ObA27/05v30.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Dr. Herbert Stegmüller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Hemma O*****, Ärztin, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 18.622,40 sA, über die Revision (Revisionsinteresse EUR 13.981,90 sA) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. November 2004, GZ 11 Ra 110/04g-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Juni 2004, GZ 7 Cga 152/03p-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 812,52 (darin EUR 135,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die relevanten Bestimmungen der DO.B lauten in der hier anzuwendenden Fassung (55. Änderung):

„§ 9h. (1) Nach Maßgabe der §§ 27 und 28 AlVG kann einem Arzt eine Teilzeitbeschäftigung gewährt werden.

(2) Die näheren dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Einzelheiten (Bedingungen, Auswirkungen u.ä.) sind in der Anlage 7 geregelt."

Die Anlage 7 lautet auszugsweise:

„ Einzelheiten zur Altersteilzeit

1. Voraussetzungen:

. Vollendung des 50. (Frauen) bzw. 55. (Männer) Lebensjahres;

. 780 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung innerhalb der letzten 25 Jahre vor Beginn des Modells;

. Reduzierung der Normalarbeitszeit oder der um höchstens 20% niedrigeren individuellen Regelarbeitszeit auf 40% bis 60% der Normalarbeitszeit - bezogen auf den Gesamtzeitraum des Modells.

2. Modelle:

. Teilzeitvariante

Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Gesamtdauer des Modells, zB auf einheitlich 50% der Normalarbeitszeit.

. Blockzeitvariante..........

. Gemischte Variante........

......

6. Entgelt, Gebühren:

. Die Dienstbezüge gemäß § 35 Abs 2 Z 1 bis 10 und Abs 3 Z 1 bis 4, die Sonderzahlungen gemäß § 46 Abs 1 Z 1 und 2 sowie die Außendienstzulage gebühren während der Gesamtdauer des Modells in dem der verkürzten Regelarbeitszeit entsprechenden Ausmaß, wobei bis zur jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG ein Lohnausgleich von 50 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Gesamtbetrag dieser Dienstbezüge vor der Herabsetzung der Regelarbeitszeit und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Betrag hinzukommt( Anm: Hervorhebung durch das Gericht). ....

8. Abfertigung: Die Berechnung der Abfertigung erfolgt auf der Grundlage der Arbeitszeit vor der Herabsetzung der Regelarbeitszeit. ....."

Die Klägerin befindet sich auf eigenen Wunsch seit 1. 3. 2002 in Altersteilzeit, wobei ihre Wochen- Arbeitszeit (ursprünglich 36 Stunden) zunächst um 40 % auf 21,6 Stunden, ab 1. 12. 2002 um 60 % auf 14,4 Stunden reduziert wurde. Die Beklagte anerkannte zwar den grundsätzlichen Anspruch der Klägerin auf Lohnausgleich in Höhe von 50 % der Differenz zwischen dem früherem und dem Altersteilzeitgehalt, zahlte jedoch neben dem reduzierten Gehalt nur die Differenz zwischen diesem Teilzeitentgelt und der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 ASVG) aus.

Die Klägerin begehrt die Nachzahlung von Lohnausgleichsbeträgen mit der Begründung, dass die im KollV (§ 9h, Anlage 7 DO.B) erwähnte Bezugnahme auf die Höchstbeitragsgrundlage keine Gesamtdeckelung (von Teilzeitentgelt zuzüglich Lohnausgleich), sondern nur eine Deckelung des 50%igen Lohnausgleichs bedeute, zumal es dem Arbeitgeber nicht verwehrt sei, auch einen höheren als den nach § 27 AlVG förderbaren Ausgleich zu gewähren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren teilweise ab. Nur diese Teilabweisung ist Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und vertrat die Rechtsauffassung, dass sich der Wortlaut der vorerwähnten KollV-Bestimmungen ganz offensichtlich am Wortlaut des § 27 AlVG orientiere und man bei vernünftiger Auslegung nur zu dem Ergebnis kommen könne, dass ein Lohnausgleich nur soweit zugesagt sei, als das verminderte Teilzeitentgelt und der 50%-Lohnausgleich zusammen die Höchstbeitragsgrundlage iSd § 45 ASVG nicht übersteigen.

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist zutreffend, sodass es insoweit ausreicht, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Die mit BGBl I 179/1999 eingeführte Regelung des § 27 AlVG lautet in der hier anzuwendenden Fassung:„(1) Ein Arbeitgeber, der ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die ihre Arbeitszeit verringern, und diesen einen Lohnausgleich gewährt, hat Anspruch auf Altersteilzeitgeld.

(2) Altersteilzeitgeld gebührt längstens sechseinhalb Jahre für Frauen ab Vollendung des 50. Lebensjahres und für Männer ab Vollendung des 55. Lebensjahres, die

1. in den letzten 25 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches 780 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren,

2. auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ihre der gesetzlichen oder kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit entsprechende oder diese höchstens um 20 vH unterschreitende Normalarbeitszeit auf 40 bis 60 vH der Normalarbeitszeit verringert haben,

3. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvererinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung

a) bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG einen Lohnausgleich in der Höhe von mindestens 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt erhalten und

b) für die der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichtet und

4. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung Anspruch auf Berechnung einer zustehenden Abfertigung auf der Grundlage der Arbeitszeit vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit haben; .........

...

(4) Das Altersteilzeitgeld hat dem Arbeitgeber den zusätzlichen Aufwand abzugelten, der durch einen Lohnausgleich bis zur Höchstbeitragsgrundlage (Hervorhebung durch das Gericht) in der Höhe von 50 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt sowie durch die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entsteht......".

Diese Altersteilzeitregelung war ein Teil jener Maßnahmen, die - von den Gewerkschaften und Arbeiterkammern gefordert - ergriffen worden waren, um einerseits die Altersarbeitslosigkeit zurückzudrängen, andererseits das faktische Pensionsalter näher an das gesetzlich vorgesehene heranzuführen. (vgl Schindler in Resch (Hrsg.) „Rechtsgrundlagen und Gestaltungsformen, Sanktionen, Altersteilzeit", „Gestaltungsmöglichkeiten bei Altersteilzeit" 85). Diese Regelung begründet keine arbeitsrechtlichen Rechte oder Pflichten der Arbeitsvertragspartner, sondern legt nur fest, unter welchen Voraussetzungen eine sozialversicherungsrechtliche Förderung des Altersteilzeit gewährenden Arbeitgebers erfolgen kann (vgl Schindler aaO 86).

Der Lohnausgleich wird nach dieser Regelung vom AMS nur bis zur jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage gefördert (Schindler aaO 94). Das Altersteilzeitgeld soll dem Arbeitgeber einen Anteil des Aufwandes für die Gewährung des Lohnausgleichs sowie für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit abgelten (Kaun „Die neue Altersteilzeitregelung" in ASoK 2003, 250, 253). In der Lehre (Schindler aaO 94; Kaun aao; Schrank in Jungwirth/Risak/Schrank „Pensionsreform 2003 Altersteilzeit aktuell", Teil 2 Rzz 175, 188, Dierschmied/Pfeil AlVG Erl 5.3.) wird § 27 Abs 2 Z 3 lit a AlVG so ausgelegt, dass die Höchstbeitragsgrundlage iSd § 45 ASVG nicht nur den Lohnausgleich für sich genommen begrenzt, sondern dass ein förderungswürdiger Lohnausgleich nur soweit vorliegt, als Teilzeitentgelt und Lohnausgleich zusammengerechnet die Höchstbeitragsgrundlage nicht übersteigen. Falls der obere Wert (= Entgelt vor Teilzeitgewährung) die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage übersteigt, sinkt daher der Lohnausgleich automatisch unter 50 % (Schrank aaO Rz 188). Höhere Lohnausgleiche - zB gänzlicher oder teilweiser Verzicht auf die Höchstbeitragsgrundlagenbegrenzung - sind infolge Günstigkeit zwar zulässig, aber im Überschreitungsumfang keinesfalls förderbar (Schrank aaO Rz 188).

Dieser Auslegung ist beizupflichten. Ausgehend von den vorgenannten Intentionen der Bekämpfung der Altersarbeitslosigkeit bzw. Annäherung von faktischem an das gesetzliche Pensionsalter stellt es auch keine unsachliche Ungleichbehandlung dar, wenn - im Rahmen einer Sozialversicherungsleistung - für die Bezieher höherer Einkommen im Falle der Altersteilzeit nur ein begrenzter oder gar kein Lohnausgleich vorgesehen ist, weil mit der Deckelung durch die Höchstbeitragsgrundlage offenbar nur ein bestimmter, vertretbarer Einkommensrahmen gesichert werden soll.

Während § 9h DO.B ausdrücklich auf § 27 AlVG verweist, findet sich in Pkt 1, 2 und 6 der Anlage 7 zur DO.B ein Wortlaut, der im wesentlichen demjenigen des § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 AlVG nachgebildet ist. Punkt 8 der Anlage 7 trägt wiederum dem Erfordernis des § 27 Abs 2 Z 4 AlVG Rechnung. Diese ausdrückliche Bezugnahme auf das Gesetz bzw die unverkennbare Parallelität im KollV zur gesetzlichen Regelung gebietet daher bei objektiver Betrachtung die schon von den Vorinstanzen gewonnene Auslegung, dass der Anführung der Höchstbeitragsgrundlage derselbe Sinn zuzumessen ist, wie nach § 27 AlVG, dh dass Teilzeitentgelt und der durch die Arbeitgeberin zu zahlende Lohnausgleich zusammen nicht über die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage hinaus gewährt werden sollen.

Im Hinblick auf die vorerwähnten sachlichen Gründe des Gesetzgebers ist auch dann keine mittelbare Grundrechtsverletzung zu erkennen, wenn der KollV diese Regelung übernimmt, zumal die - besser verdienende und daher von der Deckelung mehr betroffene - Klägerin freiwillig die Altersteilzeit wählen konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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