OGH 15Os90/05g

OGH15Os90/05g15.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andreas P***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen nach § 3g Verbotsgesetz und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mario B***** gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Leoben vom 17. Juni 2005, GZ 20 Hv 7/05g-85, sowie die Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Andreas P***** enthält, wurde Mario B***** (zu A./) der Verbrechen nach § 3g erster Fall Verbotsgesetz sowie der Vergehen (zu B./) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (zu D./) der Tierquälerei nach § 222 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Danach hat er, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung

(A./) sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f Verbotsgesetz bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, und zwar 2./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Andreas P***** dadurch, dass sie Ende des Jahres 2003/Anfang 2004 in Kapfenberg mehrmals öffentlich die Parolen „Sieg Heil" und „Heil Hitler" riefen und den Arm zum Deutschen Gruß erhoben.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8, 9 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die Fragenrüge (Z 6) orientiert sich mit der Forderung nach einer Zusatzfrage danach, ob der Angeklagte die ihm in der Hauptfrage 2 vorgeworfenen Handlungen nicht öffentlich, sondern „nur im privaten Kreis" begangen habe, nicht am Gesetz (§ 313 StPO), das eine Zusatzfrage nur nach einem - vom Beschwerdevorbringen nicht erfassten - Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund vorsieht. Die Instruktionsrüge (Z 8) bezeichnet mit der pauschalen Behauptung, die Rechtsbelehrung sei mit 29 Seiten zu umfangreich gewesen, keinen Verstoß gegen § 321 Abs 2 StPO. Soweit sie die Anführung höchstgerichtlicher Judikatur zur Frage der Tatbestandsmäßigkeit des Ausspruchs „Heil Hitler" sowie des „Hitlergrußes" als zur Irreführung der Geschworenen geeignet rügt, vernachlässigt sie die weiteren Ausführungen der Belehrung, wonach (lediglich) ein solches Verhalten tatbestandsmäßig nach § 3g VG sein kann, das zumindest „abstrakt

geeignet ist, eine der ... Zielsetzungen der NSDAP zum neuen Leben zu

erwecken" und eine „... propagandistisch vorteilhafte Darstellung

nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele" bedeutet (S 291/II), womit klargestellt wird, dass es auch auf die Außenwirkung des verpönten Verhaltens ankommt.

Eine Undeutlichkeit der Antwort der Geschworenen (Z 9) wird mit der Kritik am Inhalt der ihnen gestellten und von ihnen bejahten Hauptfrage 2 nicht dargetan. Die Hauptfrage bedarf im Übrigen keiner Spezialisierung durch Anführung von solchen Umständen des Einzelfalls, die weder für die Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung sind (Schindler, WK-StPO § 312 Rz 47 f). Die in der Frage angeführten Tatzeiten „Ende des Jahres 2003/Anfang 2004" und der Tatort „Kapfenberg" ermöglichen eine hinreichende Konkretisierung der Tat (vgl auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290 f).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit der Behauptung, die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Angeklagten P***** seien unglaubwürdig, weil dieser sie erstmals vor dem Untersuchungsrichter, nicht aber zuvor vor der Sicherheitsbehörde gemacht habe, obwohl sie „niemand angezeigt hatte", keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken, zumal hiefür nicht nur das - in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltene - Geständnis dieses Angeklagten (der vor der Sicherheitsbehörde im Übrigen zu diesen Taten gar nicht befragt worden war), sondern auch die - von der Beschwerde vernachlässigte - durch Verlesung in der Hauptverhandlung vorgekommene (S 223/II) Aussage des Zeugen Patrick W***** vor der Sicherheitsbehörde (S 99 f/I) sprach. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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