Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.639,06 (darin EUR 263,01 USt und EUR 1.061 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger als Generalagentur und der Beklagte als Subvermittler trafen ab 1. 7. 2002 eine Agenturvereinbarung, nach deren Inhalt Provisionen durch die Generalagentur vergütet werden und der Provisionsanspruch ausschließlich gegenüber dieser geltend gemacht werden sollte. Das Bestehen eines direkten Vertragsverhältnisses zwischen dem Subvermittler und Vertragspartnern der Generalagentur wurde ebenso ausgeschlossen wie ein direkter Provisionsanspruch gegenüber diesen. Gemäß Vertragspunkt 10. sollte mit der Beendigung des Vertrags jeder Anspruch gegen die Generalagentur erlöschen und die Abrechnung der gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen mit Buchungsschluss des Kalendermonats, in dem das Verhältnis endet, erfolgen. Gleichzeitig schloss der Beklagte mit einem Versicherungsunternehmen eine Akontovereinbarung über ein dem Beklagten monatlich zu zahlendes Provisionsakonto von EUR 2.500 für den Zeitraum Juli bis Ende Dezember 2002. Es wurde vereinbart, dass für den Fall der Nichteinhaltung des der Provisionsvereinbarung zugrundeliegenden Umsatzplans, das Provisionsakonto jederzeit reduziert oder ganz gestrichen werden könne. Als Sicherheit wurde für die Dauer der Akontovereinbarung und darüber hinaus, solange ein eventueller offener Schuldsaldo bestehe, vereinbart, dass der Beklagte sämtliche Ansprüche, die gegen das Versicherungsunternehmen bestehen (so insbesondere alle Provisionsaufkommen inkl. der Zuschläge und eventuell vereinbarter Provisionsgarantie) unwiderruflich an dieses abzutreten habe. Dieser Vereinbarung wurde ein Blankowechsel des Beklagten beigelegt, mit der Ermächtigung des Versicherungsunternehmens, diesen im Sinn der Akontovereinbarung, die als Wechselwidmungserklärung zu gelten habe, zu ergänzen.
Das Versicherungsunternehmen überwies von Juli bis einschließlich November 2002 im Namen und Auftrag des Klägers insgesamt sechs Mal Provisionsakonti in der vereinbarten Höhe an den Beklagten. Im Juli 2002 erfolgte irrtümlicherweise eine zweimalige Überweisung, weshalb der Beklagte am 18. 11. 2002 EUR 2.500 rücküberwies.
Da der Beklagte seiner Verpflichtung im Sinn des Umsatzplans nicht nachkam, entstand auf dem Provisionskonto ein Sollsaldo, der zum 30. 9. 2002 EUR 9.594,82 betrug. Über sein Ansuchen verpflichtete sich der Beklagte in einer mit dem Versicherungsunternehmen am 22. 10. 2002 geschlossenen schriftlichen Vereinbarung, monatlich EUR 290 ab 15. 11. 2002 zurückzuzahlen. Zur Besicherung dieser, von beiden Streitteilen unterfertigten Rückzahlungsvereinbarung wurde festgelegt, dass der Beklagte alle gegenüber dem Kläger bestehenden und zukünftigen Provisionsansprüche an das Versicherungsunternehmen abtritt. Der bereits übergebene Blankowechsel diente zusätzlich der Sicherstellung der Rückzahlungsvereinbarung, wobei festgehalten wurde, dass diese Vereinbarung als Wechselwidmungserklärung zu gelten habe. Der Kläger übernahm für die Rückzahlungsvereinbarung die Haftung zur ungeteilten Hand.
Der Sollsaldo wurde auf ein Stützungskonto übertragen. Das Provisionsverrechnungskonto lief nebenbei weiter. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Streitteilen, wurde eine Abrechnung auf beiden Konten vorgenommen. Auf dem „Schuldkonto" des Beklagten errechnete sich per 20. 5. 2003 ein Sollsaldo von EUR 9.508,97 auf dem Provisionsverrechnungskonto ein Sollsaldo von EUR 1.352,37, insgesamt sohin ein Endsaldo in Höhe der Klagsforderung.
Das Versicherungsunternehmen übergab dem Kläger zur Durchsetzung seiner Forderung den Blankowechsel. Dieser füllte ihn durch Einfügen der Wechselsumme in der Höhe des Endsaldos von EUR 10.861,34, seiner Anschrift und Unterschrift, der Zahlungsanweisung an „Order eigene" sowie des Namens und der Anschrift des Beklagten als Bezogenen aus und datierte ihn mit 15. 7. 2003. Ort der Ausstellung ist Hallein. Der Kläger hat dem Versicherungsunternehmen gegenüber für diesen Betrag einzustehen. Er wird in dieser Höhe belastet werden, bislang ist noch keine Belastung erfolgt.
Aufgrund der vom Kläger am 29. 7. 2003 beim Erstgericht eingelangten Wechselklage, der der Originalwechsel sowie eine Kopie angeschlossen waren, erließ das Erstgericht den Wechselzahlungsauftrag über EUR 10.861,34 samt 6 % Zinsen seit 16. 7. 2003. Dagegen erhob der Beklagte fristgerecht Einwendungen. Der Wechsel sei aufgrund der Währungsbezeichnung sowie wegen des Fehlens eines Zahlungs- und Verfallsdatums ungültig. Der Wechsel sei auch vereinbarungswidrig ausgefüllt worden; der Kläger habe diesen in schlechtem Glauben erworben. Die Abrechnung aus der zwischen dem Kläger als Generalagentur und dem Beklagten als Subvermittler bestehenden Agenturvereinbarung sei strittig und habe der Kläger vom Beklagte nichts zu fordern. Eine allfällige Forderung wäre erst nach einvernehmlicher Feststellung einer solchen fällig.
Darüber hinaus habe sich ein Versicherungsunternehmen verpflichtet, dem Beklagten monatliche Provisionsvorauszahlungen zu leisten. Zur Besicherung von Ansprüchen dieses Versicherungsunternehmens habe der Beklagte diesem einen Blankowechsel mit der Ermächtigung übergeben, diesen im Sinn der Akontovereinbarung zu ergänzen. Eine Wechselvereinbarung mit dem Kläger bestehe nicht.
Der Kläger wendete ein, dass es sich um einen Sichtwechsel handle, der bei Vorlage zu zahlen sei. Er hafte aufgrund seines Vertragsverhältnisses gegenüber dem Versicherungsunternehmen für die von diesem an den Beklagten ausbezahlten Provisionsakonti. Das Versicherungsunternehmen habe dem Kläger das Blankoakzept vor vollständiger Ausfüllung übergeben und habe der Kläger von seinem gutgläubig erworbenen Ausfüllungsrechts Gebrauch gemacht. Die Wechselsumme stelle den Endsaldo dar.
Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag mit der Maßgabe aufrecht, dass der Zinsenlauf mit 9. 8. 2003 beginne. Schon aufgrund des Zugeständnisses des Beklagten in den Einwendungen sei davon auszugehen, dass der Beklagte dem Versicherungsunternehmen einen Blankowechsel übergeben und dieses ermächtigt habe, den Wechsel im Sinn der Akontovereinbarung zu ergänzen. Wer den Wechsel letztlich ausgefolgt habe sei ohne Bedeutung, da in der Hingabe von Blankoakzepten die stillschweigende Ermächtigung des Empfängers liege, durch Ausfüllung des Formulars nach Maßgabe des der Wechselbegebung zugrundeliegenden Vertrages entweder selbst einen vollständigen Wechsel herzustellen oder diese Herstellung den Nachmännern zu überlassen. Gebe der Blankettnehmer den Wechsel vor vollständiger Ausfüllung weiter und mache der Nachmann von seinem gutgläubig erworbenen Ausfüllungsrechts Gebrauch, liege darin ein wechselrechtlicher und nicht bloß bürgerlich-rechtlicher Erwerb der Forderung.
Die Rechtsstellung des Wechselschuldners bestimme sich bei Weitergabe durch den Blankettnehmer vor vollständiger Ausfüllung danach, wie sie wäre, wenn der Blankettnehmer von seinem Recht, den Wechsel zu vervollständigen, selbst Gebrauch gemacht hätte. Da die Wechselsumme dem Endsaldo entspreche, habe die Vervollständigung des Wechsels durch den Kläger die Lage des Beklagten nicht erschwert. Die Ausfüllung sei nicht vereinbarungswidrig erfolgt. Der Wechsel gelte mangels Angabe der Verfallszeit als Sichtwechsel und sei daher bei Vorlegung fällig. Da der Wechsel erst mit Zustellung der Wechselklage und des Wechselzahlungsauftrags vorgelegt worden sei, sei der Beginn des Zinsenlaufs auf 9. 8. 2003 zu korrigieren gewesen.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung des Beklagten das erstgerichtliche Urteil im Sinn der Aufhebung des Wechselzahlungsauftrags ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Der Berufungswerber vertrete die Auffassung, die Wechselforderung sei mangels Vorlegung des Sichtwechsels nicht fällig. Die amtswegig zu prüfende Fälligkeit des Sichtwechsels trete gemäß Art 34 Abs 1 WG erst mit der Vorlegung ein. § 406 ZPO erlaube die Verurteilung zu einer Leistung nur, wenn die Fälligkeit zur Zeit der Urteilsschöpfung bereits eingetreten sei. Diese Vorschrift sei nach herrschende Auffassung so zu verstehen, dass der Zeitpunkt, auf den sich die Entscheidung zu beziehen habe, der Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz sein müsse. Die Fälligkeit des Anspruchs sei nach ständiger Rechtsprechung selbst bei allgemeiner Bestreitung von Amts wegen zu prüfen. Es bedürfe dazu keiner besonderen Einrede. Im Wechselmandatsverfahren bestehe keine Einschränkung des § 406 ZPO.
Das Erstgericht sei davon ausgegangen, dass der Wechsel mit Zustellung der Wechselklage und des Wechselzahlungsauftrags vorgelegt worden sei. Der Kläger behaupte in seiner Berufungsbeantwortung keine vor Klagseinbringung erfolgte Vorlegung des Wechsels. In der Folge setzt sich das Berufungsgericht ausführlich mit Lehrmeinungen auseinander, wonach die Klageerhebung gegen den Annehmer ohne vorherige Vorlegung den Verfall des Wechsels nicht herbeiführe, sondern erst die Vorlegung im Termin. Auch die ältere Rechtsprechung gehe davon aus, dass die Klagsforderung während des Prozesses fällig geworden sei, wenn die „förmliche Präsentation zur Zahlung" nach Klagseinbringung erfolgt sei. Die für den Eintritt der Fälligkeit des Sichtwechsels erforderliche Vorlegung zur Zahlung bestehe in der ausdrücklichen oder stillschweigenden Aufforderung zur Zahlung der Wechselsumme, wobei gleichzeitig dem Wechselschuldner der Wechsel vorzuzeigen und ihm Einsicht in diesen zu gewähren sei, damit er die ihm nach Art 40 Abs 3 WG obliegende Prüfung vornehmen könne. Vorliegend sei dem Beklagten der Wechsel vor Einbringung der Klage nicht förmlich iSd Art 34 WG zur Zahlung präsentiert worden. Die Zustellung der Wechselabschrift gemeinsam mit dem Wechselzahlungsauftrag habe die Vorlegung des Wechsels nicht ersetzen können, da der Beklagte aufgrund einer Abschrift die Echtheit der Unterschriften nicht hätte prüfen können. Abgesehen davon hätte er auch nur gegen Aushändigung des quittierten Originalwechsels zahlen müssen. Die Fälligkeit des Wechsels sei bis zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz nicht eingetreten. Nach dem Inhalt der Protokolle sei weder die Wechselklage ausdrücklich vorgetragen noch der Wechsel in einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom Kläger als Urkunde vorgelegt worden. Eine Vorlegung des Originalwechsels an den Beklagten im Prozess sei somit nicht erfolgt. Ebensowenig sei die Vorlegungsfrist des § 34 Abs 1 WG abgelaufen gewesen. Die ordentliche Revision sei zulässig, da zur Frage, ob durch die Zustellung der Wechselklage samt Wechselabschrift die Vorlage des Sichtwechsels ersetzt werden könne, nur auf ältere Judikatur zurückgegriffen werden könne und diese Frage in einer neueren Entscheidung ausdrücklich offen gelassen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.
Dem Berufungsgericht ist zunächst darin beizupflichten, dass gemäß § 406 Abs 1 ZPO der in der Klage geltend gemachte Anspruch grundsätzlich spätestens bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig sein muss (Fucik in Fasching/Konecny² III § 406 Rz 23) und dass auch im Mandats- und Wechselmandatsverfahren keine Einschränkung des § 406 ZPO besteht. Die besondere Form des Urteilsspruchs durch die der Zahlungsauftrag aufrechterhalten oder aufgehoben wird ändert daran nichts, weil der (Wechsel-)Zahlungsauftrag nur eine vorweggenommene Entscheidung über den im weiteren Verfahren im Rahmen der Einwendungen sowohl dem Grund als auch der Höhe nach zu beurteilenden Anspruch ist (Fucik aaO Rz 22).
Das Gericht hat bei Urteilsfällung den Sachverhalt und die Rechtslage zugrunde zu legen, wie sie bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorlagen, mag auch bei Erlassung des Wechselzahlungsauftrages das Begehren nicht begründet gewesen sein; das gilt auch für mittlerweile eingetretene Fälligkeit (Klicka in Fasching/Konecny² IV/1 § 529 Rz 12 mwH).
Dem Berufungsgericht kann allerdings insoweit nicht gefolgt werden, als es davon ausgeht, dass der vorliegende Wechsel zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch nicht fällig gewesen sei.
Der Wechselzahlungsauftrag kann nur aufgrund eines gültigen und, was die Echtheit angeht, unbedenklichen Wechsels erlassen werden. Sowohl der Wechsel als auch die allenfalls weiteren Urkunden sind in Urschrift vorzulegen, während im gewöhnlichen Wechselprozess die Vorlage einer Ablichtung genügt (Kodek in Rechberger² § 557 Rz 1 mwH). Beantragt der Kläger die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrags hat der Richter zunächst zu prüfen, ob der vorgelegte Wechsel gültig ist, ob sich daraus der mit der Klage geltend gemachte Wechselanspruch - sowohl die Berechtigung des Klägers als auch die Verpflichtung des Beklagten - ableiten lässt und ob gegen die Echtheit des Wechsels keine Bedenken bestehen (Kodek aaO § 559 Rz 2).
Gegen die Erlassung des Wechselzahlungsauftrages sind nur Einwendungen möglich. Im Einzelnen muss der Beklagte nicht nur das Fehlen der besonderen Voraussetzungen für die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages rügen, sondern unter anderem auch Fehler aufzeigen, die die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages ausgeschlossen hätten (Klicka aaO Rz 6). Werden Einwendungen erhoben, dann ist nur über sie zu verhandeln, andere als die dort geltend gemachten Fehler können nicht mehr wahrgenommen werden. Der sonst geltende Grundsatz, dass das Gericht den zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten dahin zu untersuchen hat, ob der geltend gemachte Anspruch daraus abgeleitet werden kann, ist im Wechselmandatsprozess nicht anzuwenden (Kodek aaO Rz 5; vgl auch Klicka aaO Rz 6).
In der Bestreitung der (Höhe der) Wechselforderung ist nicht auch die Behauptung der mangelnden Fälligkeit erkennbar enthalten (Klicka aaO). Hier hat das Erstgericht aufgrund des der Wechselklage im Original beiliegenden Wechsels, der alle Gültigkeitsvoraussetzungen eines Sichtwechsels aufweist den (beantragten) Wechselzahlungsauftrag erlassen. Im Gegensatz zu einem Wechsel mit einem bestimmten Fälligkeitsdatum war für das Erstgericht aufgrund des vorgelegten Sichtwechsels nicht ohne Weiteres erkennbar, dass dieser dem Beklagten nicht zur Zahlung vorgelegt worden war. Der Beklagte hat weder in seinen Einwendungen noch im gesamten Verfahren erster Instanz vorgebracht, dass der gegenständliche Sichtwechsel mangels Präsentation noch nicht fällig sei, vielmehr die Behauptung erst in der Berufung - im Sinn einer unzulässigen Neuerung - aufgestellt.
Der Revision ist daher Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Allerdings gebührt der klagenden Partei für die Erstattung der Berufungsbeantwortung gemäß § 23 Abs 9 RATG nur der dreifache Einheitssatz, da keine Berufungsverhandlung stattgefunden hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)