OGH 5Ob112/05i

OGH5Ob112/05i30.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Alfons P*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die Antragsgegner 1. Spasenjia R*****, und 2. Radomir R*****, beide: ***** wegen Mietzinserhöhung gemäß §§ 18 ff MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landegerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 18. März 2005, GZ 3 R 39/05i-5, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 10. Februar 2005, GZ 11 Msch 3/05t-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die Verhandlung und neuerliche Entscheidung über den Antrag aufgetragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrt im Sinne der §§ 18 ff MRG die Erhöhung der monatlichen Hauptmietzinse. Sein Haus verfüge lediglich über die zwei Wohnungen, die von den Antragsgegnern gemietet seien, sodass auf die Bestandverhältnisse seien nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes die §§ 18 ff MRG analog anzuwenden seien.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 1 Abs 1 Z 5 MRG nicht mehr in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fielen. Die analoge Anwendung der §§ 18 ff MRG habe zu unterbleiben, da es in der österreichischen Rechtsordnung eine analoge Anwendung von Verfahrensarten nicht gebe und das Außerstreitverfahren nicht einmal durch ausdrückliche Vereinbarung ermöglicht werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es ging davon aus, dass die Mietverträge mit den Antragsgegnern vor dem 31. 12. 2001 abgeschlossen worden seien, sodass sie nach wie vor der Teilanwendung des MRG im Sinn des § 1 Abs 4 Z 2 MRG aF unterlägen. Vom Obersten Gerichtshof sei zwar für diese Mietverträge die Mietzinserhöhung nach §§ 18 ff MRG im Ergebnis unter Hinweis auf § 45 Abs 5 MRG bejaht worden, doch habe sich die Rechtslage geändert. § 45 MRG sei nicht mehr auf Mietgegenstände in Zweifamilienhäusern anzuwenden, sodass eine analoge Anwendung der §§ 18 ff MRG nicht mehr in Betracht komme. Der Antragsteller sei auf eine Änderungskündigung zu verweisen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da zu dieser Rechtsfrage keine aktuelle Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass die Bestimmung des § 1 Abs 2 Z 5 MRG, die eine Vollausnahme vom MRG für Mietgegenstände normiert, die in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumen liegen, nicht auf Mietverträge anzuwenden ist, die - wie hier - vor dem 1. 1. 2002 abgeschlossen wurden (§ 49d Abs 2 MRG). Dies bedeutet, dass für die vorliegenden Bestandverhältnisse noch die alte Rechtslage nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG aF anzuwenden ist, nach der diese Bestandverträge in den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, also § 45 MRG anzuwenden ist. In § 45 Abs 5 MRG aF war geregelt, dass für den Fall, dass der Vermieter für die in § 1 Abs 4 Z 1 oder Z 2 MRG genannten Mietgegenstände den Erhaltungs- oder Verbesserungsbeitrag begehrt, die Bestimmungen des 1. Hauptstücks mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 bis 7 und 10 MRG und über die Richtwerte nach dem Richtwertgesetz anzuwenden sind, also auch die §§ 18 ff MRG. In der vergleichbaren Regelung des § 45 Abs 3 MRG nF, die am 1.1.2002 in Kraft trat (§ 49d Abs 1 MRG), ist aber das Mietverhältnis in sogenannten Zweifamilienhäusern nicht mehr genannt, was im Zusammenhang mit dem neuen § 1 Abs 5 MRG zu verstehen ist, der ja überhaupt eine Vollausnahme vom MRG für Bestandverträge in diesen Objekten vorsieht. Es besteht also ein gewisser Widerspruch in den Bestimmungen, der durch das Übergangsrecht ausgelöst wird.

Es findet sich kein Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, zwar die vor dem 1. 1. 2002 abgeschlossenen Mietverträge weiterhin der damals geltenden Rechtslage der Teilanwendbarkeit des MRG zu unterwerfen, aber den Zugang zur Anwendbarkeit des 1. Hauptstückes mit den genannten Ausnahmen im Rahmen des § 45 MRG, wie er damals möglich war, zu verwehren. Der erkennende Senat vertritt daher die Auffassung, dass für Bestandverhältnisse, auf die noch § 1 Abs 2 Z 4 MRG weiterhin anzuwenden ist (§ 49d Abs 2 MRG), auch § 45 Abs 3 MRG nF wie für Mietgegenständen nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG (weiter) gilt. Dies bedeutet, dass ab dem Anhebungsbegehren des Vermieters die Bestimmungen des 1. Hauptstücks mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 bis 7 und 10 MRG und über die Richtwerte nach dem Richtwertgesetz auch auf die vorliegenden Bestandverhältnisse anzuwenden sind, also auch die §§ 18 ff MRG.

Damit bleibt es aber bei der bisherigen Judikatur. Steht dem Vermieter die Möglichkeit offen, nach § 45 MRG einen Erhaltungsbeitrag zu verlangen, gelten gemäß Abs 3 nF (Abs 5 aF) für die Mietgegenstände des Hauses ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des 1. Hauptstückes (mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung und den Richtwert), also auch jene über die Hauptmietzinserhöhung nach §§ 18 ff MRG. Er kann daher in diesem Fall auch gleich einen Antrag analog §§ 18 ff MRG stellen (6 Ob 516/93; 5 Ob 619/89). Nur wenn das Verlangen nach einem Erhaltungsbeitrag wegen der Höhe des vereinbarten Hauptzinses nicht möglich wäre, der vereinbarte Hauptmietzins aber dennoch zur Erhaltung des Hauses nicht ausreichte, käme eine „Änderungskündigung" in Betracht (5 Ob 619/89, RIS-Justiz RS0069427, RS0069421).

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