Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragsgegner wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Pächterin der landwirtschaftlichen Liegenschaft EZ ***** GB *****, die Antragsgegner sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der gepachteten Liegenschaft. Der Pachtvertrag wurde am 1. 2. 2003 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dabei wurde vereinbart, dass er nur unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 31. 3. bzw 30. 11. eines Jahres gekündigt werden könne.
Die Antragsgegner haben insgesamt drei außergerichtliche Aufkündigungen des Pachtvertrages jeweils mittels eingeschriebenen Briefes vorgenommen, und zwar erstmals mit Schreiben vom 13. 11. 2003, der Antragstellerin zugekommen Ende November 2003, das zweite Mal mit Schreiben vom 19. 3. 2004 zum 30. 11. 2004, der Antragstellerin zugekommen im März 2004, und das dritte Mal mit Schreiben vom 17. 5. 2004, ebenfalls zum 30. 11. 2004, der Antragstellerin zugekommen Ende Mai 2004.
Am 4. 6. 2004 langte bei Gericht der verfahrensleitende Antrag der Antragstellerin um Verlängerung des Pachtvertrages um drei Jahre ein. Begründet wird der Antrag damit, es handle sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb iSd § 5 Abs 1 Z 2 LPG, wofür die Richtpachtzeit zehn Jahre betrage. Die Antragstellerin habe hohe Investitionen in die Landwirtschaft getätigt, sodass eine bereits nach nur eineinhalb Jahren erfolgte Aufkündigung unbillig sei.
Die Antragsgegner wendeten sich gegen die beantragte Verlängerung und wendeten Verspätung des Verlängerungsantrags ein. Nach § 10 Abs 1 Z 2 LPG müsse der Antrag innerhalb von vierzehn Tagen nach Zustellung der außergerichtlichen Aufkündigung an den Pächter gestellt werden. Diese Frist habe die Antragstellerin nicht eingehalten. Darüber hinaus wendeten sich die Antragsgegner gegen den Verlängerungsantrag aus weiteren Gründen, auf die hier aber nicht eingegangen werden muss.
Das Erstgericht wies nämlich mit Sachbeschluss den Verlängerungsantrag wegen Verspätung zurück. Die Antragstellerin habe weder innerhalb von vierzehn Tagen nach der ersten, noch der zweiten Aufkündigung, sondern erst am 4. 6. 2004 den Verlängerungsantrag gestellt und damit der hier anzuwendenden Bestimmung des § 10 Abs 1 Z 2 LPG nicht rechtzeitig entsprochen.
Durch die Aufhebung der §§ 565 f ZPO durch die ZVN 1983 sei nur die verfahrensrechtliche Wirkung der außergerichtlichen Aufkündigung, nicht aber auch deren materiellrechtliche Wirkung gemäß § 1116 ABGB beseitigt worden. Einer gerichtlichen Aufkündigung bedürfe es zur Beendigung des Pachtvertrages nicht. Die gegenständlichen außergerichtlichen Aufkündigungen wären daher wirksam gewesen, weshalb sich der Verlängerungsantrag als verspätet erweise.
Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Zunächst sei richtig, dass § 10 LPG eine materiellrechtliche Ausschlussfrist enthalte, bei deren Nichteinhaltung der Verlängerungsantrag abzuweisen sei. Zutreffend sei auch, dass die Aufhebung der §§ 565 f ZPO durch die ZVN 1983 nur die verfahrensrechtliche Wirkung der außergerichtlichen Aufkündigung, nicht aber deren materiellrechtliche Wirkung nach § 1116 ABGB beseitigt habe (2 Ob 322/98m). Eine außergerichtliche Aufkündigung beende also materiellrechtlich das Pachtverhältnis. Sie setze aber den Lauf der Frist des § 10 Abs 1 Z 2 LPG nicht in Gang. Das Rekursgericht folgte damit der von Würth (in Rummel² Rz 5 zu § 10 LPG) vertretenen Ansicht, die auch von zweitinstanzlicher Rechtsprechung geteilt wird. Da der Begriff der „außergerichtlichen Kündigung" der ZPO entnommen sei, hätte schon vor der ZVN 1983 nur eine dem § 565 ZPO entsprechende Aufkündigung, nicht aber eine von vornherein nur materiellrechtlich wirksame formlose Erklärung die Frist ausgelöst, weil ansonsten kaum von „Zustellung" gesprochen werden könne. Infolge der Aufhebung der §§ 565 f ZPO durch die ZVN 1983 existiere darüber hinaus das Institut der außergerichtlichen Aufkündigung in dem in § 10 LPG verwendeten Sinn nicht mehr. Es werde daher die Frist des § 10 Abs 1 Z 2 LPG erst durch Zustellung einer Räumungsklage in Gang gesetzt (vgl Würth aaO).
Der Oberste Gerichtshof habe bisher nur in MietSlg 34.522/16 die Ansicht vertreten, dass es ausreicht, wenn der Pächter im Fall einer außergerichtlichen Aufkündigung den Antrag auf Verlängerung des Pachtvertrages innerhalb von zwei Monaten vor dem Kündigungstermin stellt.
Auch nach dieser Ansicht erweise sich hier die Antragstellung auf Verlängerung des Landpachtvertrages als rechtzeitig.
Der angefochtene Sachbeschluss sei als ergänzungsbedürftig aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob auch eine nur materiellrechtlich wirksame außergerichtliche Aufkündigung die Frist des § 10 Abs 1 Z 2 LPG auslöse. Dieser Frage komme erhebliche Bedeutung iSd § 64 AußStrG zu.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Antragsgegner mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag an das Gericht zweiter Instanz gestellt.
Die Antragstellerin beantragt, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Antragsgegner ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
§ 10 LPG sieht für die Antragstellung auf Verlängerung der Dauer eines Landpachtvertrages in Abs 1 unterschiedliche Fristen vor. Nach Z 1 muss spätestens zwei Monate vor dem Ablauf der Vertragsdauer ein Verlängerungsantrag eingebracht werden, was ausdrücklich für die Fälle des fristgemäßen Ablaufs der vereinbarten oder der durch eine Anordnung des Gerichtes geltenden Vertragsdauer gilt. In allen übrigen Fällen ordnet Z 2 an, dass spätestens innerhalb von vierzehn Tagen nach Zustellung der gerichtlichen oder außergerichtlichen Aufkündigung, des Übergabsauftrags oder der Klage auf Beendigung des Pachtvertrages oder Räumung des Pachtgegenstandes ein Verlängerungsantrag zu stellen ist. Damit ist entgegen der in MietSlg 34.522/16 veröffentlichten Entscheidung 1 Ob 530/82 jeder Fall, in dem ein Pachtverhältnis nicht durch den Ablauf der vereinbarten oder verlängerten Pachtzeit endet, § 10 Abs 1 Z 2 LPG zu unterstellen. Der diesbezüglich von Würth in Rummel² Rz 5 zu § 10 LPG geäußerten Kritik ist zuzustimmen.
Einigkeit besteht in Lehre und Rechtsprechung darüber, dass die Aufhebung der §§ 565 f ZPO durch die ZVN 1983 nur die verfahrensrechtliche Wirkung der außergerichtlichen Aufkündigung, nicht aber deren materiellrechtliche Wirkung gemäß § 1116 ABGB beseitigt hat (vgl immolex 1999/114 mit Anm Thiele; Würth aaO; Fasching, Lehrbuch² Rz 21, 39; zur alten Rechtslage: Fasching, Kommentar IV, 659 ff). In MietSlg 34.522/16 hat der Oberste Gerichtshof in Fortschreibung der Judikatur vor der ZVN 1983 klargestellt, dass eine außergerichtliche Aufkündigung, die nicht den Formerfordernissen des § 562 ZPO entspricht, keinen Exekutionstitel bildet, jedoch in der Lage ist, das Landpachtverhältnis materiellrechtlich zum Kündigungstermin aufzulösen (vgl Thiele aaO).
Mit der Aufhebung der §§ 565 f ZPO durch Art IV Z 123 der ZVN 1983 war jedenfalls die Beseitigung aller prozessualen Wirkungen einer Aufkündigung, die mangels gerichtlicher Bewilligung nur dem § 1116 ABGB zu unterstellen ist, beabsichtigt. Damit existiert das Institut der „außergerichtlichen Aufkündigung" im prozessualen Sinn und daher auch in dem in § 10 Abs 1 Z 2 LPG verwendeten Sinn nicht mehr. Mit dieser Argumentation folgt der erkennende Senat der von Würth (aaO) und Thiele (aaO) vertretenen Ansicht, dass eine außergerichtliche Aufkündigung eines Landpachtvertrags die materiellrechtliche Präklusivfrist (RIS-Justiz RS0066182) des § 10 Abs 1 Z 2 LPG nicht in Lauf setzt. Diese Frist beginnt vielmehr erst mit der Zustellung der zur Durchsetzung des Anspruchs prozessual erforderlichen Räumungsklage. Das entsprach schon bisher bestehender zweitinstanzlicher Rechtsprechung (LGZ Wien MietSlg 38.613/62), der das Rekursgericht zutreffend gefolgt ist.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Ein Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung scheitert daran, dass nach § 203 Abs 9 AußStrG, der zufolge § 12 LPG idF des WohnAußStrBeglG auf das außerstreitige Verfahren in Landpachtsachen anzuwenden ist, die neuen Bestimmungen über den Kostenersatz des § 78 AußStrG nur dann anzuwenden sind, wenn die Sache nach dem 31. 12. 2004 anhängig gemacht wurde. Nach § 12 Abs 4 letzter Satz LPG aF, der also hier noch anzuwenden ist, hat die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung jede Partei selbst zu tragen.
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