OGH 15Os85/05x

OGH15Os85/05x25.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bettina H***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mohamed A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Juni 2005, GZ 35 Hv 89/05s-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Mohamed A***** (richtig: vgl Kirchbacher/Schroll RZ 2005, 142 ff) der Verbrechen (A1-3) nach § 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie der Vergehen (B/II/1 und 2) nach § 27 Abs 1 SMG und (C) des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung, in Innsbruck, beim Grenzübergang Brennerpaß und an anderen Orten (A) den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) gewerbsmäßig von Italien aus- und nach Österreich eingeführt sowie in Verkehr gesetzt, und zwar

(1) „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit Bettina H***** im Jänner und im Februar 2005 durch Schmuggel von insgesamt ca 1,2 kg Cannabisharz von Turin über den Grenzübergang Brennerpaß nach Innsbruck im Verlauf von zwei Schmuggelfahrten,"

(2) im Oktober 2004 durch den Schmuggel von ca 600 Gramm Cannabisharz von Turin über den Grenzübergang Brennerpaß nach Innsbruck;

(3) zu datumsmäßig nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkten zwischen ca Herbst 2004 und Frühjahr 2005 durch gewerbsmäßigen Verkauf von ca 1,6 kg Cannabisharz an Emsad K***** und zahlreiche weitere namentlich nicht bekannte Abnehmer im Verlauf von zahlreichen Teilgeschäften (Reinheitsgehalt des Suchtmittels durchschnittlich 8 % THC; US 45);

(C) am 8. August 2004 den Kriminalbeamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck GI Franz S***** dadurch, dass er sich aus dessen Festhaltegriff gewaltsam losrieß, sohin durch Gewalt, an einer Amtshandlung, nämlich der Durchsetzung seiner Anhaltung und Perlustrierung nach einem versuchten Suchtgiftgeschäft zu hindern versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Kritik der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe die leugnende Verantwortung des Angeklagten lediglich „durch die überzeugende Schilderung" der Mitangeklagten Bettina H***** als widerlegt angesehen, übergeht die weitere diesbezügliche Urteilsbegründung (S 9). Das in der Beschwerde angesprochene in Abredestellen des Suchtgifttransports durch H***** anlässlich ihrer Vernehmung vor der Gendarmerie (S 23/I) hatte im Hinblick auf den sofort nachfolgenden Widerruf dieser Angaben nicht die Eignung, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgebend zu verändern und war somit auch nicht erörterungsbedürftig (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409). Demnach kann von einer der Sache nach eingewendeten Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 zweiter Fall) keine Rede sein.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider hat Bettina H***** in der Hauptverhandlung zu Menge und Gewicht des geschmuggelten Suchtgifts ohnedies Angaben gemacht (Hv-Protokoll S 7 und 9).

Auch zu Faktum C) haben die Tatrichter - entgegen der Beschwerdekritik - im Urteil begründet dargelegt, warum sie davon ausgegangen sind, dass der Angeklagte den einschreitenden Beamten auch als solchen erkannt hat und somit die diesbezüglich leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachteten (US 11 und 12). Damit haben sie, dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend, im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen insgesamt begründet dargelegt, warum sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt angesehen haben.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Einwand, die Feststellungen zu den Suchtgifttransporten stützten sich ausschließlich auf die Angaben der Angeklagten Bettina H*****, dies sei keine ausreichende Begründung, keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Eine Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung erblickt die Beschwerde in der Unterlassung einer näheren Befragung der Erstangeklagten durch die Tatrichter zu den Transporten. Dieses Vorbringen enthält zum einen keine deutliche und bestimmte Bezeichnung und legt im Übrigen nicht dar, wodurch der - anwaltlich vertretene - Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme (die Ausübung des Fragerechts) in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (vgl Ratz, WK § 281 Rz 480).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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