Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.456,91 EUR (darin 868,32 EUR USt und 4.247 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei, die einen Spielwarenhandel betreibt, war seit 1998 Untermieterin von zwei Lokalen im Ausmaß von je etwa 40 m2, die als Schauraum und Lager verwendet wurden. Der Beklagte erwarb im September 1999 die betreffende Liegenschaft und trat in diesen Mietvertrag auf Seite des Vermieters ein. Im Laufe des Jahres 2001 informierte der Beklagte den Geschäftsführer der klagenden Partei von Umbauplänen, wies auch entsprechende Pläne vor und meinte, man werde sich betreffend die Bestandräumlichkeiten schon einigen.
Mit Mietvertrag vom 12. Februar 2001 vermietete der Beklagte etwa 425,11 m2 Verkaufsfläche sowie 30 m2 Nebenfläche an ein anderes Unternehmen zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerraum eines Einzelhandelsgeschäftes für Textilien aller Art sowie aller Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Dieses Unternehmen handelt ua auch mit Spielwaren. Als Übergabetermin wurde der Zeitraum zwischen der 26. Kalenderwoche 2002 und der ersten Kalenderwoche 2003 festgelegt.
Im Frühjahr 2002 schlug der Beklagte dem Geschäftsführer der klagenden Partei vor, die klagende Partei solle die von ihr benützten Geschäftsräumlichkeiten aufgeben und in ein anderes Geschäftslokal in diesem Haus übersiedeln; er könne dann den freiwerdenden Gebäudeteil umbauen und neu vermieten. Der Geschäftsführer der klagenden Partei meinte, dass er grundsätzlich nichts dagegen habe, wies aber daraufhin, dass er dies nur unter der Voraussetzung machen würde, dass in das neuentstehende Geschäftslokal keine Konkurrenz für ihn einziehen würde und er nicht mehr, sondern eher weniger Miete zu bezahlen hätte als bisher. Der Beklagte umging eine Antwort und unterließ es, den Geschäftsführer der klagenden Partei darüber in Kenntnis zu setzen, dass er bereits im Februar 2001 einen Mietvertrag für die neuzuschaffenden Bestandräumlichkeiten abgeschlossen hatte. Der Geschäftsführer der klagenden Partei setzte sich mit dem nunmehrigen Klagevertreter in Verbindung und beauftragte ihn, einen Vertragsentwurf auszuarbeiten; er wies daraufhin, dass in dem Vertrag jedenfalls eine Konkurrenzklausel enthalten sein müsse.
Am 30. August 2002 hielt der Geschäftsführer der klagenden Partei in einem Gespräch mit dem Beklagten neuerlich fest, es sei für ihn wesentlich, dass kein höherer Mietzins zu bezahlen sei, kein Konkurrenzunternehmen einziehen dürfe und dafür eine Vertragsstrafe vereinbart werde. Am 30. September 2002 übermittelte der Beklagte dem Klagevertreter einen Mietvertragsentwurf, indem ein Vertragspunkt „Konkurrenzklausel" enthalten war.
Nach weiteren Änderungen übersandte der Klagevertreter dem Beklagten einen Mietvertragsentwurf, der folgende Konkurrenzklausel enthält:
„8.1 Auf Wunsch des Mieters verpflichtet sich der Vermieter für die Dauer dieses Vertrages hinsichtlich des gesamten Gebäudes ... keine Bestandverträge mit Konkurrenzunternehmen des Mieters einzugehen, die insbesondere den gleichen oder einen ähnlichen Unternehmenszweck wie der Mieter verfolgen.
8.2 Als Konkurrenzunternehmen werden insbesondere solche Unternehmen verstanden, die mit Spielwaren, Kinderwaren, Plüschtieren, Kinderbüchern, Bastelwaren, Faschings- und Scherzartikeln, Feuerwehrartikeln der Klassen I bis III, Kinderwagen, Babyartikeln, Hartwaren im Bereich des Kleinkindgebrauches, Kinderautositzen, Kindermöbeln oder Babyspielzeug handeln, wobei es bereits ausreicht, wenn nur eine der genannten Waren angeboten wird.
8.3 Der Vermieter verpflichtet sich weiters, die Zustimmung des Mieters zu einem beabsichtigten Mieter einzuholen, wobei diese Zustimmung das vorgenannte Verbot nicht aufhebt. Der Vermieter wird mit einer Vertragsstrafe in der Höhe von EUR 100.000 belegt, sofern gegen diese Konkurrenzklausel verstoßen wird.
8.4 Die Zustimmung des Mieters zu einem vorgeschlagenen Mieter darf nur in begründeter Weise und nicht willkürlich verweigert werden. Hiezu gilt als Formerfordernis, dass vom Mieter binnen einer Frist von 14 Werktagen nach Zustellung eines Reko-Schreibens durch den Vermieter eine schriftliche Begründung hinsichtlich einer allfälligen Ablehnung zu erfolgen hat. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die Zustimmung zum Abschluss mit den Mietinteressenten angenommen."
Der Beklagte fügte bei Punkt 8.1 nach dem Wort „Vermieter" das Wort „künftig" ein und korrigierte unter 8.3 das Wort „Vermieter" handschriftlich auf „beschäftigte Mieter". Danach unterfertigte er die letzte Seite des Vertrags, wobei er nach seiner Unterschrift die Buchstaben „mV" setzte, dies jedoch so klein und undeutlich, dass dies einem durchschnittlichen Betrachter nicht auffallen konnte.
Am 7. Oktober 2002 faxte der Beklagte die letzte von ihm unterschriebene Seite des Mietvertrags an den Klagevertreter, dies mit einem Begleitschreiben, worin er festhielt, dass der gegengefertigte Mietvertrag retourniert würde. Auf handschriftliche Änderungen wurde nicht hingewiesen. In der Kanzlei des Klagevertreters ging ausschließlich die letzte Seite des Mietvertrags ein. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob der Beklagte alle Seiten des Mietvertrags faxte und diese aufgrund eines technischen Gebrechens beim Klagevertreter nicht ausgedruckt wurden, oder ob dies vom Beklagten - aus welchen Gründen auch immer - unterlassen wurde. Von den handschriftlichen Änderungen erhielten weder der Klagevertreter noch die klagende Partei vor diesem Verfahren Kenntnis.
Erst danach erfuhr der Geschäftsführer der klagenden Partei, dass in die ehemaligen Geschäftsräumlichkeiten der klagenden Partei ein Unternehmen einziehen werde, dass auch Spielwaren in seinem Angebot führt. Er wies mit Schreiben vom 9. Dezember 2002 den Beklagten darauf hin, dass damit gegen die Konkurrenzklausel verstoßen werde. Der Beklagte nahm dem gegen den Standpunkt ein, die vereinbarte Konkurrenzklausel betreffe nur eine künftige Vermietung, die hier jedoch nicht vorliege.
Die klagende Partei begehrte ua eine Konventionalstrafe von 100.000 EUR sA, die sie als Mieterin mit dem Beklagten als Vermieter für den Fall vereinbart habe, dass der Beklagte ein anderes Mietobjekt in dem betreffenden Haus an ein Konkurrenzunternehmen vermiete. Tatsächlich habe der Beklagte gegen das vertragliche Konkurrenzverbot verstoßen, indem er ein Mietobjekt an ein Unternehmen vermietet habe, das ua Spielwaren, Plüschtiere, Kinderbücher, Babyartikel, Babyspielzeug sowie Faschings- und Scherzartikel vertreibe.
Der Beklagte wendete ein, es sei eine Konkurrenzklausel nur für den künftigen Abschluss eines derartigen Mietvertrags vereinbart worden. Der betreffende Mietvertrag mit dem Konkurrenzunternehmen der klagenden Partei sei aber bereits vor demjenigen mit der klagenden Partei abgeschlossen worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es stellte den im Wesentlichen eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und vertrat die Rechtsansicht, der Beklagte habe mit dem Abschluss eines Mietvertrags im Februar 2001 mit dem Konkurrenzunternehmen nicht gegen eine am 3. Oktober 2002 mit der klagenden Partei vertraglich vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen, sodass die vereinbarte Vertragsstrafe nicht wirksam werden könne. Dem Beklagten sei jedoch vorzuwerfen, die klagende Partei im Zuge der Vertragsverhandlungen nicht auf den Umstand hingewiesen zu haben, dass er bereits einen Mietvertrag mit einem Konkurrenzunternehmen abgeschlossen habe. Aus dieser Verletzung der vor- bzw. nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten könne ein allfälliger Schadenersatzanspruch resultieren, der aber nicht geltend gemacht worden sei; ein Vorbringen, worin und in welcher Höhe ein konkreter Schaden bestehe, habe die klagende Partei nicht erstattet.
Das Berufungsgericht gab in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei dem Klagebegehren in Ansehung des hier allein relevanten Leistungsbegehrens statt und ließ die ordentliche Revision zu.
Die zweite Instanz vertrat die Rechtsansicht, bei Auslegung der vereinbarten Konkurrenzklausel sei nicht nur deren Wortlaut im schriftlichen Vertrag ausschlaggebend, sondern es seien auch die Umstände der Erklärung, insb die mündlichen Äußerungen während der Vertragsverhandlungen, heranzuziehen. Hier habe der Geschäftsführer der klagenden Partei bereits im Frühjahr 2002 den Beklagten konkret darauf hingewiesen, dass er mit einem Tausch der Geschäftslokale nur unter der Voraussetzung einverstanden sei, dass in das neu entstehende Geschäftslokal keine Konkurrenz für ihn einziehen werde. Auch bei dem persönlichen Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der klagenden Partei und dem Beklagten am 30. August 2002 habe der Geschäftsführer der klagenden Partei neuerlich festgehalten, dass für ihn wesentlich sei, dass kein Konkurrenzunternehmen einziehen dürfe und eine Vertragsstrafe vereinbart werde. Dem Beklagten als redlichem Erklärungsempfänger sei daher erkennbar gewesen, dass es dem Geschäftsführer der klagenden Partei gerade darauf angekommen sei, dass kein Konkurrenzunternehmen einziehen werde. Der Vertrag sei daher mit diesem Inhalt zustandegekommen. Dass dies dem Wortlaut der Urkunde nicht eindeutig zu entnehmen sei, liege nur daran, dass die klagende Partei nicht vermuten habe können, dass bereits ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Zu dem selben Ergebnis gelange man auch bei Berücksichtigung des dem Beklagten erkennbaren Zwecks der vereinbarten Konkurrenzklausel, weil damit gerade erreicht werden sollte, dass keine Konkurrenzprodukte im selben Bestandobjekt angeboten und verkauft werden. Der Vorbehalt des Beklagten, dass dies nur in Ansehung künftig abzuschließender Mietverträge gelten solle, sei nicht beachtlich, weil er für die klagende Partei nicht erkennbar gewesen sei. Aus deren Sicht sei der Vertrag in der letztlich von ihr übermittelten Fassung vom Beklagten angenommen worden. Dass ein davon abweichender Wille des Beklagten der klagenden Partei nicht bekannt und somit nicht Vertragsinhalt geworden sei, gehe zu dessen Lasten, weil der Inhalt der Erklärung vom Empfängerhorizont auszumitteln sei.
Eine Konventionalstrafe sei nur bei Verschulden zu zahlen, wenn sie nicht ausdrücklich auch für den Fall unverschuldeter Nichterfüllung vereinbart wurde. Mangelndes Verschulden habe der Nichterfüllende zu beweisen; er handle schuldhaft, wenn er seine Verpflichtung unbedingt eingegangen sei, obwohl er die Ungewissheit der Erfüllung kannte oder kennen musste. Die Angabe des Beklagten, er habe nicht gewusst, dass der andere Mieter auch Spielwaren führe, vermöge ihn nicht zu exkulpieren. Er wäre verpflichtet gewesen, vor Abschluss des Bestandvertrags mit der klagenden Partei Erkundigungen einzuholen, ob der andere Mieter ein Konkurrenzunternehmen iSd Konkurrenzklausel sei. Auf den Grad des Verschuldens komme es hier nicht an.
Die Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die klagende Partei stützte ihr Zahlungsbegehren auf die im Mietvertrag mit dem Beklagten vereinbarte Konkurrenzklausel. Danach verpflichtet sich der Beklagte als Vermieter auf Wunsch der klagenden Partei als Mieterin, für die Dauer des Mietverhältnisses in dem betreffenden Gebäude keine Bestandverträge mit - näher umschriebenen - Konkurrenzunternehmen der klagenden Partei einzugehen. Die klagende Partei wird mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 100.000 EUR belegt, sofern gegen diese Konkurrenzklausel verstoßen wird.
Entscheidungswesentlich ist, ob von dieser Konkurrenzklausel auch Mietverträge erfasst sind, die bereits vor dieser Vereinbarung abgeschlossen worden waren. Für eine derartige Wirkung ergibt sich kein ausreichender Anhaltspunkt. Die Verpflichtung ist ausdrücklich so formuliert, dass sich der Vermieter verpflichtet, bestimmte Bestandverträge nicht „einzugehen", was eindeutig den künftigen Abschluss von Verträgen betrifft, nicht jedoch auch bereits bestehende Verträge. Wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannte, ist der Vermieter weiters dazu verpflichtet, „die Zustimmung des Mieters zu einem beabsichtigten Mieter einzuholen". Auch diese Formulierung erfasst ausschließlich den künftigen Abschluss von Mietverträgen und kann auf bereits bestehende Mietverträge nicht angewendet werden.
Bei der Auslegung des Vertrags ist gemäß § 914 ABGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Es ist also nicht das, dass schriftlich geäußert wurde, allein entscheidend (RIS-Justiz RS0017797; Rummel in Rummel, ABGB3, § 914 Rz 4; Binder in Schwimann, ABGB2 § 914 Rz 15 ff). Für eine vom Wortsinn abweichende Absicht der Parteien, wonach auch bereits bestehende Verträge die Verpflichtung zur Zahlung der Konventionalstrafe begründen würden, bieten die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen in Wahrheit keine Grundlage. Die Argumentation des Berufungsgerichts, da der Geschäftsführer der klagenden Partei dem Beklagten bereits im Frühjahr 2002 und später am 30. August 2002 konkret darauf hingewiesen habe, dass für ihn entscheidend sei, das kein Konkurrenzunternehmen einziehen dürfe, betreffe die Vereinbarung auch bereits abgeschlossene Mietverträge, falls der Mieter noch nicht eingezogen sei, ist nicht tragfähig. Diese Erklärungen wurden nicht Gegenstand des zwischen den Streitteilen geschlossenen Mietvertrags, dem eine Rückwirkung der Konventionalstrafenvereinbarung in dem Sinn, dass bereits früher mit Konkurrenzunternehmen abgeschlossene Bestandverträge eine Verpflichtung zur Zahlung der Konventionalstrafe auslösen, nicht zu entnehmen ist.
Die klagende Partei konnte daher mit ihrer nur auf die Konventionalstrafenvereinbarung gestützten Zahlungsklage nicht durchdringen, weshalb das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen ist.
Auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob der Vertragsabschluss auch durch Rückmittlung bloß der unterfertigten letzten von mehreren Seiten erfolgte, braucht mangels Relevanz nicht mehr eingegangen zu werden. Ebenso kann hier dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten eine Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten vorzuwerfen ist, weil ein sich daraus ergebender Schadenersatzanspruch nicht geltend gemacht wurde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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