Spruch:
Der Einspruch, die Nichtigkeitsbeschwerde und die „Berufung wegen Schuld" werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Abwesenheitsurteil (§ 427 Abs 1 StPO) wurde Christian Z***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien von Jänner 1996 bis Dezember 1999 fortgesetzt vorsätzlich als abgabenrechtlich Verantwortlicher des Einzelunternehmens Christian Z***** Blumenhandel „durch Nichtentrichtung" (gemeint: unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe) dem § 21 UStG 1994 entsprechender Voranmeldungen, nämlich durch Verschweigen von Erlösen, eine für gewiss gehaltene Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Jänner 1996 bis Dezember 1999 in der Gesamthöhe von 91.496,48 EUR bewirkt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit einem unmittelbar nach Urteilsverkündung von seinem Verteidiger angemeldeten, schriftlich nicht ausgeführten Einspruch, einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit „Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld".
Rechtliche Beurteilung
Zum Einspruch:
Gegen das in Abwesenheit des Angeklagten gefällte Urteil kann innerhalb von vierzehn Tagen nach dessen Zustellung Einspruch (erfolgreich) dann erhoben werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Angeklagte durch ein unabweisbares Hindernis abgehalten wurde, in der Hauptverhandlung zu erscheinen (§ 427 Abs 3 StPO).
Vorliegend meldete der Angeklagte zwar durch seinen Verteidiger unmittelbar nach Verkündung des Urteils einen Einspruch an (S 369), ohne diesen allerdings zu begründen oder in der Folge auszuführen. Soweit er in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO mit der Behauptung eines unvorhersehbaren Verkehrsstaus Gründe anführt, aus welchen er am Erscheinen zur Hauptverhandlung gehindert worden sei und somit der Sache nach Einspruchsgründe geltend macht, bringt er diese angesichts der am 8. November 2004 zur Post gegebenen Nichtigkeitsbeschwerde im Hinblick auf die am 25. Oktober 2004 (S 3 l) durch Hinterlegung erfolgte Urteilszustellung zwar innerhalb der Vierzehn-Tage-Frist und daher rechtzeitig vor, ohne sie jedoch nachzuweisen. Der Einspruch war daher zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Mit seinen die Nichtigkeit des Abwesenheitsurteils infolge nicht ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung behauptenden Ausführungen (Z 3) ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Die Ladung wurde ihm im Wege der - entgegen seiner Ansicht zulässigen (Jerabek in WK-StPO § 427 Rz 9) - Hinterlegung am 14. Juni 2004 zugestellt (s Zustellnachweis S 3 k). Der Umstand, dass diese Ladung nicht behoben wurde (ON 78), hindert die solcherart zu eigenen Handen erfolgte Zustellung (§ 17 Abs 1 ZustellG) nicht, zumal Ortsabwesenheit im Hinterlegungszeitpunkt (§ 17 Abs 3 ZustellG) nicht einmal behauptet wurde.
Mit der Behauptung eines Verkehrsstaus nicht vorhersehbaren Ausmaßes, welcher ihn am rechtzeitigen Erscheinen zur Hauptverhandlung gehindert habe, zeigt die Beschwerde keine unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes relevante Vernachlässigung einer Wahrnehmungspflicht seitens des Gerichtes (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 37 ff) auf. Eine solche läge nur dann vor, wenn bei Beginn der Hauptverhandlung für den Gerichtshof hätte feststehen müssen, dass der Angeklagte durch ein unabweisbares Hindernis vom Erscheinen abgehalten wurde (Ratz aaO Rz 243), womit die Verfahrensdurchführung angesichts der zu gewärtigenden Urteilskassierung infolge eines Einspruches (§ 427 Abs 3 StPO) unsinnig wäre (vgl Jerabek aaO Rz 14). Die bloße Behauptung eines nicht aktenkundigen und nicht näher konkretisierten Staus selbst in einem angeblich bisher noch nicht vorgekommenen Ausmaß (Verteidiger S 361) muss aber beim Gericht - auch mit Rücksicht darauf, dass ein Verkehrsstau auf der Südautobahn Richtung Wien an einem Wochentag in den frühen Morgenstunden alltäglich ist - keinesfalls zur Überzeugung führen, es läge damit ein unabweisbares Hindernis am Erscheinen des Angeklagten vor. Dass die prozessleitende Verfügung auf Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers auf einer mangelhaft begründeten (Z 3 iVm Z 5) Sachverhaltsannahme des Vorsitzenden beruhe, der das diesbezügliche Vorbringen des Verteidigers in freier Beweiswürdigung verwarf, wurde nicht geltend gemacht.
Soweit der Beschwerdeführer nach Art eines - ihm im Übrigen offenstehenden - Wiederaufnahmeantrages die Existenz von der Klärung des Sachverhaltes dienlichen, allerdings nicht näher beschriebenen Unterlagen behauptet (und daraus das Fehlen des Voraussetzungen des § 427 StPO ableitet), werden Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO begründende Umstände nicht vorgebracht.
Mit Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Beschwerdeführer die (in der Hauptverhandlung erfolgte, hinsichtlich der Begründung im Rahmen der Entscheidungsgründe ergänzte) Abweisung seiner Anträge auf
- ergänzende Vernehmung des Zeugen Friedrich B***** zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte nach den Vorgaben seines damaligen Steuerberaters Friedrich B***** nach Angaben diverse Handelsfirmen gegründet hat, sämtliche steuerlichen Angelegenheiten, insbesonders die Errechnung und Abführung der Umsatzsteuer ausschließlich die Firma des Friedrich B***** vorgenommen hat, im bezughabenden Zeitraum 1996 bis 2000" (S 297f);
- Vernehmung des Zeugen Christian S*****, zum Beweis dafür, dass „sich der Angeklagte seit Monaten bemüht, für seine nunmehrige Einzelhandelsfirma eine UID-Nummer beim Finanzamt zu bekommen, diese aber trotz mehrmaliger Anfrage bis dato nicht hat" (S 299), sowie
- Einholung eines Sachverständigengutachtens, „ob dieses angeführte MIAS-System, aus dem sich Verdachtsmomente nach Angabe der Finanz ergeben, fehlerhaft gearbeitet hat und ob es ausgeschlossen werden kann, dass hinsichtlich des hier Angeklagten Fehler geschehen sind" (S 363f).
Durch die Ablehnung dieser Anträge wurde indes der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt, weil die angeführten Beweisthemen für die Schuldfrage durchwegs ohne Bedeutung sind.
Im Übrigen verweisen die Tatrichter zutreffend darauf, dass der Zeuge Christian S***** nach den Angaben des Verteidigers (S 301) keine unmittelbaren Wahrnehmungen gemacht und lediglich in den Finanzstrafakt eingesehen hat (S 299), sowie der Zeuge Friedrich B***** nach Angaben des Angeklagten (S 299) alle Firmen des Beschwerdeführers mit Ausnahme der in diesem Zusammenhang alleine wesentlichen Stein- und Brunnendesign Handelsgesellschaft über hatte. Hinsichtlich des MIAS-Systems schlossen die Tatrichter Fehlermöglichkeiten, deren Nachweis der beantragte Sachverständigenbeweis dienen sollte, ohnedies nicht aus, verwiesen jedoch aktenkonform darauf, dass kein Anhaltspunkt für eine konkrete Auswirkung eines solchen Fehlers vorlag, vielmehr bloß der Angeklagte selbst sich dahin verantwortete, absichtlich über die UID-Nummer seines Einzelhandelsunternehmens - und somit falsch - Bestellungen der Stein- & Brunnendesign GesmbH abgewickelt zu haben. Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen Frank-Heiner R***** (S 295) wurde mangels jeglicher Begründung, weshalb hiedurch die vom Beschwerdeführer behauptete Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage zu erwarten wäre, im Ergebnis ebenfalls zu Recht abgewiesen. Entsprechender Ausführungen hätte es im Besonderen deshalb bedurft, weil dieser Zeuge nach der Verantwortung des Angeklagten in der Stein- & Brunnendesign GesmbH nichts gearbeitet habe (S 277 f, 281), die für diese Gesellschaft erfolgten Bestellungen unter der UID-Nummer des Einzelhandelsunternehmens vom Beschwerdeführer bzw in dessen Auftrag von seiner Gattin getätigt und die gelieferten Waren von ihm und der Lebensgefährtin des Frank-Heiner R***** vertrieben worden seien (S 281), sodass nicht zu erkennen ist, weshalb der genannte Zeuge Wahrnehmungen über tatsächlich von den einzelnen Unternehmen getätigte Umsätze hätte machen können, nachdem er lediglich im Sinne der vom Beschwerdeführer behaupteten internen Aufgabenverteilung (S 283) ihm überlassene Unterlagen aufgebucht haben soll (S 285).
Das Fehlen konkreter Beweisthemen führte auch zutreffend zur Abweisung des Antrags auf „ergänzende Einvernahme des Angeklagten" (S 361), verwies der Beschwerdeführer diesbezüglich doch nur darauf, dass aus dieser Befragung „sich durchaus noch andere Fragestellungen an den Zeugen M***** ergeben können" (S 361), weiters, dass dem Verteidiger unbekannte „Unterlagen, die dieses Verfahren betreffen" telefonisch angekündigt worden seien, die „was der Verteidiger so rausgehört hat, die MIAS betreffen und (glaublich) die Stein- & Brunnendesign GesmbH betreffen" (S 363) und „sich aus der Befragung des namhaft gemachten Zeugen R***** noch zusätzliche Fragen ergeben" könnten.
Die in der Mängelrüge (Z 5) relevierte Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe bezieht sich auf die nur mit dem Hinweis auf die Schätzung des Finanzamtes begründete, mit 91.496,48 EUR angenommene Höhe der hinterzogenen Abgabenbeträge. Sie ist jedoch nicht zu erkennen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind die Tatrichter ihrer Verpflichtung, in gedrängter Darstellung mit voller Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen und aus welchen Gründen diese als erwiesen oder nicht erwiesen angenommen wurden, ausreichend nachgekommen. Dem Urteilsspruch ist der in Summe mit 91.496,48 EUR errechnete strafrechtlich relevante Wertbetrag für die Jahre 1996 bis 1999 im Einzelnen aufgeschlüsselt zu entnehmen, wobei die dort angeführten Teilbeträge (US 2) sich für 1996, 1998 und 1999 mangels Unterlagen auf Schätzungen seitens des Finanzamtes stützen (US 3). Deren Berechnung ergibt sich aus den Seiten 7 bis 9, auf die sich die Tatrichter in ihrer Beweiswürdigung bezogen (US 4f). Der hinterzogene Betrag für das Jahr 1997 ergibt sich aus der Differenz der geleisteten Vorauszahlung und den Angaben in der (verspäteten) Jahresumsatzsteuererklärung für 1997 (S 7 iVm US 3). Detaillierter Ausführungen zur Berechnung der durch Verschweigen erzielter Erlöse verkürzten Wertbeträge bedurfte es demnach nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als offenbar unbegründet ebenfalls bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Ebenfalls zurückzuweisen war die „Berufung wegen Schuld", da ein solches Rechtsmittel nur im Einzelrichter-, nicht aber im schöffengerichtlichen Verfahren vorgesehen ist.
Die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruches über die Strafe) ergibt sich aus § 285i StPO.
Ausgehend von den Feststellungen, wonach für 1996 bis Ende November 1998 zwar - von der Verpflichtung zur Umsatzsteuervoranmeldung entbindende - Umsatzsteuervorauszahlungen, jedoch in zu geringer, hinsichtlich der verschwiegenen Differenz inkriminierter Höhe geleistet wurden, Zahlungen und Voranmeldungen ab Dezember 1998 überhaupt unterblieben und nur für 1997 - allerdings erst nach Schätzung durch das Finanzamt und sohin massiv verspätet - eine Jahresumsatzsteuererklärung gelegt wurde, während solche Erklärungen für 1996, 1998 und 1999 gänzlich fehlen, ist für diese Zeiträume von der Verwirklichung des Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG auszugehen, ist welches das angenommene Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen als „nachbestrafte Vortat") konsumiert (Dorazil/Harbich FinStrG § 33 E 66, 82 und 83). Mangels Nachteils für den Beschwerdeführer besteht jedoch kein Anlass für ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO. Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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