OGH 11Os19/05m

OGH11Os19/05m7.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian Z***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über den Einspruch sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. August 2004, GZ 123 Hv 8/04d-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Einspruch, die Nichtigkeitsbeschwerde und die „Berufung wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Abwesenheitsurteil (§ 427 Abs 1 StPO) wurde Christian Z***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien von Jänner 1996 bis Dezember 1999 fortgesetzt vorsätzlich als abgabenrechtlich Verantwortlicher des Einzelunternehmens Christian Z***** Blumenhandel „durch Nichtentrichtung" (gemeint: unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe) dem § 21 UStG 1994 entsprechender Voranmeldungen, nämlich durch Verschweigen von Erlösen, eine für gewiss gehaltene Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Jänner 1996 bis Dezember 1999 in der Gesamthöhe von 91.496,48 EUR bewirkt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit einem unmittelbar nach Urteilsverkündung von seinem Verteidiger angemeldeten, schriftlich nicht ausgeführten Einspruch, einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit „Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld".

Rechtliche Beurteilung

Zum Einspruch:

Gegen das in Abwesenheit des Angeklagten gefällte Urteil kann innerhalb von vierzehn Tagen nach dessen Zustellung Einspruch (erfolgreich) dann erhoben werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Angeklagte durch ein unabweisbares Hindernis abgehalten wurde, in der Hauptverhandlung zu erscheinen (§ 427 Abs 3 StPO).

Vorliegend meldete der Angeklagte zwar durch seinen Verteidiger unmittelbar nach Verkündung des Urteils einen Einspruch an (S 369), ohne diesen allerdings zu begründen oder in der Folge auszuführen. Soweit er in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO mit der Behauptung eines unvorhersehbaren Verkehrsstaus Gründe anführt, aus welchen er am Erscheinen zur Hauptverhandlung gehindert worden sei und somit der Sache nach Einspruchsgründe geltend macht, bringt er diese angesichts der am 8. November 2004 zur Post gegebenen Nichtigkeitsbeschwerde im Hinblick auf die am 25. Oktober 2004 (S 3 l) durch Hinterlegung erfolgte Urteilszustellung zwar innerhalb der Vierzehn-Tage-Frist und daher rechtzeitig vor, ohne sie jedoch nachzuweisen. Der Einspruch war daher zurückzuweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Mit seinen die Nichtigkeit des Abwesenheitsurteils infolge nicht ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung behauptenden Ausführungen (Z 3) ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Die Ladung wurde ihm im Wege der - entgegen seiner Ansicht zulässigen (Jerabek in WK-StPO § 427 Rz 9) - Hinterlegung am 14. Juni 2004 zugestellt (s Zustellnachweis S 3 k). Der Umstand, dass diese Ladung nicht behoben wurde (ON 78), hindert die solcherart zu eigenen Handen erfolgte Zustellung (§ 17 Abs 1 ZustellG) nicht, zumal Ortsabwesenheit im Hinterlegungszeitpunkt (§ 17 Abs 3 ZustellG) nicht einmal behauptet wurde.

Mit der Behauptung eines Verkehrsstaus nicht vorhersehbaren Ausmaßes, welcher ihn am rechtzeitigen Erscheinen zur Hauptverhandlung gehindert habe, zeigt die Beschwerde keine unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes relevante Vernachlässigung einer Wahrnehmungspflicht seitens des Gerichtes (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 37 ff) auf. Eine solche läge nur dann vor, wenn bei Beginn der Hauptverhandlung für den Gerichtshof hätte feststehen müssen, dass der Angeklagte durch ein unabweisbares Hindernis vom Erscheinen abgehalten wurde (Ratz aaO Rz 243), womit die Verfahrensdurchführung angesichts der zu gewärtigenden Urteilskassierung infolge eines Einspruches (§ 427 Abs 3 StPO) unsinnig wäre (vgl Jerabek aaO Rz 14). Die bloße Behauptung eines nicht aktenkundigen und nicht näher konkretisierten Staus selbst in einem angeblich bisher noch nicht vorgekommenen Ausmaß (Verteidiger S 361) muss aber beim Gericht - auch mit Rücksicht darauf, dass ein Verkehrsstau auf der Südautobahn Richtung Wien an einem Wochentag in den frühen Morgenstunden alltäglich ist - keinesfalls zur Überzeugung führen, es läge damit ein unabweisbares Hindernis am Erscheinen des Angeklagten vor. Dass die prozessleitende Verfügung auf Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers auf einer mangelhaft begründeten (Z 3 iVm Z 5) Sachverhaltsannahme des Vorsitzenden beruhe, der das diesbezügliche Vorbringen des Verteidigers in freier Beweiswürdigung verwarf, wurde nicht geltend gemacht.

Soweit der Beschwerdeführer nach Art eines - ihm im Übrigen offenstehenden - Wiederaufnahmeantrages die Existenz von der Klärung des Sachverhaltes dienlichen, allerdings nicht näher beschriebenen Unterlagen behauptet (und daraus das Fehlen des Voraussetzungen des § 427 StPO ableitet), werden Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO begründende Umstände nicht vorgebracht.

Mit Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Beschwerdeführer die (in der Hauptverhandlung erfolgte, hinsichtlich der Begründung im Rahmen der Entscheidungsgründe ergänzte) Abweisung seiner Anträge auf

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