OGH 3Ob19/05y

OGH3Ob19/05y27.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde P*****, vertreten durch Dr. Anton Moser und Mag. Hubert Schmidhuber, Rechtsanwälte in Traun, wider die beklagte Partei Ing. Fritz B*****, wegen 87.205,28 EUR sA, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 15. Dezember 2004, GZ 2 R 234/04a-5, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 22. November 2004, GZ 5 Cg 230/04z-2, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Gemeinde fordert von ihrem amtierenden Bürgermeister die Rückzahlung einer von ihm nach ihren Behauptungen in der Zeit von November 2001 bis März 2004 auf Grund eines gesetzwidrigen Gemeindevorstandsbeschlusses zu Unrecht bezogenen Zulage im Ausmaß von insgesamt 97.205,28 EUR.

Das angerufene Landesgericht sprach noch vor Klagezustellung mit Beschluss aus, dass das Verfahren in der für Arbeits- und Sozialgerichtssachen geltenden Gerichtsbesetzung zu verhandeln und entscheiden sei.

Aus Anlass des Rekurses der klagenden Partei hob das Gericht zweiter Instanz das erstinstanzliche Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Beklagte habe in der fraglichen Zeit Bezüge nach dem Oö. Gemeinde-BezügeG LGBl 1998/9 idgF bezogen, nach dessen § 3 Abs 4 - soweit nichts anderes bestimmt ist - u.a. § 13a Oö. Landes-GehaltsG LGBl 1956/8 sinngemäß anzuwenden sei. Diese Bestimmung regle den Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen durch Landesbedienstete und ordne in seinem Abs 2 an, dass die rückforderbaren Leistungen durch Abzug von den nach dem Oö. Landes-GehaltsG gebührenden Leistungen hereinzubringen seien. § 13a Abs 3 leg cit ordne an, dass die Verpflichtung zum Ersatz auf Verlangen mit Bescheid festzustellen sei.

Im Hinblick auf diese Rechtslage stehe es außer Zweifel, dass die klagende Gemeinde Leistungen, die ihr Bürgermeister zu Unrecht empfangen habe (Übergenüsse), nicht auf dem ordentlichen Rechtsweg, sondern im Verwaltungsweg geltend zu machen habe. Das gelte auch dann, wenn - wie behauptet - eine Grundlage für eine derartige Zulage im Gesetz (gemeint: im Oö. Gemeinde-BezügeG) fehle. Es mache keinen Unterschied, ob der Beklagte Übergenüsse bezogen habe, die grundsätzlich im genannten Gesetz vorgesehen gewesen, ihm aber nicht zugestanden seien, oder ob er gar nicht vorgesehene Bezüge erhalten habe. Somit sei nach § 42 JN die Unzulässigkeit des Rechtswegs aus Anlass des zulässigen Rechtsmittels der klagenden Partei wahrzunehmen.

Der „außerordentliche" Revisionsrekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Erklärt eine als Rekursgericht angerufenes Gericht - wie im vorliegenden Fall - das Verfahren als nichtig und weist die Klage zurück, so ist diese Entscheidung wie ein gleichartiger Beschluss des Berufungsgerichts anfechtbar, ohne dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 ZPO vorliegen müssten (SZ 59/28 = EvBl 1987/58 = RZ 1986, 192 uva; zuletzt 1 Ob 251/04z; RIS-Justiz RS0043774; Kodek in Rechberger² § 519 ZPO Rz 3). Der negative Zulassungsausspruch des Rekursgerichts ist daher unbeachtlich.

In der Sache vermag aber die klagende Partei keinen Zweifel an der Richtigkeit der Rechtsansicht der zweiten Instanz, auf die gemäß § 528a, § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann, zu wecken. Zu Unrecht vermeint die klagende Partei, ihr Bürgermeister, der ihr gewähltes Organ sei, gelte nach Ansicht der zweiten Instanz (schlechthin) als Beamter. Überdies kann schon wegen der Verschiedenheit der zugrund liegenden Normen kein Widerspruch zum Erkenntnis des VfGH vom 11. Dezember 2002, V 104/01 ua = VfSlg 16.767, vorliegen. Der VfGH hatte lediglich Teile der Satzung der Krankenfürsorge für Oö. Gemeindebedienstete als Verordnung ohne gesetzliche Grundlage aufgehoben; eine solche hat der Landesgesetzgeber im Übrigen in der Zwischenzeit in § 7a Abs 2 Oö. Gemeinde-BezügeG 1998 geschaffen.

Dass die vom Gericht zweiter Instanz angewendeten Normen für den fraglichen Zeitraum in der von ihm zitierten Fassung in Kraft standen, wird im Revisionsrekurs zu Recht nicht bezweifelt; § 3 Abs 4 Oö. Gemeinde-BezügeG 1998 wurde nicht novelliert, auch § 13a Abs 2 und 3 Oö. Landes-GehaltsG, die im Übrigen den entsprechenden Regelungen in § 13a GehaltsG entsprechen, blieben seit der Novelle Oö. LGBl 1993/63 unverändert.

Privatrechtliche Ansprüche sind dadurch gekennzeichnet, dass sich gleichberechtigte Rechtssubjekte gegenüberstehen, während im öffentlichen Recht ein übergeordnetes Rechtssubjekt einseitige Gestaltungsakte setzen kann, denen das untergeordnete Rechtssubjekt unterworfen ist. Im Einzelfall wird jedoch die Zuweisung zum Bereich des öffentlichen oder Privatrechts in der Regel durch gesetzliche Bestimmungen getroffen, die entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches oder privates Recht bezeichnen oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte zum Ausdruck bringen (SZ 51/161= JBl 1979, 605 mwN; RIS-Justiz RS0045438). Wegen der ausdrücklichen Anordnung in § 13a Oö. Landes-GehaltsG, über die Verpflichtung zum Ersatz von Übergenüssen mit Bescheid zu erkennen, kann an der Zuweisung von Rückforderungsansprüchen gegenüber Landesbeamten an die Verwaltungsbehörden kein Zweifel bestehen. Nach der ausdrücklichen Verweisung darauf auch für Gemeindeorgane gilt gegenüber dem beklagten Bürgermeister nichts anderes.

Aus der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung (richtig) 1 Ob 561/89 (= SZ 62/105 = JBl 1990, 245 [Kerschner] so schon SZ 60/178; RIS-Justiz RS0033689), ist kein für die klagende Partei günstigeres Ergebnis abzuleiten. Der Oberste Gerichtshof lehnte darin die Zulässigkeit des Rechtswegs für einen Bereicherungsanspruch aus einem öffentlich-rechtlichem Rechtsverhältnis ab, weil ein Teil als Träger von hoheitlicher Gewalt auftrat; der Kläger machte Entgelt für Arbeitsleistungen im Strafvollzug geltend. Anders als im vorliegenden Fall gab es auch keine die Zuordnung an Gerichte oder Verwaltungsbehörden ausdrücklich regelnde Norm.

Gegen die (sinngemäße) Anwendung des § 13a Oö. Landes-GehaltsG wendet die klagende Partei im Wesentlichen nur ein, es liege eine irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld iSd § 1431 ABGB vor, es seine keine Übergenüsse gewesen, weil es sich schon nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Gemeindevorstandsbeschlusses um keine Leistung nach dem Oö. Gemeinde-BezügeG gehandelt habe. Dem ersten Argument ist durch die ausdrückliche Verweisung des Anspruchs auf den Verwaltungsweg der Boden entzogen. Dem zweiten ist mit dem Gericht zweiter Instanz zu entgegnen, dass eben § 13a Landes-GehaltsG keinen Unterschied macht, ob die sogenannten „Übergenüsse" durch grundsätzlich nach den maßgebenden Gesetzen in Betracht kommende Leistungen oder durch völlig gesetzlose Zahlungen entstanden. Außerdem erkennt die Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dem § 13a GehaltsG und somit auch der ihm nachgebildeten Landesnorm einen weiten Anwendungsbereich zu. Nach Ansicht des VwGH fallen unter § 13a Abs 1 GehaltsG auch Leistungen, die bei ihrer Empfangnahme noch zu Recht empfangen wurden, für die der Titel aber nachträglich wegfiel (VwSlg A 9937; VwGH 93/12/0156); auch Überbezüge an zu Unrecht empfangenen Leistungen nach anderen Gesetzen können durch Abzug nach dieser Norm hereingebracht werden (VwSlg A 10.540). Vor allem aber sah der VfGH im Erkenntnis vom 27. Juni 2000 KI 23/97 = VfSlg 15.870 den Verwaltungsweg auch für im Hinblick auf ein nur als bestehend angenommenes, in Wahrheit aber schon beendetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis geleistete Zahlungen als gegeben an. Dann kann aber aus den gleichlautenden Rückforderungsregeln eine Beschränkung der Kompetenz der Verwaltungsbehörden auf nur konkret rechtsgrundlose Leistungen nicht abgeleitet werden. Vor allem aber wurden im vorliegenden Fall die nun zurückgeforderten Leistungen nach dem Vorbringen der klagenden Partei selbst als Zulagen zum Bürgermeisterbezug, somit eindeutig im Hinblick auf ein nicht nur angenommenes, sondern wirklich bestehendes öffentliches Rechtsverhältnis erbracht. Demnach kann noch viel weniger als in dem vom VfGH entschiedenen Fall die Unzulässigkeit des Rechtswegs bezweifelt werden.

Den Gerichten ist eine Prüfung des Anspruchs in der Sache verwehrt ist. Vielmehr wird es Sache der zuständigen Organe der klagenden Partei sein, nach § 13a Oö. Landes-GehaltsG vorzugehen. Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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