OGH 12Os32/05f

OGH12Os32/05f14.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krammer als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 6 Hv 190/04x anhängigen Strafsache gegen Esatollah A***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Esatollah A***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 24. Februar 2005, AZ 9 Bs 64/05p, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Esatollah A***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Graz als Beschwerdegericht der Beschwerde des seit 30. September 2004 rechtswirksam Angeklagten Esatollah A***** gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Schöffengerichtes auf Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht Folge gegeben und seinerseits die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Fluchtgefahr und der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a StPO angeordnet.

Das Beschwerdegericht nahm - der Anklageschrift ON 38 folgend - an, dass Esatollah A***** dringend verdächtig ist, „die Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB dadurch begangen zu haben, dass er am 5. August 2004 in Feldbach im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mohammad Amin Ab***** Ulrike S***** mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Vornahme oder Duldung des zweimaligen Beischlafs mit Esatollah A***** nötigte, indem

1. Esatollah A***** ihr gewaltsam die Hose entriss, Mohammad Amin Ab***** sie auf das Bett stieß, wobei er ihr erklärte, dass sie mit Esatollah A***** den Geschlechtsverkehr durchführen müsse, nicht schreien solle, weil er sie sonst abstechen würde, sie mit den Händen am Oberarm festhielt, Esatollah A***** gegen ihren Widerstand die Beine auseinander drückte und anschließend mit ihr den Geschlechtsverkehr vollzog;

2. einige Zeit nach der unter 1. dargestellten Handlung Mohammad Amin Ab***** ein Messer in die Hand nahm und sich dahingehend äußerte, dass er sie umbringen bzw ihr die Zunge und die Brustwarzen abschneiden würde, ihr auch die Haut abschälen könne, wobei er das Messer an ihrer Hand entlang führte, ferner dass er noch seine Freunde anrufen würde, die sie dann auch noch alle „ficken" könnten, sie das Sonnenlicht nicht mehr sehen, er ihr gleich etwas antun und sie sowieso nicht mehr aus der Wohnung kommen würde, sollte sie den nochmaligen Geschlechtsverkehr mit Esatollah A***** verweigern, Esatollah A***** sie an der Hand ins Schlafzimmer zerrte und mit ihr neuerlich den Geschlechtsverkehr durchführte, wobei Mohammad Amin Ab***** mit dem Messer in der Hand daneben stand."

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten Esatollah A***** erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Soweit die Beschwerde in Bekämpfung des dringenden Tatverdachts auf „die umfassenden Ausführungen im Enthaftungsantrag vom 31. Jänner 2005 und in der Beschwerde" (gegen den erstgerichtlichen Haftbeschluss) verweist, genügt es zu erwidern, dass eine bloß schematische Wiederholung eines im Beschwerdeverfahren bereits behandelten Rechtsmittelvorbringens, das demnach nicht einmal ansatzweise auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung eingeht, dem Substantiierungsgebot des § 3 Abs 1 GRBG - „auf einem für ein Höchstgericht angemessenen Argumentationsniveau" (JAB 852 BlgNR 18. GP 6) zu begründen, worin der Beschwerdeführer die Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit (Art 1 PersFrG, Art 5 MRK) erblickt - nicht gerecht wird (vgl Hager/Holzweber GRBG § 3 E 5).

Aus welchem Grund die Ergebnisse der Rufdatenrückerfassung (ON 65 und 66), wonach Ulrike S***** nach den inkriminierten Angriffen die Handynummer des mutmaßlichen Mittäters Mohammad Amin Ab*****, mit dem sie unmittelbar vor den Taten freiwillig Geschlechtsverkehr hatte, wählte, diesen Anruf aber in keiner ihrer Aussagen erwähnt habe, die Verlässlichkeit deren Angaben und jener ihrer nach den inkriminierten Taten aufgesuchten Freundin Melanie H***** in Ansehung der Dringlichkeit des Tatverdachts relevant beeinträchtigen sollten, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Der Grundrechtsbeschwerde zuwider bestehen keine Bedenken gegen die Annahme, wonach die mit körperlicher Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit und Bedrohung mit dem Abschneiden der Brustwarzen und der Zunge unter Verwendung eines Messers wiederholte Erzwingung des Geschlechtsverkehrs eine (wiederholte) Tat mit schweren Folgen ist (vgl Ratz in WK2 § 21 Rz 28).

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass bei der hier aktuellen angelasteten Tatwiederholung die Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr keine Anlasstat mit schweren Folgen erfordert (§ 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO).

Indem die Beschwerde den Argumenten des Oberlandesgerichtes (S 51 f/II) in Ansehung des in Rede stehenden Haftgrundes bloß die „bisherige Unbescholtenheit" des Angeklagten und die bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung knapp sieben Monate dauernde Untersuchungshaft sowie die Behauptung einer dadurch eingetretenen, im Sinn des § 180 Abs 3 letzter Satz StPO relevanten Minderung der Tatbegehungsgefahr entgegensetzt, verfehlt sie abermals die gesetzmäßige Ausführung (§ 3 Abs 1 erster Satz GRBG). Da bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits der - wegen seiner manifesten Intensität (S 53/II) - durch gelindere Mittel nicht substituierbare Haftgrund der Tatbegehungsgefahr die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, erübrigt sich ein Eingehen auf die gegen die Annahme der Fluchtgefahr gerichteten Beschwerdeeinwände.

Die in der Grundrechtsbeschwerde geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Bestimmung des § 182 Abs 1 StPO, wonach die Haftverhandlung nicht öffentlich ist, werden vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.

Esatollah A***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenzuspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).

Stichworte