Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene R***** des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er in Wien gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen Nachstehenden mit dem Vorsatz wegzunehmen versuchte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1. am 29. Juli 2004 Verfügungsberechtigten des Kaufhauses G***** einen Koffer mit Besteck im Wert von 930 EUR,
2. am 20. September 2004 Verfügungsberechtigten der S***** GmbH 2 Nikon Kameras im Gesamtwert von 738 EUR.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt. Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt. Der Antrag der Verteidigung auf „Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und Neurologie zum Beweis dafür, dass der Angeklagte in den Tatzeitpunkten nicht zurechnungsfähig gewesen ist ... insbesondere sollte einmal abgeklärt werden, ob es hier einen medizinischen Grund für die Diebstahlsserie gibt" (S 93) wurde nämlich vom Erstgericht zutreffend (zunächst) als auf bloße Erkundung gerichtet abgewiesen (S 97).
Darüber hinaus gründeten die Tatrichter die Ablehnung der erwünschten Expertise auf das zielgerichtete und jeweils konkret motivierte Vorgehen des Angeklagten (der den einen Diebstahl zur Beschenkung seiner Freundin, den anderen mit dem Ziel einer Ersatzleistung an seinen Bruder beging) und das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte in den Beweisergebnissen für eine geistige Störung und Zurechnungsunfähigkeit beim Genannten. Da über die Sachverhaltsgrundlage einer prozessualen Verfügung das dafür zuständige richterliche Organ in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) entscheidet und diese nur nach den Kriterien der Z 5 und Z 5a überprüft werden kann (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 40, 41, 43, 46, 48, 50,
Vor § 280 Rz 13; 12 Os 104/03, 11 Os 34/04), versagen die Hypothesen der Irrationalität des Stehlens durch den wegen zahlreicher einschlägiger Vorstrafen hafterfahrenen Rechtsmittelwerber. Vielmehr konnte das Erstgericht aufgrund der Gesamtheit der genannten Umstände formell mängelfrei und ohne sich erheblichen Bedenken gegen die Annahme der Sachverhaltsprämissen auszusetzen - daher nichtigkeitsfrei - Anhaltspunkte für das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen zur Anwendung des § 11 StGB verneinen (Ratz aaO § 281 Rz 347). Die mangelnde Nachvollziehbarkeit kriminellen Handelns durch einen mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundenen Menschen allein gibt keinen Grund für substantielle Zweifel an der grundsätzlichen Fähigkeit eines mehrfach abgeurteilten Straftäters, Unrecht zu erkennen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten. Der Mängelrüge (Z 5) ist einzuräumen, dass die Ausführungen zur inneren Tatseite im Ersturteil (US 3, 4) Feststellungen und Beweiswürdigung vermischen. Sie lassen aber fallbezogen trotzdem erkennen, welche Tatsachen aus welchen Gründen als erwiesen angenommen wurden (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO). Denn im Zusammenhalt mit der Vielzahl der einschlägigen Vorstrafen und dem Rückfall rund sechs Wochen nach der letzten Haftentlassung (US 2, 4) genügt zur Begründung der Feststellung gewerbsmäßiger Tendenz des Angeklagten der Hinweis, dass dieser nicht in der Lage war, mit seinem Arbeitslosengeld das Auslangen zu finden und deshalb wiederkehrend Diebstähle beging, um bei nach seinem Lebenszuschnitt keineswegs singulären Ereignissen über ein fortlaufend vermehrtes Vermögen zu nur dann möglichen sach- und anlassbezogenen Leistungen, zB von Geschenken oder Schadenersatz, zu verfügen. § 70 StGB bedingt das Erschließen einer für einen längeren Zeitraum wirksamen - aber nicht notwendigerweise regelmäßig und dauernd fließenden - Einkommensquelle; größere zeitliche Abstände zwischen den einzelnen Taten schließen Gewerbsmäßigkeit nicht aus. Eine fortlaufende Einnahme verschafft sich auch, wer sich als kriminellen Zuschuss zu einem sonst redlich erworbenen Einkommen regelmäßig die Zahlung erbrachter Leistungen erspart und so wirtschaftliche Vorteile erreicht, gleichgültig, ob er die erlangten Sachwerte für sich verwenden oder weitergeben will (Jerabek in WK2 § 70 Rz 7, 10, 11 mit Judikaturnachweisen). So besehen widersprechen die Überlegungen der Tatrichter weder den Denkgesetzen noch grundlegenden empirischen Erfahrungssätzen über Kausalzusammenhänge, sie sind also nicht - und nur dies wäre nichtigkeitsbegründend im Sinne von Z 5 vierter Fall - willkürlich.
Die Subsumtionsrüge (Z 10, teilweise nominell Z 5) übergeht das Tatsachensubstrat in den Erwägungen US 3 und 4, wonach es Motiv und Ziel (§ 5 Abs 2 StGB) des Angeklagten war, für Anlässe sittlicher Pflicht wiederkehrende Diebstähle zu begehen, um solcherart eine fortlaufende Einnahme zwecks entsprechender Verwendung zu erlangen. Das Abstellen auf das Vorhandensein von bloß zwei Diebstahlsangriffen lässt den eindeutigen Wortlaut des § 70 StGB außer Acht und verfehlt somit den in einer Rechtsrüge erforderlichen juristisch regelgerecht entwickelten Vergleich von Gesetz und Sachverhalt. Ebenso verlassen den prozessordnungsmäßig vorgegebenen Anfechtungsrahmen der Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit die beweiswürdigenden Spekulationen, wegen unterschiedlicher Motivlagen der in größeren zeitlichen Abständen begangenen Diebstähle jeweils geringen Wertes - was bei den festgestellten Beutesummen per se unverständlich ist - sei die Annahme der Gewerbsmäßigkeit zu verneinen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§§ 280, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)