Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidungen über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die bisherigen Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Francisca B***** 1. des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und 2. des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Nach dem angefochtenen Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes hat sie in Innsbruck am 14. Dezember 2003 abends ihren Bekannten Günter R***** in dessen Wohnung in der I***** dadurch, dass sie ihn mit einer Rasierklinge der Marke „Solingen" zahlreiche, zum Teil tiefe Schnittverletzungen zufügte und wiederholte Male mit zumindest zwei Messern, wovon eines ein ca 20 cm langes Küchenmesser mit einer ca 10 cm langen und bis zu 1,5 cm breiten Klinge mit Wellenschliff war, auf ihn einstach, wodurch Günter R***** zumindest sechs tiefe Schnittverletzungen und sechzehn teils tiefe Stichverletzungen betont an Hals, Nacken und Brustkorb sowie linken Unterarm erlitt, die einen tödlichen Blutverlust nach innen und außen sowie eine beidseitige Gasbrust zur Folge hatten, vorsätzlich getötet.
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung erblickt die Beschwerde darin, dass der Schwurgerichtshof keine Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB) gestellt hat.
Hiezu wird vorgebracht, das in der Hauptverhandlung vorgekommene schriftliche Gutachten des Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie Prim. Univ. Prof. Dr. Reinhard H***** (ON 79) stelle in seiner Zusammenfassung fest, „die Tat vom 14. Dezember 2003 mutet wie ein Beziehungsdelikt an, sodass im Falle der Täterschaft der Francisca B***** eine heftige Gemütsbewegung hinzukäme." Zu deren allgemeinen Begreiflichkeit wird in der Beschwerde ausgeführt, dass a) die Angeklagte zu der ihr drohenden Delogierung vom Tatopfer mit der Aussage konfrontiert worden sei, bei ihm nicht einziehen zu können, b) dieser auch geäußert hätte, sie könne nie mehr in die Dominikanische Republik zurück, sie sei dort entwurzelt und keine richtige Dominikanerin mehr, und c) sie habe am Tattag mit ihrem Opfer stundenlang über ihre Kindheit und über die desolaten Verhältnisse gesprochen und behauptet, dass die bei der Angeklagten durch den Sachverständigen festgestellte Hirnverletzung in Verbindung mit den Punkten a und b in einen Ausnahmezustand mündete, und insgesamt für die Angeklagte ein aussichtsloser und auswegsloser Gemütszustand erreicht wurde.
Rechtliche Beurteilung
Unabdingbare Voraussetzung für die Stellung einer Eventualfrage ist das Vorbringen von Tatsachen in der Hauptverhandlung, die einem gegenüber der Anklage geänderten Sachverhalt und im Fall ihrer Bejahung die Basis für einen Schuldspruch wegen einer - von der Anklage abweichenden - gerichtlich strafbaren Handlung in den näheren Bereich der Möglichkeit rücken.
Mag auch das Gutachten des genannten Sachverständigen eine heftige Gemütsbewegung erwähnen (wobei sich die Angeklagte allerdings im Wesentlichen damit verantwortet hatte, sie wisse nicht, warum sie das getan habe, sie hätten nie gestritten, sie habe keinen Grund und kein Motiv gehabt [S 381, 397, 399, 417/IV]), ist das Beschwerdevorbringen zu deren allgemeiner Begreiflichkeit nicht als Darlegung von in der Hauptverhandlung vorgekommenen Tatsachen sondern bloß von spekulativen Erwägungen anzusehen, welche weder einzeln noch gemeinsam als Grundlage für die Möglichkeit einer (rechtlichen) Beurteilung einer allfälligen heftigen Gemütsbewegung als eine allgemein begreifliche möglich erscheinen ließen.
Auch sonst werden keine eine Eventualfrage nach § 76 StGB erfordernden vorgekommenen Tatsachen bezeichnet, zumal die anlässlich der Antragstellung dargelegte Meinung des Verteidigers kein Tatsachenvorbringen darstellt.
Da somit die gebotene Anführung in der Hauptverhandlung vorgekommener, die Stellung einer Eventualfrage gebietender Tatsachen unterblieb, war die Nichtigkeitsbeschwerde schon gemäß §§ 285a Z 2, 285d Abs 1, 344 StPO bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, sodass zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig ist (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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