OGH 15Os118/04

OGH15Os118/0417.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. März 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kain als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 7. Juli 2004, GZ 11 Hv 1060/01p-165, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Josef H***** des Verbrechens des (gemeint:) gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148 Rz 3, 6) schuldig erkannt. Danach hat er „mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von teils schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die im Folgenden bezeichneten Personen durch Vorgabe, er sei Baumeister, Bauträger, Zimmerer und Tischler und zur Errichtung von Niedrigernergiehäusern sowie Kellern befähigt und befugt (Fall 1.), und eines zahlungsfähigen und -willigen Vertragspartners (Fall 2., 3. und 4.), somit durch Täuschung über Tatsachen zu nachstehenden Handlungen verleitet, welche die Genannten um einen 40.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1. zwischen August und November 1999 in Wernberg, Kraubarth und an anderen Orten Josef und Wilfrieda G***** zur Erteilung eines Auftrags „zur Errichtung eines Kellers und Niedrigernergiehauses in Holzriegelbauweise", wobei der Schaden zumindest 570.524 S beträgt;

2. zwischen Herbst 1999 und Ende April 2000 in Wernberg Kraubarth und Knittelfeld Anton P***** zur Durchführung von Aushubarbeiten, wobei der Schaden 19.140 S beträgt;

3. am 24. August 2000 in Statzendorf Friedrich P***** zur Überlassung einer Hobelmaschine, wobei der Schaden 6.540,60 Euro (90.000 S) beträgt;

4. am 16. Mai 2002 in Klagenfurt die Firma D***** GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Manfred A*****, zur Erteilung eines Auftrags „für auszuführende Montagen von Balkonlattenrosten, wobei der Schaden zumindest 1.000 Euro (Vorschuss) beträgt."

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Entgegen der Beschwerdeauffassung kann eine Verfahrensrüge aus Z 4 nicht auf Anträge gestützt werden, die in der gemäß § 276a StPO (hier wegen Richterwechsels) neu durchgeführten Hauptverhandlung nicht gestellt wurden. Davor (nämlich in der früheren Hauptverhandlung, S 69/VI) gestellte Anträge bewirkten keine Entscheidungspflicht des Gerichtes (§ 238 Abs 1 StPO; Danek in WK-StPO § 276a Rz 10). Gleiches gilt für die in der neuen Hauptverhandlung von der Verteidigerin abgegebene Erklärung, auf vom Gericht geladene, aber ausgebliebene Zeugen (vgl S 97/VII) nicht zu verzichten (S 99/VII). Darin lag kein - von § 281 Abs 1 Z 4 StPO jedoch vorausgesetzter - Antrag oder Widerspruch (worunter das mit dem gegnerischen Antrag nicht übereinstimmende Erklären einer Partei gemeint ist; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 314).

Demnach war das in der Beschwerde gerügte Zwischenerkenntnis des Schöffengerichtes (S 99 f/VI) gar nicht angebracht. Entgegen der Beschwerdeauffassung ist aus dieser prozessleitenden Entscheidung für den Angeklagten nichts zu gewinnen: Ein Zwischenerkenntnis, das - wie hier - ohne in der Hauptverhandlung gestellten Antrag oder erhobenen Widerspruch gefasst wurde, gibt keine Grundlage für eine Verfahrensrüge aus Z 4 ab (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 302). Entgegen der Mängelrüge (Z 5) kann von einer Undeutlichkeit der Feststellungen über die von der Familie G***** geleisteten Zahlungen keine Rede sein (US 8 f).

Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge die Konstatierung, dass von der Familie G***** bis zur „Einstellung" der Bauarbeiten insgesamt 563.864 S bezahlt wurden (US 11), als „unrichtig" und „den im Akt erliegenden Urkunden widersprechend" rügt, ist sein Vorbringen nicht am Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung der Umstände orientiert, die nach seiner Auffassung Nichtigkeit bewirken sollen (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Unvollständigkeit nach Z 5 zweiter Fall läge vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließe (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 421). Ein solcher Begründungsmangel wird aber mit den in der Beschwerde angestellten Mutmaßungen über - als unerörtert reklamierte - Möglichkeiten von Mängelbehebungen (betreffend die Bauführung bei der Familie G*****, Schuldspruch Punkt 1.) nicht dargelegt.

Die vermisste Begründung für die Feststellung, dass der Angeklagte bei Anbotlegung an die Familie G***** nicht im Stande war, die zugesagten Leistungen zu erbringen (US 16), ist den Entscheidungsgründen klar zu entnehmen (US 17 bis 24). Aus welchen Erwägungen der Beschwerdeführer weitere Feststellungen hinsichtlich des Wertes der von ihm erbrachten Leistungen (dazu eingehend US 6 ff, insbesondere US 11 f) vermisst, die zur Aufhebung des Schuldspruchs laut Punkt 1. und einem diesbezüglichen Freispruch führen sollen (Z 9 lit a, nominell auch Z 5), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Mit dem weiteren Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) stellt der Angeklagte nicht auf die Gesamtheit der Konstatierungen zur äußeren und zur inneren Tatseite ab. Der Einwand, es fehle an Feststellungen „über den Vorsatz", geht an den diesbezüglichen Urteilsannahmen (US 16, 30) vorbei.

Nicht am festgestellten Sachverhalt orientiert ist auch das Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10), mit dem der Beschwerdeführer abweichend von den Urteilsannahmen über seine Willensausrichtung bei den Taten (US 16, 30) auf der Grundlage eigener Bewertung von Verfahrensergebnissen den Entfall der Qualifikationen nach § 147 Abs 3 und § 148 zweiter Fall StGB aus dem Schuldspruch anstrebt. Damit fehlt es an dem bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes (hier Z 9 lit a und 10) gebotenen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem angewendeten Gesetz. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte