OGH 5Ob250/04g

OGH5Ob250/04g15.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Dipl. Ing. Christian L*****, 2. Heidi W*****, und 3. Silvia R*****, alle vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einverleibung von Wohnungseigentum ob der EZ 664 Grundbuch ***** über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 27. Juli 2004, AZ 4 R 87/04z, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 2004, TZ 28285/03, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ 664 Grundbuch ***** stand bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Beschlusses im Miteigentum von Dipl. Ing. Christian L***** (Erstantragsteller, ¼-Anteil), Heidi W***** (Zweitantragstellerin, ¼-Anteil) und Silvia R***** (Drittantragstellerin, ½-Anteil). Mit Beschluss vom 21. 1. 2004 bewilligte das Erstgericht antragsgemäß und insoweit unbekämpft bei den je ¼ (= 109/436) Anteilen des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin die Einverleibung des Eigentumsrechts zu je 3/436 Anteilen (in Ansehung der Gesamtliegenschaft), für die Drittantragstellerin unter Zusammenziehung der Anteile zu 224/436 Anteilen. Es wies das weitergehende Gesuch der drei Antragsteller, bei ihren Miteigentumsanteilen das mit näher bezeichneten Wohnungen verbundene Wohnungseigentum einzuverleiben und die Anteile des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin gemäß § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002, zu verbinden, ab.

Das Erstgericht begründete die Abweisung wie folgt:

Das Gutachten gemäß § 6 Abs 1 Z 2 WEG 2002 vom 30. 11. 2002 bescheinige, dass sich auf der Liegenschaft zwei selbständige Wohneinheiten sowie vier PKW-Abstellplätze befinden. Aus dem Lageplan 43 E 07a vom 4. 11. 2002 seien eine Zufahrt, teils mit Flugdach befestigte PKW-Abstellplätze sowie eine Garage (im Untergeschoss W 2) ersichtlich. Dem Punkt VI der Berichtigungsurkunde zum Wohnungseigentumsvertrag vom 20. 12. 2002, der eine Benützungsregelung hinsichtlich der PKW-Abstellplätze enthalte, sei unzweifelhaft zu entnehmen, dass die PKW-Abstellplätze ausschließlich als solche genutzt würden. Die dazu getroffene Feststellung, dass jene PKW-Abstellplätze, die in den jeweils als Zubehör zugeordneten Gartenflächen liegen, im allgemeinen Teil der Liegenschaft verblieben seien, sei ein Widerspruch in sich. Weiters enthalte das Ergänzungsgutachten vom 3. Februar 2003 folgenden Satz: „Teile der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen und an denen Wohnungseigentum nicht begründet werden kann, gibt es nicht." Dass die Vertragsteile auf die Ausweisung der PKW-Abstellplätze als selbständige Einheit verzichtet hätten, sei grundbücherlich nicht relevant.

Nach der Rechtslage des WEG 2002 (§ 2 Abs 2) seien KFZ-Abstellplätze nicht mehr zubehörtauglich. Sie bildeten entweder selbständiges Wohnungseigentum oder gehörten zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das Rekursgericht ging von folgenden weiteren Feststellungen aus: Auf der EZ 664 Grundbuch ***** Grundstück 250/10 sei ein Doppelwohnhaus mit der Adresse H*****weg 17 und H*****weg 17a errichtet, das aus insgesamt zwei selbständigen, unterkellerten Wohneinheiten bestehe. Diese seien von Hausgärten umgeben. Beide Wohneinheiten verfügten über Terrassen. Insgesamt seien vier PKW-Abstellplätze errichtet worden, die aber flächenmäßig teilweise in die Hausgärten integriert seien. Das Haus top W 1 (H*****weg 17) habe im Garten die Abstellmöglichkeit für zwei KFZ und das Haus top W 2 (H*****weg 17a) im Garten für ein KFZ. Im Haus top W 2 könne überdies im Kellergeschoss ein PKW abgestellt werden.

Das Rekursgericht folgte dem Standpunkt der Rekurswerber, dass der Umstand maßgeblich sei, dass die Abstellplätze in den Gartenbereich integriert seien und es sich daher nicht um Wohnungseigentumsobjekte handle, nicht. Auch durch die Nachtragsurkunde zur Berichtigungsurkunde ergebe sich keine andere Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs könnten Flächen für nicht wohnungseigentumstaugliche KFZ-Abstellplätze, etwa weil sie nicht ausschließlich hiefür benützt und gewidmet seien, entweder als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmet werden oder aber daran Zubehörwohnungseigentum begründet werden (5 Ob 311/03a). Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Voraussetzungen seien jedoch hier nicht gegeben. Das Gutachten des Sachverständigen gehe bei der Nutzwertermittlung davon aus, dass den Gartenflächen keine Zubehöreigenschaft gemäß § 2 Abs 3 WEG 2002 zukomme. Andererseits seien die Freiflächen auch nicht als allgemeine Teile gewidmet. Das Gutachten sage ausdrücklich, „dass sich auf der Liegenschaft keine selbständigen Räumlichkeiten und Flächen befinden, an denen gemäß § 2 Abs 4 WEG 2002 Wohnungseigentum nicht bestehen kann". In der Nachtragsurkunde zur Wohnungseigentumsvereinbarung sei vereinbart:

„Sämtliche nicht laut dem Gutachten zugeordneten Räumlichkeiten, Freiflächen etc sind für die Wohnungseigentumsgemeinschaft bestimmt."

Zusammengefasst meinte das Rekursgericht, dass sich aus den vorgelegten Verträgen und dem Sachverständigengutachten eine dem WEG 2002 entsprechende Wohnungseigentumsbegründung nicht ableiten lasse. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil bisher noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Wohnungseigentumsbegründung vorliege, wenn KFZ-Abstellplätze in die zu einer Reihenhausanlage gehörende Gartenanlage integriert seien. Der Lösung dieser Rechtsfrage komme über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Bewilligung der beantragten Einverleibung des Wohnungseigentums. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Das Gutachten der Sachverständigen S***** ordnet dem Haus W 1

(H*****weg 17) neben der mit 105,85 m² ausgewiesenen Wohnnutzfläche

folgende weitere Flächen zu:

Terrasse 14,00 m²

Garten (beinhaltet zwei PKW-Abstellplätze)

326,99 m²

Keller (beinhaltet 1 Vorraum, 1 Wirtschafts-

raum, 2 Kellerräume 56,25 m²

Für das Haus W 2 (H*****weg 17a) sind neben einer Wohnnutzfläche von

105,48 m² folgende weitere Flächen zugeordnet:

Terrasse 14,00 m²

Garten (beinhaltet 1 PKW-Abstellplatz)

327,54 m²

Keller (beinhaltet 1 Vorraum, 1 Wirtschafts-

raum, 1 Kellerraum und 1 Kellerraum mit

Möglichkeit zum Abstellen eines PKWs)

56,22 m²

Im Weiteren ist im Gutachten unter Punkt 2.1 Allgemeines ausgeführt:

....

Andere Teile der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen und an denen Wohnungseigentum nicht begründet werden kann, gibt es nicht.

Im Weiteren wird ausgeführt, dass das Haus H*****weg 17a einen Zuschlag für die Möglichkeit, ein KFZ in einem verschließbaren Raum abzustellen, von 6 % erhält.

Unter „Bewertung" der Zuschläge sind Kellerräume, Terrassen und Gärten angeführt; mit Ausnahme des Abstellplatzes im Keller des Hauses 17a wurden jedoch keine die Nutzwerte erhöhenden Faktoren angerechnet.

Im ursprünglichen Wohnungseigentumsvertrag (Berichtigungsurkunde zugleich Wohnungseigentumsvereinbarung) heißt es unter Punkt VI:

....

„Sämtliche nicht laut dem Gutachten zugeordneten Räumlichkeiten, Freiflächen etc sind für die Wohnungseigentumsgemeinschaft bestimmt. Ausdrücklich wird von den Vertragsteilen

auf die Ausweisung der PKW-Abstellplätze als selbständige Einheit; hinsichtlich der vorgenannten PKW-Abstellplätze auf eine Regelung gemäß § 17 WEG 2002 (Benützungsregelung)

verzichtet.

Die PKW-Abstellplätze - diese liegen auf den jeweiligen als Zubehör zugeordneten Gartenflächen - verbleiben im allgemeinen Teil der Liegenschaft. Die Vertragsteile vereinbaren jedoch - mit Wirkung für sich und ihre Rechtsnachfolger - dass die ausschließliche Nutzung des PKW-Abstellplatzes der in der Zubehörgartenfläche der Wohnung Nr 1 liegt, den jeweiligen Eigentümern der Wohnung top Nr 1; des PKW-Abstellplatzes der in der Zubehörgartenfläche der Wohnung top Nr 2 liegt, den jeweiligen Eigentümern der Wohnung top Nr 2 vorbehalten bleibt".

In Punkt II der „Nachtragsurkunde" hiezu wird dieser Vertragspunkt aufgehoben und neu gefasst wie folgt:

„Sämtliche nicht laut dem Gutachten zugeordnete Räumlichkeiten, Freiflächen etc sind für die Wohnungseigentumsgemeinschaft bestimmt". Die Revisionsrekurswerber stehen auf dem Standpunkt, die vorhandenen Abstellplätze seien keine wohnungseigentumstauglichen Objekte, was sich aus dem Gutachten der Sachverständigen ergebe, wonach die KFZ-Abstellplätze flächenmäßig in den jeweiligen Garten integriert seien und daher auch den notwendigen Zugang zu den jeweiligen Wohneinheiten bildeten. Damit sei die Widmung der Abstellplätze als selbständiges Wohnungseigentum im Sinn des § 2 Abs 2 WEG 2002 ausgeschlossen.

Weiters ergebe sich aus dem Gutachten der Sachverständigen richtig, dass die die beiden Wohneinheiten umgebenden Gartenflächen sowie die Terrassen und Kellerräume kein Zubehörwohnungseigentum im Sinn des § 2 Abs 3 WEG 2002 darstellten, weil sie baulich mit dem jeweiligen Wohnungseigentumsobjekt verbunden seien und daher gemäß § 8 Abs 1 WEG als baulich verbundene Zubehörobjekte lediglich als den Wert des Wohnungseigentumsobjekts erhöhend zu berücksichtigen seien. Der Zugang bzw die Zufahrt zu den Wohnungseigentumsobjekten sei über die Gartenflächen bzw Zufahrt und über die KFZ-Abstellplätze möglich. Deshalb bestehe kein Bedarf, im Sinn des § 2 Abs 4 WEG 2002, die Zufahrts- bzw Zugangsflächen als allgemeine Teile der Liegenschaft freizuhalten. Die KFZ-Abstellplätze könnten daher weder als allgemeine Teile der Liegenschaft noch als Zubehörwohnungseigentum gewidmet werden. Vielmehr seien sie nur gemäß § 8 Abs 1 WEG 2002 als werterhöhend zu berücksichtigen. Die Abstellplätze seien nämlich in die Gartenflächen integriert, damit baulich mit dem jeweiligen Wohnungseigentumsobjekt verbunden.

Das Rekursgericht habe auch den im neu gefassten Punkt VI der Nachtragsurkunde enthaltenen Satz, dass sämtliche, nicht dem Gutachten zugeordnete Räumlichkeiten, Freiflächen etc für die Wohnungseigentumsgemeinschaft bestimmt seien, falsch verstanden. Dieser Punkt stelle nur ein Mehr bzw einen Auffangtatbestand für eventuelle im Gutachten nicht zugeordnete Räumlichkeiten oder Flächen dar. Zweifelsfrei ergebe sich aus dem Gutachten aber, dass alle Räumlichkeiten und Flächen einem Objekt zugeordnet seien. Es gebe also keine Teile der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienten und an denen Wohnungseigentum nicht begründet werden könne. Deshalb sei dem Antrag auf Einverleibung des Wohnungseigentums stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Die umständlichen, mehrfach geänderten Vereinbarungen und das Gutachten gemäß § 6 WEG 2002 lassen im Ergebnis den rechtlichen Schluss zu, dass die Parteien die im Freien liegenden PKW-Abstellplätze als Zubehör zu den Wohnungseigentumsobjekten gewidmet haben. Unzweideutig haben die Parteien in ihren Verträgen zum Ausdruck gebracht, dass die PKW-Abstellplätze im Freien weder als allgemeine Teile noch als selbständige Wohnungseigentumsobjekte gewidmet werden sollten. Ihr Versuch, sie sozusagen als neutrale Objekte inliegend in den Hausgärten überhaupt zu übergehen, wäre ein Verstoß gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertberechnung (5 Ob 38/03d). Die Zuordnung im Gutachten nach § 6 WEG 2002 lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass die einzelnen Abstellplätze den einzelnen Objekten zugeordnet wurden. Dass für sie keine Nutzwerte festgesetzt und auch keine Zuschläge berechnet wurden, vermag daran nichts zu ändern, dass rechtlich von einer Widmung als Zubehörwohnungseigentum auszugehen ist. Das ist aber nach der geltenden Rechtslage grundsätzlich nicht zulässig. Als Folge der obligatorischen Wohnungseigentumsbegründung an allen dazu tauglichen Objekten (§ 3 Abs 2 WEG 2002) muss von vornherein als Grundlage der Nutzwertermittlung festgelegt werden, ob und welche KFZ-Abstellplätze in Wohnungseigentum vergeben werden und welche als allgemeine Teile der Liegenschaft den künftigen Gemeinschaftern verbleiben sollen. Eine dritte Möglichkeit besteht nach der Rechtslage des WEG 2002 nicht. Die Begründung von Zubehörwohnungseigentum an KFZ-Abstellplätzen ist - von Ausnahmen abgesehen - nicht mehr zulässig (5 Ob 224/03g). Jene Ausnahmesituation, die Gegenstand der Entscheidung 5 Ob 311/03a war, ist hier nicht verwirklicht. In jenem Verfahren stellten die KFZ-Abstellplätze die einzige Möglichkeit des Zugangs zu den einzelnen Wohnungseigentumsobjekten dar, weshalb an ihnen weder Wohnungseigentum begründet werden konnte noch sie als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmet werden konnten. Der erkennende Senat hat auch bereits ausgesprochen, dass KFZ-Abstellplätze im Freien, die innerhalb des Wohnungseigentumszubehörs Garten liegen, selbständige Wohnungseigentumsobjekte sind (5 Ob 225/04f).

Daraus folgt, dass die Wohnungseigentumsbegründung in der begehrten Form zwingenden Grundsätzen des WEG 2002, nämlich der Bestimmung des § 3 Abs 2 WEG 2002 widerspricht.

Zur Einverleibung von Wohnungseigentum für die Antragsteller bedarf es also einer Korrektur des Wohnungseigentumsvertrages dahin, dass die Widmung der Abstellplätze in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen des WEG 2002 gebracht wird. Dazu steht nur die Widmung als allgemeine Teile der Liegenschaft oder als selbständige Wohnungseigentumsobjekte zur Verfügung.

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen die begehrte Einverleibung von Wohnungseigentum abgelehnt.

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